Parfumo berichtet von der Pitti Fragranze 2015
Die Pitti Fragranze ist, neben der Mailänder Esxence im Frühling, die wichtigste Parfummesse Italiens, ein wenig kleiner (wobei das ‚weniger riesig’ bedeutet) und mit einem etwas italienischeren Schwerpunkt. Florenz beherbergt die Messe, auf der gezeigt wird, was in Europa unter dem Begriff Nische an den Markt geht; wobei „Nische“ sehr weit gefasst ist: jenseits des Mainstreams, oder zumindest jenseits vom Drogeriekettenangebot, innerhalb kleinerer Marken, mehr oder weniger künstlerisch aufgefasst, kostspielig, sehr kostspielig oder unglaublich kostspielig.
Tatsächlich oder vermeintlich alternativ – was die hier präsentierten Labels eint ist, dass sie konkurrieren um einen Teil des Marktes, wo die Endverbraucherin und der Endverbraucher suchen, was ihnen ein Plus gibt. Ein Plus an Qualität, Kunst, Statusbeweis oder einfach Genuss.
Auf der Suche nach einem Plus für uns und Parfumo mischen wir uns in die Menge.
Mattes Weiß gibt den Hintergrund für prächtig schillerndes Gold, edel schimmerndes Schwarz, hier und da aufflackerndes Rubinrot oder nächtliches Tiefblau. Darüber hängen herausfordernd bunte Mobiles von transparenten Kaleidoskop-Prismen, die Duft darstellen sollen. Während wir versuchen, uns bei all dem, was sich hier optisch zu übertreffen versucht und um die Wette glänzt, tatsächlich irgendwas wirklich zu sehen, sind unsere Ohren voll mit aufgeschnappten Gesprächsfetzen von links, recht, vorne und hinten: „not, what you are used to smell“, „eccezionalissimo“, „perfume for the one percent“, „perfettamente“, „new, really new“, „assolutamente incredibile“, „precious“, „È pionieristico!“, „different from the rest“, „vero esclusivo“.
Und dabei freilich immer wieder Duft.
Gehaucht, vorbei wehend, umschließend, lockend, prächtig, vergehend, aufwallend, manchmal völlig fremd, manchmal vertraut. Wir gehen durch eine pudrigsüße Vanilleschwade, vorbei an einem Vetiverschleier und stehen plötzlich in einer Veilchenlavendelwolke.
In all den Farben, Stimmen, Gerüchen wollen wir Eindrücke und Berichtenswertes für Parfumo sammeln und es fällt uns erstaunlich schwer, uns bei all dem Blingbling und Blaba zurecht zu finden, uns nicht einfach treiben zu lassen mit unseren nach nur wenigen Minuten reizüberfluteten Sinnen.
Die Pitti Fragranze stellt sich als echte Herausforderung heraus.
François Hénin von Jovoy flaniert, gefolgt von einem kleinen Entourage-Hofstaat, durch die Gänge, Pierre Guillaume ist immer, wenn wir an seinem Stand vorbei kommen, engagiert und raumgreifend gestikulierend am Erklären seiner Collection Croisière und Etienne de Swardt zeigt die Parfums von Etat Libre d’Orange, die gleichzeitig überhaupt nicht und ganz besonders hier her passen. Wir freuen uns, Spyros Drosopoulos zu sehen, der seine Marke Baruti präsentiert (einer, der wirklich in die Rubrik ‚alternativ’ fallen dürfte mit seinen ungewöhnlichen und reizvollen Parfums) und wir treffen Jean-Philippe Clermont, der für Parfumo das Testpaket der neuen Atelier des Ors-Parfums zur Verfügung stellte, das derzeit noch herum geschickt wird. Eine Parfummarke auf den Markt zu bringen, ist hartes Brot, vermuten wir, denn er sieht etwas abgehärmt und gealtert aus seit März, als wir ihn trafen. Sofort lässt er ein strahlendes, unverbraucht-dynamisches Lächeln auf seinem Gesicht leuchten und erzählt, wie erfolgreich Atelier des Ors ist. Allerdings räumt er ein: „Ja, schon … es ist Arbeit. Es kostet ganz schön Puste, immer und überall sein zu müssen. Der Parfummarkt ist eng und schonungslos. Man muss neben Geld auch sehr, sehr viel Mühe investieren. Aber es lohnt sich. Inzwischen ist Atelier des Ors gut platziert. Es wird jetzt auch in Deutschland vertrieben und wir freuen uns über die Nachfrage.“ Mittlerweile ist der Name der Parfumeurin der fünf Parfums kein Geheimnis mehr. „Das Interesse und die Nachfragen nach Marie Salamagne waren unglaublich. Ihre Arbeit ist auch einfach klasse und deshalb wollen wir auch weiter mit ihr arbeiten.“ Ist da bereits etwas in Planung? Er lacht und ringt gespielt um Luft. „Erstmal müssen wir die Linie weiter etablieren. Das ist gerade genug.“ Dann zwinkert er uns zu. „Aber ja … es gibt Ideen. Für die Zukunft.“
Wir entdecken die geschätzten Laura Tonatto-Parfums in neuem Verpackungsdesign und fragen am Stand nach Neuigkeiten der Marke und ob „die italienische Nase“ selbst vorbei schauen wird. Die präsentierende Art Directrice klärt uns auf, dass es jetzt zwei Marken gibt: Die erste Laura Tonatto-Linie wird von ihr, der Tochter der Parfumeurin, unter dem Namen Tonatto weitergeführt und es wird in ihr keine neuen Düfte der Mutter geben. Die macht jetzt was anderes. Sie, Diletta Tonatto, ist jetzt für Neuerscheinungen verantwortlich, zum Beispiel den frisch gelaunchten Ápeiron, den wir gleich testen. Áperon ist ein Amberduft mit charmanter Veilchen- und Lakritznote im Auftakt, den wir in der Eile unseres kurzen Besuchs nicht ausreichend würdigen können; zu schnell verblasst der Start und das Parfum kommt uns danach wie ein schöner, aber recht gewohnter Amberduft vor.
Der Problematik von Reformulierungen, die aufgrund schwankender Qualität der natürlichen Rohstoffe oder IFRA/EU-Regulierungsänderungen notwendig sein können, wird beim neuen Tonatto Rechnung getragen: nach jeder Reformulierung wechselt ein Symbol auf der Flakonrückseite. Das der ersten Füllung z.B. besteht aus zwei offenen Kreisen. Sollte es eine Reformulierung geben, wird es zu einem gefüllten Dreieck. Man weiß also immer, ob und wenn sich etwas in der Rezeptur verändert hat. Eine gute Idee, finden wir.
So weit wie möglich vom Tonatto-Stand entfernt, am anderen Ende der Halle, finden wir die Präsentation der neuen Marke Essenzialmente Laura, wo wir die Parfumeurin Laura Bosetti Tonatto treffen. Nach einer offenbar ziemlich unschönen Scheidung und einem Streit um die ursprüngliche Firma baut sie jetzt, nach einer Phase des Rückzugs, ihre neue eigene Marke auf – mit Doppelnamen und ohne die Parfums ihrer ersten Serie. Wir freuen uns, dass sie sich Zeit nimmt, uns Essenzialmente Laura vorzustellen.
„Es geht um die Qualität der Rohstoffe. Das ist für mich das Wichtigste. In über 30 Jahren als Parfumeurin habe ich das gelernt und nun konzentriere ich mich darauf mit Essenzialmente Laura. Meine Expertise ist nicht nur in der jeweiligen Komposition vertreten, sondern vor allem zunächst in der Auswahl der Ingredienzien. Was ich kann und wie gut meine Nase ist, zeigt sich darin, welche Rohstoffe ich finde. Bei außerordentlich guten Rohstoffen ist meine Aufgabe dann, sie in ihrer Güte herauszustellen, um großes Parfum zu schaffen. Mein Talent dient also den ausgesuchten Materialien, nicht umgekehrt.“ Laura Bosetti Tonattos Stil kennen wir von früheren Arbeiten als offen, ungekünstelt und aufs Wesentliche reduziert, daher klingt das sehr passend. Sie gibt uns eine ganze Reihe ihrer 39 Parfums auf Blottern zu riechen. Die Düfte (mit wenigen Ausnahmen) widmen sich jeweils nur 2 Noten. Sie sind in die klassischen Duftfamilien aufgeteilt und es werden keine Duftpyramiden angegeben („Bei der Beschreibung meiner Parfums helfen Pyramiden nicht, die man heute sogar bei Tabakwaren findet.“).
Wir riechen souverän und zugleich behutsam komponierte Düfte mit tatsächlich exquisiten Hauptnoten. Zum Beispiel eine ungemein strahlende und starke Taif-Rose, von der Laura Bosetti Tonatto mit Stolz erzählt, dass sie vom saudischen Königshaus für eigene Zwecke produziert wird und dass sie, die länger für die Sauds gearbeitet hat, von diesem Rohstoff pro Jahr eines von insgesamt nur 16 Kilo bekommt. Zusammen mit einem schmiegsamen Lavendel oder mit einem pulverig-staubigen Amber gefällt uns diese Taif-Rose sehr und wir verstehen die Begeisterung der Parfumeurin für diesen Stoff. Wir lernen auch ihre Tuberose kennen (tuberosenuntypisch grazil), ihr Vetiveröl aus Singapur (tief räucherig), ihren Jasmin (leuchtend) und ihr Oud (sehr, sehr intensiv, trotzdem irgendwie leicht). Das Parfum Talitha stellt beide letztgenannte Noten ins Zentrum der Komposition und ist eine gelungene und originelle Bereicherung des eigentlich sattsam bekannten Blüten-Oud-Themas. Der Duft Indaco um indisches Sandelholz und sizilianische Bergamotte begeistert uns aufs erste Riechen. „Die Bergamotte habe ich in solch massiver Konzentration eingesetzt, dass sie nicht sofort verfliegt, sondern bis zum Ende beim Sandelholz bleibt.“ Wir sind positiv überrascht, als wir den Preis erfahren: € 89,- für 100 ml.
„Mein Konzept ist ein sehr klares: ich suche rund um die Welt die für mich besten Rohstoffe als Zentren meiner Düfte und gebe kein Geld aus für aufwändige Verpackungen und Schnickschnack. Deshalb kosten die Düfte auch kein Vermögen, obwohl ihre Ingredienzien absolut hochwertig sind.“
Zwar gibt es noch keinen deutschen Vertrieb, aber wir sind uns sicher, von Essenzialmente Laura noch zu hören und wollen nach der Pitti Fragranze die große Palette von Parfums besser kennenlernen.
Beim Schlendern sehen wir eine Menge uns völlig unbekannter Marken, eine edler präsentiert als die andere und schnuppern hier und da rein. Mal ernüchtert uns olfaktorisch allzu Bekanntes, mal macht das Riechen Lust auf mehr. Recht schnell sind wir aber von zu viel Neuem in zu kurzer Zeit überladen und gar nicht mehr so motiviert, große Messeentdeckungen machen zu wollen. Wir freuen uns daher, bei bekannten Labels die Neuerscheinungen zu sondieren, denn da ist das Neue überschaubar:
Im Interview hat uns Bertrand Duchaufour neugierig gemacht auf seinen neuen Gourmandduft Noir Exquis. Am Stand von L’Artisan Parfumeur können wir ihn erstmals riechen und sind angetan, wie Süße aufs Schönste mit Röstaromen kontrastiert wird – trotzdem ist es ein heller Duft. Auch Gourmandskeptiker sollten einen Test wagen.
The Different Company feiern ihr 15jähriges Jubiläum mit „Le 15“, einem Extrait um einen zentralen Palo-Santo-Akkord. Wir wissen nicht so genau, wie Palo Santo riecht. „Le 15“ zumindest ist ein hellwürziger, rauchiger Holzduft, der Fans von „Kyoto“ oder „Oud Shamash“ gefallen könnte.
Bei Annick Goutal gibt es drei neue Absolues in einer extra-exklusiven Edition um die drei Themen Vanille, Amber und Oud. Nicht gerade revolutionär finden wir. Auch die Parfums können uns nicht sofort einnehmen und davon überzeugen, dass diese weiteren Basisbestseller-Varianten wirklich nötig waren. Dennoch nehmen wir uns vor, sie noch mal ordentlich zu testen, wenn wir die angemessene Aufmerksamkeit dafür haben.
Als wir Andy Tauer treffen und ihn nach Neuem fragen, zeigt er uns stolz seine neuen Schuhe. Jedes Jahr zur Messe legt er sich eigens ein neues Paar Sneaker zu. Ziemlich Nische, ist unser Modeurteil.
Der Schweizer zeigt uns außerdem seine Tauerville-Linie: Incense Flash, Vanilla Flash und Rose Flash kommen mit Tauer-Handschrift und -Qualität daher, aber in einfachen Flakons. „Tauerville ist auch ein Statement zu all dem Getue auf dem Parfummarkt. No Fuzz, einfach Duft in die Flasche. Ohne großes Drumherum, ein guter Preis für einen guten Duft.“
Auch seinen Sotto la Luna – Tuberose lernen wir kennen. „Der Witz ist, dass es tatsächlich eine Tuberose ist. Das Nächtliche, Mysteriöse, warum ich den Mond im Namen gewählt habe, bedeutet im Parfum, dass das Dunkle darin ist: Amber, Patchouli, dunkle Hölzer. Und im Kopf ist viel Galbanum, fast ein bisschen minzig mit Gewürzen. Das ganze wird dadurch grün. So wird die Tuberose auch für Männer tragbar, sie ist moderat und bekommt einen Rahmen gesetzt.“. Louce, der Sotto la Luna – Tuberose sehr gefällt, obwohl sie sonst tuberosenphobisch ist, wird vom Parfumeur gewarnt: „Aber Vorsicht! Es ist immer noch Tuberose! Die hält ewig und ich habe sie in ordentlichen Gewichtsprozenten eingesetzt. Eine Nacht lang hast Du sie bestimmt noch, nachdem Du es Dir vielleicht anders überlegt hast mit dem Mögen, hihi.“.
Andy Tauer bekundet Respekt für die Schnelligkeit der Parfumo-Datenbank. „Kaum hast Du ein Parfum rausgebracht, stehen schon alle Daten und die Pyramide bei Parfumo im Netz.“ Er lacht. „Irgendwann wird es so sein, dass die Datenbank schneller ist, als der Kreateur – wenn ich dann nicht weiß, was ich als nächstes zu machen habe, schaue ich bei Parfumo nach.“
Der witzige und bescheidene Schweizer schaut etwas verschämt auf seine neuen Sneaker, als wir anmerken, wie sehr seine Parfums und sein Selfmade-Werdegang die Parfumszene verändert haben. „Ich hatte Glück. Einfach zum richtigen Zeitpunkt habe ich meine Sachen gemacht und es hat alles gepasst – heute wäre das nicht mehr möglich.“ Inmitten der Messe ist das für uns offensichtlich. „Aber es gibt sogar heute noch kleine Wunder und Überraschungen.“ freut er sich „Ich zeige Euch mal was…“
Andy Tauer führt uns zum Stand von Richard Lüscher Britos und erzählt uns unterwegs: „Das ist eine Schweizer Marke und ihr Projekt ist etwas Besonderes. Ich habe auch ein Parfum für sie gemacht. Normalerweise sind Parfums, wenn ausschließlich natürliche Materialien verwendet werden, eher … hmm … na ja … also … nicht so gut, sag ich mal. Aber hier klappt das mit dem Naturkonzept! Die Sachen lohnen sich zu riechen.“
Angekommen bei Richard Lüscher Britos stellt er uns Marketier Lukas Lüscher vor, der uns von der Terroir-Idee erzählt, die ihn mit seinen Freunden Malvin Richard (Parfumeur) und Serena Britos (Ethnobiologin) zur Gründung einer neuen Parfummarke bewegte: „Bei uns wird über Gerüche ein Terroir authentisch dargestellt. Wir gehen an den Ort, wo die Pflanze, von der wir uns eine Vorstellung verschaffen wollen, wächst. Wir beschäftigen uns mit diesem Ort, wollen seinen Charakter erfahren, die Natur und Kultur, und ihn über seine Gerüche beschreiben lernen. Das Parfum trägt dann die Längen- und Breitengrade als Namen.“ Den Begriff Terroir kennen wir vom Weinbau. Wenn es darum geht, dass ein Wein olfaktorisch und gustatorisch und sogar auch haptisch erzählt von der Gegend, aus der er stammt, vom Boden und den klimatischen Bedingungen, spricht man davon, dass der Wein seinem Terroir verpflichtet ist.
„Auch Parfum kann die Geschichte eines Terroirs erzählen. Aber das geht nur mit eigenem Erleben und intensiver Beschäftigung. Und mit 100% natürlichen Materialien.“ Er gibt das Beispiel von der Entstehung des Parfums 44°N 03°E: „Es geht um wilden Berglavendel in Südfrankreich. Es gibt da eine Region, wo ein urtümlicher Lavendel wild wächst. Sechs Frauen von dort treffen sich jedes Jahr im August zum Pflücken. Wir durften bei der Ernte helfen und haben nicht nur den Berglavendel, sondern auch alle anderen Eindrücke dieser Landschaft mitgenommen. Unser Erlebnis haben wir dann dem Parfumeur, Andy Tauer, erzählt, damit er um diesen wilden Berglavendel das Parfum seines Terroirs bauen konnte. Wir haben ihm auch von den Schafen erzählt. Der Geruch von Schafen gehört zu dieser Landschaft, er ist nicht weg zu denken, wenn man die raue, authentische Schönheit olfaktorisch zeichnen will. Zuerst hat Andy das für völlig schräg gehalten … aber uns war wichtig, dass das mit drin ist. Mit einer schönen Labdanumnote hat er dann diesen kleinen Touch tierische und ranzige Qualität hinein gebracht.“ Während wir die Entstehungsgeschichte hören, riechen wir in 44°N 03°E einen wahrhaftig wild anmutenden Lavendel. Er wirkt ungezähmt und im wahrsten Wortsinne unverblümt, dabei aber kompositorisch sehr stimmig eingefasst.
Welche Geschichten und Gerüche von anderen Terroirs gibt es noch?
„Im Parfum 46°N 08°E ist Schweizer Zirbelkiefer im Zentrum, in 14°S 48°E Ylang Ylang von Madagaskar. 38°N 16°E dreht sich um kalabrische Bergamotte und 04°N 74°W um Gardenie aus Kolumbien.“ Wir staunen über eine ruppige und gleichzeitig anmutig duftende, enzianbeschwipste Zirbelkiefer, eine stark gepfefferte Ylang Ylang-Blüte und eine prächtige Gardeniennote, die uns nicht so scharf und schlank vorkommt, wie wir das kennen, sondern verblüffend fein und fluffig, während die kalabrische Bergamotte bei großer, extrafrischer Klarheit eine ganz schwache holde Süße beigegeben bekommen hat. „Und dann wäre da noch das nächste. Unser 32°N 08°W ist noch gar nicht erschienen, wird erst im Oktober/November lanciert. Es dreht sich um Nanaminze aus der Gegend um Marrakesch.“ Da halten wir zwei uns für ausgewiesene Experten und riechen neugierig am Blotter. Eine süße, sehr helle, aber gleichzeitig kräftige Minze erinnert uns wunderbar eindringlich an den typischen marokkanischen Minztee mit viel Zucker. Darunter schimmern schwach etwas Trockenes, Pulvriges und eine geruchliche Wärme. Dabei ist der Duft mehr als die Erinnerung an einen Geschmack, sondern ein stimmiges Parfum um eine ausnahmsweise mal nicht kühl inszenierte Minznote. Wenn 32°N 08°W rauskommt, wollen wir es auf jeden Fall eingehend kennen lernen.
Der Blick auf die Uhr verrät, dass unser Tag in Florenz nach diesen vielen Begegnungen und Dufttests sowie zwei weiteren Interviewterminen, zu denen wir eigene Artikel schreiben werden, vorbei ist. Voller Eindrücke, mit massig Tonaufnahmen, Notizen, Fotos und mit schwirrenden Köpfen verlassen wir die Messe.
Einerseits ist es schade, dass wir nicht noch einen weiteren Tag Zeit dort haben. Wir konnten nur einen kleinen Teil des Pitti-Angebots wirklich wahrnehmen und sind an vielem unwissend vorbei gegangen. Unser Bericht vom Messerundgang wird nur vergleichsweise wenige Highlights und Fundstücke darstellen können.
Andererseits finden wir aber auch, es ist jetzt mehr als genug für zwei Nasen.
Unter dem Oberbegriff „Nische“ gibt es viel, sehr viel Parfum, das um unsere Aufmerksamkeit wirbt von sehr vielen Marken, die uns Gesuchtes versprechen. Bei allem Marketinggetöne und Exklusiv-Gepose, lohnt es sich, genau hinzuschauen bzw. hinzuriechen. An der bunten Losbude sind reichlich Nieten im Topf – aber auch viele Gewinne in Sachen Qualität und Esprit. Es gibt einiges zu entdecken und wir würden uns freuen, wenn wir vielleicht ein paar Entdeckungstouren von Parfumo-Membern inspirieren konnten mit unserem Bericht von der Pitti Fragranze.