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Channel: News & Interessantes aus der Welt der Parfums – Der Parfum-Blog von Parfumo
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Das Weitergeben der Flamme – Nuit de Noël von Caron

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Wer keNuit de Noël von Caronnnt und liebt und pflegt sie nicht – die alljährlichen Rituale? Erst seit ein paar Jahren wird mir zunehmend bewusst, wie wertvoll doch Rituale, Bräuche innerhalb einer Familie oder Lebensgemeinschaft sind! Erst, seit mein Vater mir das gehütete Familienrezept für DAS Weihnachtsessen, das in meiner Familie seit Generationen und NUR an Heilig Abend gekocht wird, übergeben hat, erkenne ich aus einer neuen Perspektive, wie schön das alles war, früher, zu Hause. Mein Vater hat nun kein Publikum mehr. Die Küche bleibt kalt, die Kinder sind alle fort. Stattdessen nehmen unsere Eltern Heilig Abend am Tisch meines Bruders Platz – und bekommen das Weihnachtsessen dort serviert! Ich derweil koche das Gericht für die Familie meines Liebsten. Mein Vater hatte letzte Woche die größte Freude, mit mir meine Zutaten einzukaufen, das hat mich sehr gerührt. Denn – so lautet einer meiner Lieblingssprüche – Tradition ist nicht das Bewahren der Asche, sondern das Weitergeben der Flamme.

Aber: Die Rituale, den Zauber, das muss man auch machen, als Erwachsener, das kommt nicht völlig von allein. Man muss den Baum kaufen und schmücken, damit die Stube heimelig wird. Man muss Gäste einladen, damit man eine feierliche Runde wird. Man kann sich auch besonders anziehen, um an Weihnachten nicht das Gefühl eines x-beliebigen freien Tages im Trainingsanzug zu haben.
So bemühe ich mich denn um eigene Traditionen. Ich schmeiße mich an Heilig Abend in Schale (wie mein Vater früher, er stand in weißem Hemd und Anzugshose in der Küche!) und koche den ganzen Morgen und Vormittag. Ich zieh mir was Schönes an, stecke meine Haare hoch, lege feierliche Musik auf, trage Schmuck und – ratet mal – jaaaa, einen schönen Duft.

Nun sind wir beim Kern der Sache angekommen, das kennt ihr ja vielleicht: welchen denn? Gerade als Mensch mit zahlreichen Düften kommt man an besonderen Tagen in die Verlegenheit, einen quasi zum Königsduft zu küren, den Tollsten auszuwählen, der einem gerade eben am besten liegt. Mir geht es an Geburtstagen, zu Feiern, an Tagen, an denen ich etwas geschafft habe, zu besonderen Okkasionen häufig so, dass ich ratlos minutenlang in meine Duftschublade starre. Meditierend.
Dieses Jahr werde ich eine neue Tradition einläuten. Dieses Jahr ist Nuit de Noel zu mir gekommen.

Über Nuit de Noel habe ich so Vieles und Unterschiedliches gelesen, dass es mich verwirrt. Das fängt schonmal bei der Pyramide an: Caron selbst verrät auf der Homepage nur drei Noten, nämlich Jasmin, sächsisches Moos und Amber. Sächsisches Moos soll wohl ähnlich wie Eichenmoos duften? An anderem Ort habe ich eine Pyramide gelesen, die keinerlei Iris enthält, das scheidet aus meiner Anschauung des Duftes schonmal aus: ich erkenne eine hinreißende Irisnote, über eine ganze Zeit hinweg!

Auch über die Entstehung von Nuit de Noel kursiert so manche Mär. Ernest Daltroff soll den Duft seiner Geliebten und Geschäftspartnerin, Felicie Wanpouille (die übrigens auch für die Verpackungen im Hause zuständig war), die den Weihnachtszauber angeblich so liebte, zugedacht haben. Ein schöner Gedanke. Außerdem soll er in Nuit de Noel versucht haben, den Duft frischer Marron glacè, kandierter Maroni, abzubilden. Ein Hauch weihnachtlichen Desserts also. Auch ein schöner Gedanke. Aber: Brauchen wir diese Gedanken überhaupt, zu einem Duft, der ganz klar dem Weihnachtsabend gewidmet ist? Fallen da nicht jedem von uns gleich eigene, ganz tolle Assoziationen ein? Ich war also neugierig und hatte Lust, den Weihnachtszauber zu testen und eine neue weihnachtliche Dufttradition einzuführen – vielleicht, bei Gefallen.

Und: Nuit de Noel gefällt! Wenn er auch kein einfacher Zeitgenosse ist, ich musste mich tagelang einschnuppern, um ihn schätzen zu lernen. Keine der gefundenen Pyramiden listet Nelken oder andere Gewürze, das ist verwunderlich, denn der allererste und auch anhaltende Eindruck ist der einer ausgeprägten Würzigkeit. Nelke, Zimt… etwas in dieser Richtung. Im Hintergrund die Caron-Rose. Darunter eine herbe Ambernote. Auch etwas Grünes hat der Duft (das Moos der Sachsen etwa!?), das aber keinerlei Kälte einbringt. Und dann, nach einigen Minuten die Iris! Plötzlich erscheint sie, tritt hinter den anderen Noten in hervor und wird ganz prominent. Einfach schön!

So duftet Nuit de Noel denn nach edlen, trockenen Gewürzen, dezenten Blumen, nach Amber auch, aber keinesfalls wie eine Weihnachtsduftmischung, nicht wie ein Potpourri fürs Haus oder wie der Versuch, gebrannte Mandeln und Zuckerwatte vom Weihnachtsmarkt herbeizuzaubern. Die Vanille hält sich recht dezent im Hintergrund. Er ist auch nicht leicht oder überbordend lebendig-blumig. Ein wenig erinnert er mich an L´ Air du Temps von Nina Ricci, das liegt an dem Gewürznelkenanflug.

Ich träume vom weihnachtlichen Paris an Heilig Abend. Ich stelle mir die weihnachtliche Stadt vor, verschneit, Notre Dame auf ihrer Insel, von Ferne leuchtet Sacre Coeur in der sternenklaren Nacht. Ein dunkles schattiges Blau liegt über den verzauberten Parks und Straßen, aus den hohen Fenstern dringt warmes festliches Licht in die klirrend kalten Straßen hinaus…

Esclarmonde für ParfumoBlog


Oud für Leute, die Oud nicht mögen

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roEs gibt nichts Schlimmeres für Individualisten als den Hype. Gestern noch warfen wir unsere iPhones vor die S-Bahn, heute müssen wir uns unsere Vollbärte abrasieren. Und, für den Parfumo besonders schlimm, in regelmäßigen Abständen landet die halbe Sammlung im Ausguss, weil mindestens drei andere Leute den Duft auch besitzen. Hat sich die Innovation erst einmal zum Trend hochgearbeitet, kann es nicht mehr lange dauern, bis jeder, wirklich jeder etwas derartiges im Programm hat.

Aber freut euch, der Oud-Hype ist schon wieder vorbei. Wir werden ihn zwar noch eine Weile beklagen, wenn ein neuer Oud-Duft rauskommt, genauso wie jedes mal über Schon-wieder-ein-Frischeduft gestöhnt wird, wo doch Frischedüfte seit geraumer Zeit der Vergangenheit angehören und man so viel Empörung nur als Kind der 70er aufbringen kann, für das Papa irgendwann nicht mehr nach Papa roch, sondern nach Cool Water. Mit einigem Abstand zur Produktwelle, die gerade über den Markt hinweggeschwappt ist, lässt sich damit wieder das Klassische, das Reizende, das Gelungene ergründen, das am Anfang fasziniert hat. Mehr noch, die Zeit ist nun reif, auch zu überblicken, was in der Zwischenzeit alles an Schund erblüht und wieder verwelkt ist.

Nachdem sich Innovateure und Kopisten ausgetobt haben, der Kuchen verteilt und gegessen ist, bleibt nur noch wenig zu tun, sollte man meinen. Was seiner Zeit voraus war, ist inzwischen reformuliert (M7), am Klassischen hat man sich sattgerochen (Rose + Oud) für das Schrille kann man sich begeistern, es aber nicht tragen (Fetish). Bleibt die Frage an Parfumhäuser wie Creed, warum man bisher kein Oud im Programm hatte. Die Antwort ist ganz einfach: Creed mag kein Oud. Und Creed ist damit nicht allein. Sehr vielen Leuten geht der Kram auf die Nerven, und nicht nur, weil es diesen Hype gab.

Was Creed hier vorlegt, ist daher tatsächlich innovativ. Das Rad oder das Oud wurde neu erfunden: Es ist Oud für Leute, die Oud nicht mögen. Als Maßstab dienen Understatement und Modernität, daneben hat man alles gestrichen, was irgendwie orientalisch wirkt, sodass als Erstes das klassische Rosenthema dran glauben musste. Nun kann man es nicht einfach ersatzlos streichen, denn ohne die blumig-dunkle Seifigkeit der Rose wirkt Oud eher anstrengend. Die ganze Bandbreite an Ersatzkombinationen wurde vor geraumer Zeit schon von Montale durchexerziert, ohne wirklich überzeugen zu können. Entschieden hat man sich bei Creed für eine alltagstaugliche Best-of-Mischung, die die Waage halten soll zwischen ein bisschen frisch, aber mit Tiefe, was ein zitrischer Auftakt erreicht, ein bisschen Seife, aber cremig und ohne Waschmittelassoziationen und eine unblumige florale Note. Darunter spielt die ganze Zeit das eigentliche Thema die Hauptrolle: Oud und Holz. Das Adlerholz gibt hier nicht den dominaten Krachmacher, sondern fügt sich ein, bleibt erkennbar, aber als Solist in einem hochklassigen Ensemble und nicht als Star mit ein bisschen Playback.

Anders als der Name vermuten lässt, ist Royal Oud damit kein Oud-Duft im eigentlichen Sinne, sondern vielmehr ein Parfum mit Oud. Wichtiger als der markante Geruch dieser Zutat sind für das Parfum seine elegante Cremigkeit, seine unmodische Modernität und die souveräne Variation eines Themas, das schon als ausgespielt galt.

Baux für ParfumoBlog

Love the Ocean – mit Davidoff Cool Water und der National Geographic Society

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LTO1

In diesem Sommer wird im Rahmen der weltweiten Aktion „Love the Ocean“ der Grundstein für eine neue Partnerschaft zwischen Davidoff Cool Water und der National Geographic Society gelegt. Davidoff Cool Water unterstützt die Society mit einer Kampagne bei ihrer Mission „Pristine Seas“, die sich dafür einsetzt, in einigen der letzten unberührten marinen Lebensräume Schutzzonen einzurichten.

 

Ab dem 1. Juli 2013 haben auch Konsumenten die Gelegenheit, durch den Kauf einer limitierten Edition des Herren- oder Damenduftes Davidoff Cool Water das National Geographic Pristine Seas-Projekt zu unterstützen und damit einen wichtigen Beitrag zum Schutz unserer Ozeane zu leisten.
Jeder Flakon dieser Limited Edition von Davidoff Cool Water ist innen auf der Hülle mit einem einmaligen Zugangscode versehen. Mit diesem Code können Konsumenten die Website www.love-the-ocean.com aufrufen und mit Hilfe einer Geolokalisierungs-Anwendung die Route der Expedition verfolgen, die der für National Geographic forschende Wissenschaftler Dr. Enric Sala zu den Pitcairn Inseln unternimmt.

Die Konsumenten erfahren auch mehr über das Programm Pristine Seas, die Partnerschaft mit National Geographic und die Möglichkeit, direkt für die Initiative zu spenden. Sie können auch ihre Unterstützung für das Projekt und ihre Liebe für das Meer mitteilen, indem sie eine Nachricht über die Facebook-Seite von Davidoff Cool Water oder über ihre eigene Social Media-Seite verbreiten.

Diese Partnerschaft wird außerdem durch eine Kampagne in Printmedien, Fernsehen und digitalen Medien unterstützt. Aushängeschild der Kampagne ist der Hollywood-Schauspieler Paul Walker, das Gesicht von Davidoff Cool Water. Paul Walker hat Meeresbiologie studiert und ist für seine Leidenschaft für das Meer bekannt. Er wird sich aktiv an der globalen Medienkampagne zur Unterstützung von Pristine Seas beteiligen.

Interview mit Gilles Thevenin von Lubin

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Gilles Thevenin von LubinWer im Hause Lubin ist eigentlich für den Einkauf der Duftstoffe verantwortlich?
Unsere Parfumeure sind freiberufliche Künstler, die die Rohstoffe, welche sie verwenden wollen, selbst wählen. Manchmal kann es jedoch nötig sein, dass Lubin einen besonderen Rohstoff, der äußerst selten oder sehr teuer ist, vorfinanziert.

Haben Ihre freien Parfümeure in Bezug auf Qualität und Herkunft der Duftstoffe gewisse Auflagen oder dürfen sie diese frei wählen?
Unseren Parfumeuren geben wir freie Hand bezüglich Qualität und Herkunft der Duftstoffe. Es entspricht aber unserem Grundprinzip, bei der Herstellung immer mit der bestmöglichen Qualität zu arbeiten.
Der Preis einer Komposition wird aus diesem Grund erst im Nachhinein kalkuliert, so wie es schon früher bei den großen Häusern der Fall war. Wenn dies wirklich einmal ausgesprochen teuer wird, wie zum Beispiel bei den drei neuen Düften Akkad, Korrigan und Galaad, müssen wir auch den Preis erhöhen und dementsprechend werden auch weniger Flakons hergestellt. Wird er zu teuer, können sich in der Regel auch weniger Leute den Duft leisten, wobei das aber auch nicht immer unbedingt stimmen muss. Der Parfumeur bzw. die Parfumeurin schlägt nie etwas vor, woran er bzw. sie nicht selbst glaubt. So lautet eine Regel bei freiberuflichen Parfum-Gestaltern, denn sie wollen ihre künstlerische Freiheit behalten, keine Sklaven der Finanzabteilung werden oder von der Marke selbst abhängig sein.

Angenommen ein Parfumeur verwendet Vetiver oder Patchouli aus einer ganz bestimmten Region für seinen Entwurf, weil der Duftstoff genau den Charakter hat, den er sucht, dieser aber teurer ist oder weit schwieriger zu beschaffen. Kommt es dabei zu Konflikten zwischen Ihnen und dem freien Parfumeur bei den Qualitätsvorstellungen bezüglich der Rohstoffe auf der einen und den betriebswirtschaftlichen und logistischen Zwängen auf der anderen Seite?

Wir entscheiden in solchen Fällen gemeinsam. Es wird oft lange diskutiert, aber im Endeffekt möchte ich dem Parfumeur keinerlei Zwang auferlegen: Wir arbeiten zwar alle frei und unabhängig voneinander, doch unsere Zusammenarbeit soll uns auch Spaß machen. Ich würde nie eine Kreation aufgrund einer Kostenfrage behindern. Das Ziel von Lubin ist es nicht, ein Riesenkonzern zu werden, sondern als das beste oder zumindest eines der besten Parfumhäuser zu gelten.  Wir alle möchten auf unsere Kreationen stolz sein können.

Lubin

Gibt es Duftstoffe großer Hersteller, wie beispielsweise Symrise, Givaudan usw., an die Sie als unabhängiges Haus nicht herankommen?
Ja, diese nennt man „Les Captifs“, das könnte man übersetzen mit „die Gefangenen“. Manchmal besteht erst nach ein paar Jahren die Möglichkeit, diese zu kaufen.
Es gibt aber auch bei kleineren Häusern Exklusivität in Bezug auf bestimmte Duftstoffe (einer davon befindet sich übrigens in Galaad). Manche davon sind natürliche Rohstoffe, andere hingegen synthetisch hergestellt, wobei auch so manches synthetische Produkt extrem teuer sein kann.

In welchem Verhältnis stehen Sie heute zu Ihren bisherigen beruflichen Stationen bei Rochas und Guerlain?
Der Guerlain-Familie, die mir alles beigebracht hat, werde ich immer treu sein. Zu Thierry Wasser, dem heutigen Chefparfumeur von Guerlain, habe ich ein sehr gutes Verhältnis. Er ist ein wirklich sehr guter und tüchtiger Parfumeur. Er ist übrigens auch sehr engagiert bezüglich der Verteidigung der natürlichen Rohstoffe gegen die dumme europäische Gesetzgebung. Zu Rochas selbst habe ich kein Verhältnis mehr, aber zu meinen ehemaligen Kollegen von Rochas schon.

Wie sind Sie mit der bisherigen Entwicklung von Lubin seit Ihrer Übernahme im Jahre 2004 zufrieden?
Der Crash im Oktober 2009 zwang uns zunächst in die Knie, aber seit 2010 läuft es wieder hervorragend. Der Umsatz steigt seit 2010 im Durchschnitt um 45-50% jährlich, Lubin geht es also gut.

Welche Ziele haben Sie sich für dieses bzw. für die kommenden Jahre gesetzt?
Ich habe mehrere schöne Düfte in Vorbereitung, diese sind noch nicht ganz fertig, ich arbeite daran Tag und Nacht.  Zudem möchte die weitere internationale Entwicklung von Lubin sicherstellen, besonders in Amerika und im deutschsprachigen Raum, hier vor allem auch, weil ich die deutsche Kultur sehr schätze.

Wie stehen Sie zu einer politischen Lobbyarbeit seitens der kleinen Parfummarken, als eventuelles Gegengewicht zur IFRA, die man wohl als von den großen Aromaherstellern dominiert ansehen muss? Gibt es dazu Ansätze für eine Interessenvertretung kleinerer, unabhängiger Häuser?
Nicht nur die kleinen Parfummarken werden sich einsetzen: Guerlain, Chanel, Dior, und Hermès besitzen zum Beispiel hochwertige Formeln, die sie verteidigen müssen und sicher auch werden. Europa ist in dieser ganzen Angelegenheit zu weit gegangen. Europa wird leider von Lobbyisten dominiert. Diejenigen, die man anklagen sollte, sind aber nicht die Lobbyisten: die machen nur die Arbeit, für die, die sie bezahlen. Die Schuldigen sind die Politiker in der Führung von Europa, die akzeptiert haben, dass sie von Lobbyisten und Beamten ersetzt werden. Diese haben ihre Rolle vergessen, und ihre Pflicht vernachlässigt.

Könnten Sie sich sogar zum Thema IFRA-Regulierungen eine Zusammenarbeit mit Endverbrauchern vorstellen, z.B. in Gestalt eventueller Parfumforen?
Meiner Meinung nach sollten die Endverbraucher Ihre Meinung dazu äußern – sie sind schließlich die, die dafür bezahlen, ob als Konsumenten oder auch als Wähler. Die Politiker sollten sich daran erinnern, dass Europa eine Demokratie ist, und dass ihre Staatsbürger auch eine Meinung haben, und diese äußern dürfen, nicht nur die großen Konzerne.

Können Sie uns erklären, warum mancher Duft schneller kippt als andere? Ist diese längere Haltbarkeit (gemeint ist nicht auf der Haut, sondern im Flakon) ein Qualitätsmerkmal, oder gibt es bestimmte Rohstoffe, die ein sehr begrenztes Mindesthaltbarkeitsdatum aufweisen, also Düfte bei deren Entwicklung schon klar ist, dass sie nie umkippen, also über Vintage-Potential verfügen? Auf den ersten Blick sieht es nämlich so aus,  als ob Promi – bzw. generell günstigere Düfte schneller kippen als Edelmarken, aber stimmt dies wirklich?
Manche Düfte kippen schneller als andere, meistens weil bestimmte Rohstoffe „zerbrechlicher“ sind als andere. Das liegt meistens an der Komposition. Das erste Idole von Lubin aus dem Jahre 1962 zum Beispiel war ein Flop, weil es zu schnell kippte. Es konnte beispielsweise nicht verschickt werden, ohne dass es kippte. Trotzdem war das ein sehr edler Duft mit erstklassigen Rohstoffen.

Es lag an den Rohstoffen selbst und an deren Kombination. Jetzt wird dies alles vorher getestet: Wärme, Kälte, Temperaturunterschiede generell und natürlich der Einfluss von Licht. Das alles kostet natürlich auch Geld.  Wenn ein Duft zu fragil ist, verwendet man Antioxidantien und Lichtfilter. Das wird dann auf der Verpackung gekennzeichnet.

Ein Duft sollte unter guten Lagerbedingungen mindestens 5 bis 7 Jahre halten, ohne dabei zu kippen. Ideal wäre beispielsweise ein Keller bei etwa 12 Grad, dunkel, trocken und in einer dichten Flasche, in die also keine Luft eindringen kann. Wenn diese zudem nicht bewegt wird, hält er sogar noch wesentlich länger. Ein Duft würde niemals kippen, befände er sich in einem Vakuum. Günstigere Düfte können durchaus auch von guter Qualität sein. Günstigere Rohstoffe sind nicht immer grundsätzlich schlecht.  Lieferanten von günstigeren Marken verfügen nur nicht über die gleichen Rohstoffe wie teurere Marken, weil sie natürlich ihre Herstellungskosten  begrenzen müssen. Die Qualität ist dabei subjektiv. Die einzige Frage die man sich stellen sollte, lautet: riecht er gut oder eben nicht?

Unter Umständen wäre es doch eine Überlegung kippsicherere Düfte mit einem entsprechenden Hinweis zu versehen, da gerade diese durch eventuell hochwertigere Duftstoffe durchaus teurer sein können.
Langfristig ist kein Duft kippsicher! Manche halten eben nur länger.

Verraten Sie uns noch Ihren ganz persönlichen Lieblingsduft  und Duftstoff und vor allem, was Sie daran besonders gern haben?
Meine Lieblingsdüfte anderer Marken, sind sehr klassisch:
Chanel N°19 und Chanel Bois des Iles, L’Heure Bleue, Mouchoir de Monsieur und Nahema von Guerlain, Aromatics Elixir von Clinique, Armani pour Homme und Eau Sauvage von Dior, Eau du Soir von Sisley, und noch viele andere! Und natürlich alle Düfte von Lubin, besonders wenn sie von der richtigen Person benutzt werden.

Wir bedanken uns bei Caballero für die Durchführung des Interviews und JOE für die textliche Überarbeitung

Pionier in Sachen Tee-Duft – Palais Jamais von Etro

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Palais Jamais von Etro (1989) Man versuche sich – rein olfaktorisch – in das Jahr 1989 zurück zu versetzen: Schwaden üppigster Damendüfte wie „Coco“ oder „Poison“, aber auch süß-animalische oder ‚Lenor’-frische Schwergewichte wie „Kouros“ bzw. „Cool Water“ umwölkten unsere Sinne, und da, zwischen all diesen Duftgiganten – man hatte es halt gerne laut, manchmal schrill, vor allem aber ausladend – kommt aus Italien ein kleines Unternehmen um die Ecke, berühmt für seine Stoffe (vor allem deren Paisley-Muster) und bringt ein kleines aber feines Duft-Portfolio mit, das seltsam aus der Zeit gefallen scheint: Düfte, die uralte Klassiker neu interpretieren („Gomma“), Düfte aus der guten alten Hippie-Zeit („Ambra“, „Sandalo“ und „Patchouly“) und solche, die weit in die Zukunft weisen („Vetiver“ und „Palais Jamais“). Typische 80er-Jahre-Gewächse suchte man in dieser exzellenten neuen Duftreihe vergebens. Noch dazu kamen einige in Eau-de-Cologne Konzentration – eine weitere, vermutlich ganz bewusste Abkehr vom damals typischen Mainstream der ‚concentrée’, ‚privé’, ‚reserva’, ‚forte’, bzw. der neu-eingeführten Parfum-de-Toilette oder Eau-de-Parfum-Varianten.
So positionierte sich Etro in Sachen Duft recht geschickt zwischen Designer- und Nischenwaren, zwischen Tradition und Avantgarde, sowie zwischen Exklusivität und normal gefülltem Geldbeutel, ohne je vom Massenmarkt und dessen Dynamik vereinnahmt zu werden.

„Palais Jamais“ gehört, wie gesagt, zu den eher innovativen Düften des Hauses: ein feiner, rauchig-ledriger Chypre-Duft mit deutlich wahrnehmbaren Jasmin-Tee-, sowie dezenten Salbei-Nuancen im Herzen, beginnend mit einem frischen, bitter-fruchtigen Auftakt und in einem grün-grasig-moosigem Finish endend.
Bergamotte, Birkenteer und Eichenmoos lassen gemeinsam eine Art Cuir-de-Russie-Reminiszenz aufscheinen, die allerdings im Zusammenspiel mit den rauchigen Tee-Noten und den grünen Vetiver-Akzenten im Fond ein gänzlich neues Gesicht bekommt.
Überhaupt waren Düfte mit deutlichen Tee-Aromen damals noch weitgehend unbekannt: Bulgaris „Eau Parfumée au Thé Vert“, Artisans „Tea for Two“ oder auch Annick Goutals „Eau du Fier“ entstanden erst Jahre später. Der Duft von Etro war somit eine Art Vorreiter dieser Gattung, ein Pionier unter den bald allseits beliebten Tee-Düften.
„Palais Jamais“ allerdings allein unter dem Begriff ‚Tee-Duft’ zu verorten würde ihm nicht ganz gerecht – er ist mehr, viel mehr, denn die grünen, die bitter-fruchtigen und die rauchig-ledrigen Komponenten charakterisieren den Duft mindestens ebenso, wenn nicht gar mehr, aber sie bilden ein gewissermaßen traditionelles Gerüst, auf dem sich die Tee-Nuance als avantgardistisches i-Tüpfelchen in Szene setzen kann.

Heute mag „Palais Jamais“ im Kreise all der eben genannten Düfte – und vieler mehr – nicht mehr gar so zukunftsweisend wirken, ja, die Zukunft hat ihn im Grunde schon längst eingeholt – aber, wie gesagt, man bedenke in welcher Zeit und in welchem Umfeld er entstand!

Kreiert wurden die frühen Etro-Düfte und somit auch „Palais Jamais“ von dem in Grasse ansässigen Unternehmen ‚Robertet’, und vermutlich auch von dem wohl bekanntesten für diese Firma tätigen Parfumeur: Jacques Flori. Für „Palais Jamais“ ist Monsieur Floris Autorenschaft zwar nicht verbürgt, kann aber durchaus angenommen werden, zumal später entstandene und ihm zugerechnete Etro-Düfte wie „Shaal Nur“ oder „Messe de Minuit“ eine ähnliche Handschrift aufweisen.

Vor einiger Zeit – das nur der Vollständigkeit halber – wurde der Duft, wie vermutlich alle halbwegs alten, oder älteren Düfte, einer notwendig gewordenen Reformulierung unterzogen, mit ausnahmsweise recht positivem Ergebnis: der Duft hat zwar etwas an Volumen eingebüßt, dürfte aber durch seine nunmehr etwas frischere, transparentere Aura leichter als zuvor Bewunderer mehr finden.
Ansonsten ist „Palais Jamais“ delikat wie eh und je: ein eleganter und anspruchsvoller, ledrig-grüner, nur leicht würziger Chypre-Duft mit einer charakteristischen Tee-Note.
Für all jene (Männlein wie Weiblein im Übrigen, der Duft ist absolut unisex), die Annick Goutals „Eau du Fier“ nachtrauern, denen „Duel“ aus demselben Hause zu brav ist, die Bulgaris „Eau Parfumée au Thé…“-Reihe zu flüchtig empfinden, für alle Liebhaber von Chypre-Düften im Allgemeinen und klassischen Cuir-de-Russie-Düften im Besonderen, für all jene könnte „Palais Jamais“ etwas sein.

Diejenigen aber, die orientalische Wärme und Vanille-geschwängerte Süße erhoffen: Hände, respektive Nasen weg: dieser Duft ist grün, trocken, rauchig und ledrig. Allein ein wenig Restsüße, ein kleines Stückchen Zucker im Tee vielleicht, oder die unaufdringliche Fruchtsüße der zitrischen Noten, mildert das herbe Geschehen.

Haltbarkeit und Abstrahlung bewegen sich im akzeptablen Bereich, der Duft ist ebenso wenig ein Leisetreter wie ein überlauter Rabauke, er exponiert den Träger aufgrund seines charaktervollen Auftritts ein wenig (was ihn nicht unbedingt alltagstauglich macht), aber er überfordert das Umfeld nicht wirklich (was ihn wiederum zu einem Kandidat für besondere Anlässe macht).

Bleibt die Frage: was bedeutet der Name „Palais Jamais“?
Nun, angeblich stand ein marokkanisches Gebäude gleichen Namens Pate für diesen Duft. Gefunden habe ich aber nur ein ‚Palais Jamaï’ in Fès, ein 5 Sterne Hotel-Palast in maurischem Stil und von sehr schönen, malerischen Gärten umgeben.
Vielleicht war dies ja tatsächlich der Ort, der den Duft inspirierte und ihm seinen Namen lieh.

Einer der schönsten und interessantesten Etro-Düfte.

Profumo für ParfumoBlog

Das DDR-Duftmuseum: Ausflug in eine unbekannte Vergangenheit

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DDR Duftmuseum

Flüchtig wie ein Duft – diese Redewendung bezeichnet wie keine zweite ein besonderes Dilemma. Bilder kann man ins Museum hängen, Musik wird auf Tonträger gebannt – aber Parfum?

Seit die Gebrüder Farina 1709 in Köln als erste etwas gründeten, das den Namen „Parfumhaus“ verdiente, hat es unzählige Unternehmen gegeben, unzählige Parfums sind erschienen und auch wieder verschwunden.

Unzählig deshalb, weil sich kaum jemand die Mühe machte, wenigstens das Wissen um diese Düfte aufzuschreiben. Die Recherche nach vergangenen Preziosen ist schwierig und aufwendig, deshalb gebührt unsere Anerkennung den Initiativen derjenigen Menschen, die sich gegen das Vergessen stellen.

Heute möchten wir die Arbeit von Frau Monika Jürgens-Winefeld vorstellen, der Netzgemeinde besser bekannt als „Seeteufelchen“. Neben dem bekannten Seeteufelchen-Archiv hat sie vor kurzem für uns das virtuelle „DDR-Duftmuseum“ eröffnet.

Monika, mit der Seeteufelchen Seite dokumentieren Sie Parfums und Parfummarken aus allen Epochen. Wie kam es dazu?

Mit ungefähr 10 Jahren, immerhin schon vor 49 Jahren, bekam ich von meiner Omi & meinem Großtantchen meine erste Miniatur geschenkt. Das war die Microminiatur (1ml) „Cabochard“ von Gres. Es folgten weitere Miniaturen und ich habe sie durch mein Leben getragen, weil sie zu schade zum Wegschmeißen waren. 1990 bekam ich von Yves Rocher Probefläschchen zur Bestellung dazu.

Mir fielen wieder die Fläschchen ein, die sorgfältig verpackt in einem Kästchen lagen.  Aber wohin damit ?

Also kaufte ich mir in einem Versandhaus meinen ersten englischen Setzkasten. Mitte der 1990er Jahre kam die Serie “Parfum – Die exclusive Welt der schönsten Düfte” heraus, und damit war der Grundstein gelegt,  die kleinen Flacons zu sammeln.

Von Yves Rocher hatte ich mal den Duft  „Samarkande“ erhalten. Dieser hatte mir sehr gefallen, war aber nicht mehr zu bekommen. 2007 recherchierte mein Mann im Internet und fand die Miniatur. Erst danach begann – mit diesem Duft – meine persönliche Suche im Internet. Bis dahin hatte ich es vermieden, mich mit diesem Medium auseinander zu setzen.

Und mein Mann brachte mich auch auf die Idee mit der Homepage. Er hat mir viel Angst vor dem Internet genommen, aber noch immer nicht ganz.

Flakons zu sammeln und zu zeigen ist eine Sache – doch Sie tragen zusätzlich Hintergrundwissen zur jeweiligen Marke zusammen. Wie gehen Sie dabei vor?

Dem Besucher meiner Homepage wollte ich nicht nur eine Auflistung meiner Miniaturen bieten. Ich selbst wollte auch wissen, welche Person oder Firma hinter den Düften steckt und wer die Flacons entwirft.

Das Internet ist dabei eine unerschöpfliche Fundgrube. Da heißt es Suchen und Finden oder auch nicht, was leider oft vorkommt. Auch historische Telefonbücher, Stadtarchive und Bücher sind bei der Suche sehr hilfreich.

In dem neuen DDR-Duftmuseum zeigen Sie uns eine beachtliche Sammlung von Parfums, von denen viele noch nie etwas gehört haben. Andere wiederum werden sich an früher erinnern. Wie ist die Idee entstanden?

Als Neuling auf dem Gebiet der Miniaturen habe ich zu Anfang gesammelt was das Zeug hielt, wie man so schön sagt.

Ich hatte eigentlich keinen Plan. Im Nachhinein kann ich jedem zukünftigen Sammler nur davon abraten. Erst gründlich nachdenken wen und was man sammeln will und dann anfangen. Aber das nur am Rande.

Irgendwann ersteigerte ich in einem Auktionshaus einige Flacons aus der DDR. Sie hatten mir gefallen & ich fing an, in meinem Kindheits-, Jugend- und Lehrzeit-Unterbewusstsein zu kramen und im Internet die DDR Düfte zu suchen.

In meiner Lehrzeit hatte ich mehr mit Parfüm zu tun, denn ich habe Schaufenster dekoriert. Zuerst waren die DDR-Flakons mit auf der seeteufelchen Seite. Aber da ich die anderen Createure auch noch sammelte, platzte die seeteufelchen Seite bald aus allen Nähten und die DDR-Flakons waren nur einige unter vielen.

Ich fing an mich zu spezialisieren und habe mich hauptsächlich auf die DDR-Flakons konzentriert. Die Zuordnung der Florena-Düfte war unglaublich schwierig und zeitaufwendig. Florena steht meistens drauf, manche haben Logos, andere wieder gar nicht, bei einem steht Rosodont drauf, beim anderen Florena Waldheim usw. usf.

Erst durch Apicius bekam ich den für mich richtigen Denkanstoß, die Florena-Düfte nach dem Logo zu sortieren. Von den Logos wusste ich zumindest die Jahreszahlen. Jetzt gibt es sechs Kategorien von Florena Düften.

Die Parfums der DDR wird man kaum im Miniaturenmarkt finden. Woher stammt Ihr Wissen, woher Ihre Kenntnisse um diese Düfte? Wie recherchieren Sie?

Das ist richtig, Miniaturen gab es nicht sehr viele, aber bei mir gehen Minis bis 25 ml und bei DDR-Flakons beschränke ich mich gar nicht.

Wenn ein/e Verkäufer/in aus der ehemaligen DDR ist, frage ich nach ob sie etwas über die Herkunft oder den Hersteller wissen. Sage aber auch gleich dazu, dass ich Sammlerin bin und verweise auf meine Homepage – damit mein Gegenüber weiss, dass ich ein so genanntes „berechtigtes Interesse“ habe.

Ich betreibe ja inzwischen zwei Homepages rein privat und ohne Sponsoren.

Und ich kann immer wieder nur das Internet nennen bei den Recherchen und Zufälle. Ihre Seite hat mir bei Erscheinungsjahren von Parfümen schon sehr oft weiter geholfen und im Quellennachweis steht Ihre Seite deshalb auch an erster Stelle.

Was Zufälle betrifft hier einige Beispiele:

Ich ersteigerte den Flacon von Aerosol „Astrid“ in der Aufmachung von „Casino“. Die Dame hatte als Wohnort Waldheim angegeben. Ich fragte, ob sie etwas mit Florena zu tun gehabt hätte und ob sie mir vielleicht etwas über die Geschichte Florena´s und die Verzweigung der vielen Betriebsteile erzählen könnte.

Sie konnte leider nicht – aber sie gab mir die Mailadresse und Telefonnummer einer Dame, die bei Florena gearbeitet hatte. Leider konnte mir auch diese Dame nicht wirklich weiter helfen, denn bis 1989 war ihr Aufgabengebiet Materialwirtschaft und bis 2005 der Einkauf  von Materialien.

Diese Dame wiederum gab mir die Telefonnummer von der Witwe eines ehemaligen Kollegen, welcher fast 50 Jahre bei Florena arbeitete, die gesamten Unterlagen von Florena gesammelt hatte. Ich sei bei dieser Dame sehr gut aufgehoben, war ihr Kommentar. Also werde ich in den nächsten Tagen Kontakt mit der Dame aufnehmen. Und ich bin sehr gespannt was ich für Auskünfte bekomme. Dies ist ein wirklich toller Zufall!

Komme ich aber gar nicht weiter und mir ist der Standort einer Firma bekannt, wende ich mich auch an das dortige Stadtarchiv mit der Bitte um Hilfe.

Oder bei „Lebona“ aus Berlin habe ich die historischen Telefonbücher durchforstet bis ich auf eine Anzeige aus dem Jahr 1921 gestoßen bin. So weiß ich zumindest, dass die Firma sehr alt war und schon vor 1949 bestanden hat.

Bei „Mildana“ aus Haldensleben war die Mitarbeiterin des Stadtarchivs so nett, dass Sie mir z.B. den Namen einer zweiten Parfümfirma aus Haldensleben nannte. Dies war die Firma „Madelaine“, welche 1946 ins Handelsregister eingetragen wurde & 1959 zum VEB(K) Chemische Werke Haldensleben zusammengeschlossen wurde.

Eine Seite dazu auf meiner Homepage gibt es noch nicht, da ich weder einen Flakon, noch Logo oder Fotos habe. Nur einen Zeitungsausschnitt, den mir die Dame aus dem Archiv sendete.

Wir sind es heute gewohnt, Parfums den Marken zuzuordnen. Doch Marken haben Eigentümer. Es gibt in der Geschichte der DDR viele Versuche, die bürgerliche Eigentumsordnung zu relativieren oder aufzuheben. Unter welchen Bedingungen wurden Parfums in der DDR hergestellt? Gab es private Parfummanufakturen? Oder war irgendwie alles „Florena“?

1920 wurde die Marke „Florena“ erstmals beim Reichspatentamt in München durch A.H.A. Bergmann registriert. Waldheim/ Sa. war und ist das Stammhaus. Der Betrieb hatte im Laufe der DDR-Zeit verschiedene Namen: ab 1946 VEB Rosodont Werk Waldheim, ab 1970 VEB Florena Waldheim und etwa zur gleichen Zeit wurde das Decenta-Werk in Döbeln an Florena angeschlossen. Daraus wurde dann VEB Florena Waldheim/Döbeln.

Ich persönlich finde diese ganzen Umbenennungen und Zusammenlegungen heute sehr kompliziert.  Es war und ist der schwierigste Teil der Recherchen.

Bis 1970 gab es wohl viele Privatfirmen die Parfüm herstellten. Zwischen 1970 & 1971 wurden alle Privatfirmen verstaatlicht.

Sehr interessant ist die Geschichte von „Contezza“ aus Dresden: Der Sohn der ehemaligen Besitzerin kontaktierte mich über meine Homepage und bedankte sich dafür, dass ich die Marke nicht in Vergessenheit geraten lasse. Ohne ihn wüsste ich nichts über Contezza.

Wie wirkte sich die ökonomisch nicht immer einfache Situation der DDR auf die Parfumherstellung aus? War Parfum Mangelware, Luxus oder doch täglicher Gebrauchsgegenstand? Was kosteten Parfums den Verbraucher?

Mir ist aufgefallen, dass die Gestaltung der Flakons und auch der Verpackungen – aus den Anfangsjahren der DDR – etwas mit Kreativität & Phantasie zu tun hatte.

Z.B. Der Flacon „Souvenir“ von Decenta Döbeln im – wenn auch – Plastikköcher sieht doch wunderschön aus. In der BRD wäre der Köcher vielleicht aus Horn oder Elfenbein gewesen, aber da wir eingeschlossen und russische Besatzungszone waren, war dieser Köcher eben aus Plastik. Die Menschen waren einfallsreich, weil wir außer unserer Phantasie und Tatendrang in den Anfangsjahren so gut wie nichts im Überfluss hatten.

Unter Wilhelm Piek und Walter Ulbricht ging es den meisten Menschen wohl richtig gut. Dies hatte sich 1971 mit der Machtübernahme durch Erich Honecker gründlich geändert.

Unsere Machthaber waren der Meinung sich die Anerkennung der DDR aus dem Ausland erkaufen zu können. Z.B. wurden Schrankanbauwände bei uns produziert, die ans Versandhaus Quelle verkauft wurden. DDR Bürgern mussten bestellen, und mit jahrelanger Wartezeit war zu rechnen, außer man hatte dementsprechende Kontakte. Vieles war „Bück dich“ Produkte. Dieses Verhalten ging zu Lasten der Versorgung der Bevölkerung.

Wie sich dies auf die Parfümherstellung auswirkte, kann ich nur vermuten und an den Flakons sehen.  Aber wissen kann ich es nicht bei Jahrgang 54.

Wenn man genau hinschaut, wird man schnell feststellen, dass die Flakons nach 1970, bis auf einige wenige, die gleiche Flakonform hatten. Devisen- & Materialmangel könnten dafür eine Ursache gewesen und damit einhergehende Phantasielosigkeit bei der Gestaltung der Flacons von „Oben“ diktiert worden sein.

1970 & 1971 war Parfüm in der DDR keine Mangelware, denn da habe ich ganze Schaufenster mit verschiedenen Parfüms gestaltet. Über die Zeit danach kann ich nichts sagen, weil ich kein Parfüm benutzt habe.

Großtantchen, Omi und Mutti haben was benutzt? Na klar! 4711 Tosca oder Kölnisch Wasser aus dem goldenen Westen. Schmunzeln. Ich habe mich erst ca. 1980 in ein Parfum verliebt.

Kleine 5 ml Blütendüfte kosteten 1 DDR Mark, 5 ml Rosodont „Raffinesse“ im Stoffbeutelchen 5,50 Mark. Karma Leipzig „Venezia“ ca.12 Mark. Im Gegensatz dazu sollte man das Lohngefüge betrachten. Ich habe 1980 als Verkäuferin 420 Mark verdient, für meine Neubauwohnung ohne Heizungs- & Wasseruhr 79 Mark bezahlt und für ein Drei-Pfund-Brot 93 Pfennig.

Konnte man in der DDR auch ausländische Parfums kaufen? Waren westliche Parfums erhältlich? Wurden auch Parfums aus anderen sozialistischen Staaten importiert, zum Beispiel aus Polen oder der Sowjetunion?

Ja, wir konnten auch westliche Parfums kaufen. Bei uns gab es „Exquisit“ Geschäfte mit Mode, Parfum und  Schmuck – meistens aus Frankreich. Ich durfte dort ein paar Jahre arbeiten, bis heute habe ich keine Ahnung warum. Ich wurde delegiert obwohl ich nie einer Partei angehörte.

Dort jedenfalls war auch eine sehr kleine Parfümabteilung integriert. Und wir hatten von jedem Duft eine Probeflasche. Obwohl nicht erlaubt, haben wir das Parfum auch selbst aufgetragen, denn es sollte ausschließlich der Kundin ein Spritzer auf das Handgelenk aufgetragen werden. Und während des laufenden Geschäfts konnte die Chefin auch nicht mitbekommen, ob wir unerlaubt Parfum benutzt hatten.

Wenn ich die Hand einer Dame nahm um ihr Handgelenk zu beduften, konnte doch wie ganz von allein auch Duft auf mich übergehen. Oder? Dort habe ich mich auch in ein Parfum verliebt: es war das Parfum von Guy Laroche „j´ai Osé“. Dieser Duft war damals der Hammer.

Ich war immer hin und weg, wenn ich an meinem Handgelenk schnupperte. Aber für´s Sofortkaufen – unerschwinglich. Wenn ich mich nicht irre, hatte dieser Flacon einen stolzen Preis von 150 DDR Mark  bei einem Lohn von 620 Mark, davon waren 20 Mark für den Friseurbesuch laut Arbeitsvertrag gedacht.

Nach 5 Jahren sparen habe ich mir einen Flakon geleistet, sehr selten benutzt, oft dran geschnuppert und selbst die leere Flasche mit Box noch jahrelang aufgehoben.

Im Intershop konnte man mit Westmark später mit Forumschecks Parfum kaufen.

Russisches Parfum gab es auch. Dabei erinnere ich mich an schweres, sehr süßliches Parfum. Russische Mitbürgerinnen erkannte ich zuerst am Duft, dann am Pelz und erst dann an der Sprache. Ob es bei uns auch ungarisches, polnisches oder tschechisches Parfum gab, ist mir nicht bekannt – außer Rosenduft in Phiolen in gedrechselten, runden, bunt bemalten Holzdöschen mit Zwiebeltop.

Kann man von einer eigenständigen Parfumkultur in der DDR sprechen? Gab es so etwas wie einen bestimmten Stil? Wir kennen heute ja nur noch das Casino-Parfum, ein opulentes Chypre.

Aus diesem Grund habe ich die zweite Homepage erstellt.

Ich würde sagen, auch wir in der DDR hatten eine Parfümkultur, schließlich gab es uns 40 Jahre. Und diese 40 Jahre kann ich ja nicht so sang,- klang- & duftlos verschwinden lassen. Ich kann ja diese Zeit nicht aus meinem Kopf wischen wie einen Krümel vom Tisch. Wer war ich dann in dieser Zeit, wenn das ginge?

Nach der Wende war alles neu, ob gut oder schlecht, muss jeder für sich selbst entscheiden. In Sachen Parfum aber war uns das westliche Ausland in jedem Fall, vor allem in der Flakongestaltung nach 1970, überlegen. Ob in der Qualität kann ich nicht beurteilen, weil ich mich an unsere Düfte nicht erinnern kann.

Und ob die Düfte, die ich habe, die Originalen sind, weiß ich auch nicht. Sie kommen ja alle aus zweiter Hand oder mehr.

Manche duften auch heute noch sehr gut, andere wiederum „stinken“ mir.  Aber all das hat ja etwas mit meinem subjektiven Empfinden zu tun.

Wie reagieren die Besucher Ihrer Seiten? Erfahren Sie Zustimmung, oder auch Kritik? Wie kann man Ihre Arbeit unterstützen?

Die Reaktionen sind ausnahmslos positiv.

Nur einmal ist mir ein gravierender Fehler, ziemlich am Anfang, unterlaufen.

Ich war Neuling im, mir noch heute suspekten, Internet und hatte Texte mittels eines Übersetzungsprogramms übersetzen lassen. Im Zuge dessen hatte ich Madame Régina Zilberberg von „Régines“ für tot erklärt. Ein Mann machte mich darauf aufmerksam und ich schrieb meinen Kommentar dazu.

Erst zwei Jahre später bin ich wieder darauf gestoßen, habe den Text nochmals übersetzen lassen und raus kam, dass nicht Madame Zilberberg verstorben war, sondern ihre Tochter. Ich habe mich natürlich sofort entschuldigt und den Text geändert.

Ich denke, Unterstützung geht nur über Mund zu Mund Propaganda oder per Link.

Mein Hauptinteresse liegt darin, etwas in der Versenkung verschwundenes meiner Heimat wieder aufleben zu lassen. Auch wenn man sich nicht für die Hintergründe interessiert so ist es doch sehenswert.

Wer Interesse hat, kann mich übers Gästebuch auf der Homepage www.ddr-duftmuseum-1949-1989.jimdo.com kontaktieren.

Sehen Sie sich ausschließlich als leidenschaftliche Sammlerin, oder auch als Parfumliebhaberin? Tragen Sie selber Parfum? Welche Düfte gefallen Ihnen persönlich besonders gut?

Heute bin ich natürlich nicht nur Sammlerin.

Ich benutze täglich querbeet ein anders Parfum dem Anlass entsprechend. Oder was meiner Seele gerade gut tut. Und zum Ärger meines Mannes auch mal seine, z.B. Clinique – Kenzo Amour – Chanel Allure – Moment da Bonheur von Yves Rocher – Dita von Teese – Trussardi Uomo – Faconnable – Hugo von Hugo Boss – CK One uvm.

J’ái Osé nicht mehr so oft, weil ich das Gefühl habe, dass 2007 der Duft nicht mehr dem Original von 1977 entspricht. Aber meine Nase irrt sich sicherlich, dies will ich nicht ausschließen.

An dieser Stelle würde ich mich aber auch gerne bei meinem Mann bedanken, der meine Leidenschaft für die kleinen und großen duftenden Schönheiten bis an seine Schmerzgrenze toleriert, mir internetmäßig unglaublich viel beigebracht und mir fast die Angst davor genommen hat. Danke Schatz & halte noch ein bisschen durch!

Und natürlich bei Ihnen, weil Sie mir dieses Portal bieten, um über etwas Altes, Schönes, fast Verschwundenes und dennoch Wissenswertes berichten zu dürfen. Vielen Dank und Ihnen Allen weiterhin sehr viel Erfolg persönlich und bei der Arbeit an Ihrer tollen Seite!

http://www.seeteufelchen.info

http://ddr-duftmuseum-1949-1989.jimdo.com

Das Interview führte Apicius

 

Das kleine Buch der großen Parfums – Die einhundert Klassiker

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Das kleine Buch der großen Parfums: Die einhundert KlassikerEntdeckungsreise in die Welt der Parfums

Das kleine Buch der großen Parfums präsentiert einhundert legendäre Klassiker und ist eine fundierte Einführung in die Welt der Parfümerie. Von Angel bis Vol de Nuit, vom scheuen Blumenduft über das männliche Urparfum bis hin zu den großen Düften der Geschichte, die im Versailler Parfummuseum lagern: Alles ist so sinnlich-nuanciert beschrieben, dass die Lektüre zum Erlebnis wird.

LUCA TURIN, geboren 1953 in Beirut, ist Biophysiker und Buchautor. Sein leidenschaftliches Interesse gilt dem Geruchssinn, der Kunst der Parfümerie und der modernen Duftindustrie.

TANIA SANCHEZ ist Parfumsammlerin, -expertin und Journalistin. Ihr gemeinsames Buchprojekt Perfumes. The A-Z Guide wurde in den USA auf Anhieb Kult. Beide Autoren leben in Boston.

MIRIAM MANDELKOW, FRAUKE CZWIKLA und CHRISTIAN DETOUX schnuppern seit ihrer Übersetzung an jedem Parfumfläschchen, denn »ein Parfum ist eine Flaschenpost«, und es gilt, die stillen Flaschengeister zu entdecken und sich ihre Geheimnisse anvertrauen zu lassen.

Parfumo verlost 3 Exemplare des Buches. Um an der Verlosung teilzunehmen, antworten Sie bis zum 21.03.2013 auf diesen Beitrag.

>>Infos beim Dörlemann Verlag

>>Buch bei Amazon suchen

Parfumo-Gewinnspiel zu Ostern

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Parfumo Oster-GewinnspielBei Parfumo gibt es in Kooperation mit Parfumdreams.de am Ostersonntag fünf dufte Preise zu gewinnen!

So können Sie teilnehmen:

Am 31.03.2013 wird ab 0.00 Uhr das Parfumdreams-Logo auf der Detailseite eines bestimmten Parfums zu sehen sein.

Finden Sie das Parfum, bei welchem das Logo groß in der rechten Seitenleiste zu sehen ist und senden Sie eine private Nachricht an den Benutzer Parfumo. Unter dem Logo befindet sich zusätzlich ein kleiner Hinweistext. Hierfür benötigen Sie ein Parfumo-Benutzerkonto. Unter allen Einsendungen werden insgesamt 5 Gewinner ermittelt.

Ein kleiner Tipp: Der Name des Parfums hat etwas mit Ostern zu tun. ;-)

Haben Sie uns an diesem Tag bis spätestens 23:59:59 Uhr den richtigen Namen des Parfums genannt, nehmen Sie an der Verlosung teil.

Das Gewinner-Parfum wird am darauffolgenden Tag im Forum bekanntgegeben.

Das Parfumo-Team und Parfumdreams wünschen viel Glück beim Suchen!


Die unsichtbare Kirche – Fille en aiguilles von Serge Lutens

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Fille en aiguilles von Serge Lutens (2009)Puhh, mein erster Kommentar und das zu einem gar nicht so einfachen Parfüm, denke ich mal. Ich komme gleich zur Sache: über den Duft hatte ich schon oft gelesen. Getestet -und gleich gekauft- habe ich ihn zum ersten Mal heute in einem Münchner Laden. Und meine Assoziationen gehen auch natürlich in Richtung Wald. Zunächst einmal. Aber keinen deutschen Wald. Zweitens: meine Assoziationen gehen in Richtung -und das noch stärker und in einem Ausmaß, das mich gerade erschreckt- Sonntagsgottesdienst und Kirche. Pinienharz und Weihrauch, ich habe noch nie so was erlebt und für mich und meine nicht empfindliche Nase war es heute ein Schubs von einer kräftigen Hand, als mir die Verkäuferin den benetzten Papierstreifen überreichte.

Denn ich stamme aus dem Süden und wenn die heilige Kommunion ein Parfüm wäre, würde ich darin baden. Gut, das eine hat nichts mit dem anderen zu tun, ich rede wirres Zeug wegen des Dufts. So hat es in Nase und Rachen gekitzelt, als mir der Priester sonntags den goldenen Löffel in den Mund steckte und ich wär nur ein siebenjähriger Bub und trotzdem hätte ich ihm am Liebsten gleich den ganzen Becher aus den Händen gerissen und ausgetrunken. Das ist auch die einzige Form von Alkohol, die mich bis heute zum Trinken einlädt. Blutroter, harziger Wein, Glut in den Adern, für mich die Urform von Ekstase, animalisch sakral. Und das -ausgerechnet das!- hat dieser Duft heute in mir erweckt.

Eine unsichtbare Kathedrale aus Rauchsäulen schwebt über meinem Kopf, Holzstühle, alles triefend vor klebrigem Harz und Myrrhe -kann denn die Bitterkeit niemand riechen?- und was hier von Gewürzen und Früchten geredet wird…das ist für mich Alkohol. Nichts als edler Alkohol, destillierte Sonnenglut aus dem Süden. Der ganze Duft als sinnliches Ereignis war ein Schubs. Kein Knall, denn es gibt kaum Düfte, die mich “schockieren” können, kein Elektroschock. Aber ein Schubs, schon. Am Liebsten hätte ich gleich ein Ticket gebucht. Fernweh oder Nostalgie oder kitschige Schwärmerei vom sonnigen Süden…was auch immer, wen interessiert das? Für mich ist es ein Urgefühl, das hier angesprochen wurde.

Über Physikalisches kann und darf ich kaum was berichten. Haltbarkeit und Sillage sind mir ein Mysterium. Meine Haut saugt selbst stärkste Reize, in diesem Kontext: Duftstoffe, wunderlich auf und somit können sich nicht mal legendäre Düfte auf meiner Haut irgendwie verewigen, und sei es nur für einen Tag. Ich habe alles versucht. Ich habe mich von Kopf bis Fuß eingenebelt. Vielleicht haben sie mich irgendwie “geprägt”, unsichtbare Tätowierungen auf meiner abstrakten Substanz, meiner Aura quasi. Aber ich werde hier nichts über diese Eigenschaften des Duftes schreiben, denn ich bin keine zuverlässige Quelle für solche Einschätzungen. Trotzdem: selten so was Spirituelles oder Sakrales gerochen.

Hybrid für ParfumoBlog

Der Duftwunscherfüller über Sellerie, Karamell, weißen Kaffee und anderes

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Philip Kraft

Interview mit Philip Kraft

Vor ein paar Wochen kamen wir bei der Recherche für den „Wissenswert“-Thread an eine ziemlich kniffelige Frage. PostMortem hatte eine Quelle aufgetan, die anderen widersprach und gemeinsam suchten wir mit viel Lesen und PN hin und her, dem Rätsel auf den Grund zu gehen. Die verzwickte Sache hatte was mit Veilchenblütenduft und dem genauen Zeitpunkt der ersten Jononsynthese zu tun – also eigentlich nicht die weltumstürzende und extrem wichtige Detailinfo… aber dennoch spannend genug, um sich richtig zu verbeißen und ein mittelgroßes Forschungsprojekt daraus zu machen. Wir kamen an den entscheidenden Punkt, hatten die Kernfrage genau eingekreist… und wussten ab da nicht mehr weiter. In keiner Uralt-Quelle, an die wir drei kamen, in keinem Jahrbuch der Deutschen Chemischen Gesellschaft von vor der vorletzten Jahrhundertwende war die Lösung zu finden. Mist!

Da sagte Ronin eines Abends: „Ich schreibe Philip Kraft eine Mail.“

Louce war skeptisch: Philip Kraft?!? Die Koryphäe der Riechstoffchemie, die prominente Nummer 1 der modernen Duftsynthese am Puls von Forschung und Entwicklung und Insider der Parfumindustrie…?  …Na gut… der muss es wissen.

Tatsächlich antwortete uns Philip Kraft hilfreich. Und dabei war der gestresste, überbeschäftigte Mann so nett, dass wir uns dranklemmten und die Mail-Korrespondenz gleich für ein Interview ausnutzten.

Das Interview:

Je nach Profession erhalten wir unterschiedliche Antworten auf die Frage, was synthetische von natürlichen Duftstoffen unterscheidet: Eine Parfumeurin wie Céline Ellena sagt, natürliche Ingredienzien seien wie eine Melodie, synthetische wie der Takt eines Musikstücks. Luca Turin bemüht ein ähnliches Bild, natürliche Inhaltsstoffe seien das Fleisch, synthetische das Skelett eines Parfums. Für viele sind synthetische Duftstoffe die Voraussetzung und der Startpunkt der modernen Parfumerie, dem Zeitpunkt, als aus dem Kunsthandwerk Parfumerie Kunst wurde. Für ökologisch Motivierte bedeuten synthetische Duftstoffe eine Verhinderung der Ausrottung vieler Tiere und Pflanzen.

Wie sehen Sie das als Duftstoffchemiker und Co-Autor des Buches „Scent and Chemistry – The Molecular World of Odors“ – mit welcher der vorherigen Aussagen können Sie sich identifizieren, bzw. was ist Ihr Bild, mit dem Sie den Unterschied zwischen synthetischen und natürlichen Duftstoffen beschreiben würden?

“Scent and Chemistry – The Molecular World of Odors

Die zitierten Aussagen entsprechen sich ja im Grunde genommen weitgehend und an allen ist auch etwas Wahres dran. Am besten gefällt mir eigentlich Céline Ellenas linguistische Metapher, die sie auf unserer letzten „Flavor & Fragrance“ Konferenz in London vorgestellt hat, und die ihre musikalische Metapher abgelöst hat: Nämlich isolierte  Riechstoffe als ‘smell words’ also Duftwörter zu verstehen, ätherische Öle hingegen als ganze Textblöcke oder Textpassagen einer olfaktorischen Geschichte. Wenn man diese in ein Parfüm einfügt, hat man schnell einen Abschnitt ‘geschrieben’ und kann auch einzelne Wörter mit synthetischen Duftbausteinen verstärken und abwandeln, aber man ist dadurch natürlich auch thematisch festgelegter.

Im Grunde sollte die Unterscheidung aber nicht synthetisch oder natürlich sein, sondern isoliert oder komplex. Man braucht zur kreativen parfümistischen Entfaltung einfach isolierte Duftbausteine, und Firmen wie Robertet und Laboratoire Monique Rémy destillieren ihre Naturöle auch immer weiter auseinander um größere kompositorische Freiheiten zu erhalten. Umgekehrt bieten Riechstoffhersteller schwierig einzusetzende synthetische Duftbausteine als Basen an, damit sie einfach zu copy/pasten sind, wie in einem ‘Word’-Dokument. Ohne isolierte Verbindungen kann man aber nicht im eigentlichen Sinne kreativ sein, und die reinen Naturparfümeure verwenden darum dann auch destillativ isolierte Duftbausteine.
Kurzum, um eigenen kreativen Inhalt einzubringen braucht man isolierte Verbindungen. Durch maßgeschneiderte synthetische Verbindungen kann man dann das Spektrum der Duftvokabeln darüber hinaus noch weiter um ganz neue Düfte/Wörter bereichern und so neue Ausdrucksmöglichkeiten schaffen.

Auch wenn ein Parfümeur später aufgrund des Volumens oder der Opazität etwa ein Rosenöl einsetzen möchte, quasi en bloc, so soll er doch auch gelernt haben, erstmal eine Rose aus isolierten definierten Duftbausteinen aufzubauen. Auch ein Naturparfümeur sollte also eigentlich an Synthetika gelernt haben, um das Metier zu meistern. Jeder gute Parfümeur muss die Natur zuerst beherrschen und nachstellen können. Dann kann er sie am Ende auch noch supernatürlicher darstellen. Denn ein destilliertes Rosenöl ist genauso wenig der Duft der lebenden echten Rose am Strauch, wie Erdbeermarmelade der Geschmack von frischen Erdbeeren ist. Mit synthetischen Verbindungen kann ein Parfümeur etwa über Headspace-Rekonstitution oder aus seinem eigenen Können heraus eben einen Rosenduft kreieren, der dem der echten Duftblüte entspricht und nicht dem “gekochten und destillierten” Rosenduft.

Lernen sollte jeder Parfümeur aber erst einmal auf jeden Fall rein an Synthetika. Er muss eine Rose, einen Jasmin, eine Gardenie, ein Maiglöckchen, Flieder und einen Akazienduft quasi aus ersten Prinzipien erschaffen können. Das ist unabdingbares Wissen. Später kann er dann ‘Abkürzungen’ über das Ausfüllen eines Duftes mit ätherischen Ölen einsetzen. Er wird dies eben anders tun, wenn er mal die Duftkomponenten einer Rose auch wirklich verstanden hat. Ich finde daher auch etwa die Naturdüfte von Olivia Giacobetti, die auch die synthetische Parfümerie meistert, eindeutig überzeugender als Düfte reiner Naturparfümeure, die ihre komplexen Materialien im Grunde eben nicht bis ins letzte Detail kennen und beherrschen.

Ein Naturöl ist letztlich also eigentlich auch nur eine Art Base. Mit Basen alleine kann man nicht kreativ komponieren. Ausschließlich mit Synthetika hätten die Formeln dann etwas wohl über 100 Linien um das nötige Volumen eines Duftes zu generieren. Zusammen ergänzen sich beide perfekt.

Immer wieder in der Parfumgeschichte befruchtete die Verfügbarkeit neuer synthetischer Riechstoffe die Entwicklung neuer Düfte und löste Trends aus – denken wir nur Aldehyde, Hedion oder Calone. Was sind Ihrer Meinung nach gegenwärtig die spannendsten Entwicklungen und warum? Was ist der nächste zu erwartende Trend?
Ein aktueller Riesentrend in der Herren-Parfümerie ist unüberriechbar die Trockenfruchtnote der Rose, die Damascon-Note. Pomarose, ein von mir entdeckter Riechstoff mit einer Note zwischen getrockneten Rosenblättern und Apfelkuchen frisch aus dem Ofen, war da der Trendsetter. Das Debüt erfolgte 2004 in ‘DKNY Be Delicious Men‘ von Olivier Gillotin in Zusammenarbeit mit Pierre Negrin. 2007 kam die Überdosis in Form einer Champagner-Note im Sean John’s ‘Unforgivable‘ von Pierre Negrin mit Dave Apel, Aurélien Guichard und Caroline Sabas. Voll ein schlug dieser Trends Ende 2008 mit Christophe Raynauds, Olivier Pescheuxs und Michel Girards ‘1 Million‘ von Paco Rabanne, das den Kontrast Rosentrockenfruchtnote gegen weißem Leder in holzig-ambriert-orientalischem Kontext featured. Das hat bis heute unzählige Düfte inspiriert. Ein Trend in der Herrenparfümerie, vergleichbar mit dem von Flechiers ‘Poison‘ in den 80ern, was die weibliche Damascon-Noten anbetrifft, oder auch mit dem Veilchenblätter-Trend um Jean-Louis Sieuzacs ‘Fahrenheit‘, der fast seit 1988 anhält, aber nun doch etwas zurückgeht.

Auf der Damenseite sind es noch immer die weißen Moschusse, etwa um Helvetolide, Romandolide und Serenolide, also eine fruchtig-beerige Moschusnote, die an frisch gebügelte Wäsche erinnert. Mit Sylkolide kommt man die jetzt bis in den Top hinauf, was etwa Calice Becker und Yann Vasnier mit ‘Oh, Lola!‘ demonstriert haben. So einen Kopfnoten-Moschus kann man natürlich auch durch eine extrem massive Basisnote bewerkstelligen, um so die Duftpyramide auf dem Kopf zu stellen. Das hat ja Daniela Andrier in ‘Prada Candy‘ bewiesen, wo die Créme Caramel um Maltol schon in der Herznote serviert wird und der Moschus sogar im Top, obwohl das ja nur je 0.22% Maltol und Ethyl Maltol sind. Also weiße Moschustopnoten bleiben sicher ein Trend-Thema, auch  wenn der Fruitchouli-Kontext um ‘Coco Mademoiselle‘ etwas abebbt.

Frisch draußen ist Cassyran, eine extrem saftige Note nach schwarzer Johannisbeere mit facettenreichem Rosmarin-Einschlag. Da hoffe ich, dass die gut ankommt und wir in Zukunft viele schöne Cassis-Noten sehen, vor allem in der Damenwelt und vielleicht auch in einem kräftigerem Chypre-Kontext, denn die ausgedünnte Orangenblütenübermacht bei den Damen wird jetzt mit der Zeit ja nun doch langweilig.

Bei den Herren-Noten könnte ich mir vorstellen, dass das Trendpendel beim schwarz-rosa Pfeffer noch einmal stark zurück schwingt, und Yann Vasnier’s ‘Bang‘ für Marc Jacobs nur ein Vorgeschmack war. Mit Pepperwood hat man da ganz neue Möglichkeiten für transparente Pfefferakzente im Top. Dann sehe ich auch neue transparente Weihrauch-Akzente um Mystikal als Trendsetter. Also keine Kirchenbank-Note im Keller des Duftes, sondern ein frisch-blumiger Weihrauch-Hauch im Herz und Kopf. Einen Vorgeschmack, wie so etwas auf der Herrenseite duften kann, liefert etwa ‘Loewe 7‘. Es ist zwar auch schon 2 Jahre alt, aber ebenso wie die Pfefferimpulse noch unverbraucht, auch wenn es viele Düfte mit Weihrauchnote im Fond gibt.

Im Moment hält die große Oud-Mode in der Parfumerie an. Der Mainstream-Bereich nimmt die Impulse bereits auf und es besteht ein großer Bedarf an günstigerem Oud-Geruch. In Ihrem Buch „Scent and Chemistry“ nehmen Zeder- und Sandelholz einen großen Raum ein, über das pilzbefallene Adlerholz findet sich so gut wie nichts – nur die Randnotiz, dass es Parfumschaffenden i.d.R. nicht zur Verfügung stünde. Wie verbreitet sind synthetische Oudbasen (wie Givaudan Black Agar Givco 215, Firmenich Oud Synthetic 10760 E oder Palisandrol)? Welche Aspekte natürlichen Ouds können damit nachgestellt werden, welche nicht?

Der Oud-Trend stammte natürlich aus den Nischen-Boutiquen, wo es von arabischen Kunden eine Nachfrage nach feinem Agarholz gab. Anders als Sandel- oder Zedernholz ist Oud oder Adlerholz aber kein Standardöl der Parfümerie, auch wenn es nun ein paar seriöse Anbieter in Laos gibt. Die können aber keinen größeren Bedarf abdecken. Hinzu kommt, dass die Qualitätsunterschiede extrem stark sind, dazu auch noch von Ernte zu Ernte, und ein von Japanern in der Kodo-Zeremonie geschätztes Agarholz nun eben nicht einfach mal so in einem authentischen orientalischen Mukhallat-Akkord mit einer heftigen Prise Safran eingesetzt werden kann.

Basen haben wir in ‘Scent and Chemistry’ nicht behandelt, da sie sich zu schnell ändern. Die allermeisten Parfümeure, vor allem die im orientalischen Markt, haben ihre eigenen Oud-Akkorde ausgearbeitet, und passen sie flexibel an das jeweilige Projekt an. Je versierter ein Parfümeur, umso weniger arbeitet er mit Basen. Basen erleichtern einem das Leben, wenn man Mühe hat, einen eigenen Akkord hinzubekommen oder ein Material im Kontext richtig zu platzieren, aber alle Aspekte der verschiedensten natürlichen Oud-Qualitäten lassen sich problemlos mit den vorhandenen Riechstoffen abdecken. Roman Kaiser hat eine der feinsten japanischen Oud-Qualitäten aus einer japanischen Kodo-Zeremonie hervorragend rekonstituiert, eines meiner Lieblingsouds. Ein anderes ist Francis Kurkdjians aktuelles ‘Oud Silk Mood‘, allerdings schon an der Grenze, was den animalischen Charakter anbetrifft, aber super zum Layern. Calice Beckers vanillig-warmes ‘Amber Oud‘ aus dem letzen Jahr für by Kilian ist ein dritter Favorit. Nur diese drei Oud-Noten zeigen die enorme Variabilität auf, darauf reagiert der Parfümeur am besten mit einem flexiblen Akkord.

Durch die IFRA-Regulierung werden immer mehr Riechstoffe von der Palette der Parfumerie gebannt. Häufig müssen Parfums deshalb reformuliert werden.

- Betrifft das nur natürliche oder auch synthetische?

- Es wird manchmal gemutmaßt, dass diese Regulierungen nicht allein Verbraucherschutz sind, sondern auch politische Wirksamkeit von Lobbyarbeit (einerseits der großen Parfum-Hersteller, anderseits der „großen 5“ der Riechstoffindustrie, zu denen Givaudan zählt). Wie stehen Sie dazu?

IFRA-Regulierungen betreffen natürlich sowohl natürliche wie synthetische Riechstoffe, es geht um die chemische Identität einer Verbindung und nicht um ihre Herkunft. Natürlich sind die natürlichen ätherischen Öle exponierter was allergische und sensitivierende Reaktionen anbetrifft. Das hat zwei einfache Ursachen:

1. Natürliche Öle sind komplexe Gemische und so ist auch die Wahrscheinlichkeit, auf einen ihrer Bestandteil allergisch oder sensitivierend zu reagieren, sehr viel größer als bei einer einzigen reinen chemischen Verbindung, also quasi rein statistisch schon.

2. Sind wir Naturstoffen evolutionär viel länger ausgesetzt, so dass etwa unser Immunsystem darauf leichter reagiert, und sich Allergien leichter manifestiert. So ist es auch einfacher auf Katzenhaare eine Allergie zu entwickeln als auf eine synthetische GoreTex-Faser, die unsere Immunabwehr nicht tangiert. Daher reagiert unser Körper etwa heftiger auf Limonenaroma aus Zitronenschalen, als auf ein synthetisches Iso E Super oder Hedion. Die biologische Abbaubarkeit ist natürlich ein anderes Thema.

Jeder in der Industrie sollte ein Interesse haben, dass möglichst viele Menschen Düfte genießen können. Und das heißt, dass die Düfte sicher sind und Spaß beim Tragen machen, also keine Allergien und Hautreizungen verursachen. Toxikologisch waren Düfte eigentlich seit jeher unbedenklich und mir ist nicht bekannt, dass jemand einer an einer Parfümvergiftung gestorben ist. Zu Napoleons Zeiten wurden Eaux de Cologne ja sogar als Arznei gegen die Pest getrunken. Aber Hautallergien sind nun tatsächlich ein ernstzunehmendes Problem. Auch ich selber möchte auch keine, denn ich trage extrem gerne und fast immer Düfte.

Jedes Unternehmen der Branche kann aber bei der IFRA mitmachen und die Beiträge sind proportional zur Unternehmensgröße. Der Vorwurf des Diktates der Großunternehmen zieht daher nicht. In der Tat machen nämlich auch viele kleine Unternehmen mit. Das RIFM, das Forschungsinstitut, auf dem die IFRA-Empfehlungen basieren, ist darüber hinaus unabhängig in seinen Empfehlungen. Anders als staatliche Institute und Behörden kann es hingegen viel einfacher auf Know-How aus der Riechstoffindustrie zurückgreifen, und so eine realistischere Sichtweise entwickeln als etwa EU-Kommissionen und deren Forschungseinrichtungen. Die Mitarbeiter des RIFM sind Parfüm-Spezialisten und erfahrene Analytiker, Toxikologen und Dermatologen.

Leider gibt es übrigens so gut wie keine Parfümerie-Lobby, weil die Konkurrenz der Hersteller und Firmen leider viel zu groß ist. Außerdem war man es einfach nicht gewohnt, in der Riechstoff- und Parfümindustrie Lobbyarbeit zu betreiben. Meiner Ansicht nach kann und konnte aber jeder gute Parfümeur problemlos unter den IFRA-Normen arbeiten. Die internen Normen großer Kunden gehen häufig viel weiter. Das was jetzt in den EU-Kommissionen zur Debatte steht, würde die Kreativität hingegen wirklich massiv einschränken. Dies aufgrund von Lobbyarbeit außenstehender Dermatologen, die wiederum wenig Einblick in Parfümerieformeln und wenig Verständnis von Parfümerie haben. Es ist bedauerlich, dass die Diskussion in Internet-Blogs in der IFRA einen Schuldigen sucht.

Ich bin kein Parfümeur, aber natürlich komponiere ich auch gerne mal ein eigenes Parfums aus Spaß und Freude an ungewöhnlichen und kreativen Düften. Ich kann da für mich eigentlich ja alles rein tun, was ich will. Da ich diese Düfte zum Eigenbedarf verwende, bin ich völlig frei. Dennoch mache ich immer einen IFRA-Check, und manchmal ist in der Tat was nicht konform. Da hatte ich aber noch nie wirklich Mühe, einen guten gangbaren Weg ohne Kompromisse beim Duft gehen zu können. Ein versierter vollberuflicher Parfümeur sollte das noch weniger haben.

Wie wir mittlerweile wissen, sind Anosmien weiter verbreitet als gemeinhin bekannt. Ist das für Ihre Arbeit relevant? Ist die Rücksichtnahme auf Anosmien bei Umgang mit natürlichen oder synthetischen Riechstoffen jeweils mehr oder weniger wichtig?

Der Grad von Anosmien auf Duftmoleküle wird vor jeder Einführung statistisch analysiert, zusammen mit Schwellenwerten, Dampfdrücken, Diffusivität und Substantivität. Es ist heute schwierig ein Duftmolekül mit einer hohen Anosmierate in die Produktion zu bringen, da man Einschränkungen im Einsatzspektrum befürchtet. Obwohl natürlich sehr wichtige Duftbausteine wie beta-Jonon oder Amberketal, das auch als Z-11 berühmt ist, sehr hohe Anosmieraten haben. Wie einfach diese Moleküle es heute hätten in die Parfümerie zu kommen, weiß ich nicht. beta-Jonon als das riechende Prinzip von Veilchen sicher einfacher als Amberketal.

Dennoch soll man Anosmien nicht überdramatisieren. Daniela Andrier ist ja auf Maltol anosmisch, und hat mit ‘Prada Candy‘ gleichwohl den gewagtesten und außergewöhnlich gut ausbalancierten Créme Caramel-Duft kreiert. Sie konnte die Effekte in der Komposition also dennoch wahrnehmen. Anosmisch heißt ja auch eigentlich nur so ein etwa 2 Zehnerpotenzen höherer Schwellenwert. Irgendwann sprechen eben andere Rezeptoren an. Dass ein Duftstoff in jeder Konzentration geruchlos für jemanden ist, ist sehr selten, außer man ist total anosmisch.

Wir, von der Endverbraucherseite, haben bestimmt romantische, nicht realistische Ideen von der Zusammenarbeit zwischen Parfumkreierenden und Riechstoffchemiker/innen.

An dieser Stelle eine kurze Anekdote:

Calice Becker erzählt, dass sie sich, in Erinnerung ihrer Kindheit in einem russischen Haushalt mit Samovarbetrieb rund um die Uhr, einen Tee-Duft wünschte, weshalb sie Ihren Kollegen Roman Kaiser darum bat, einen zu kreieren. Er fing dann die Luft in einem Pariser Tee-Geschäft als Duftprobe ein und nahm das zum Modell. Der neue, persönlich für Calice Becker geschaffene Teeakkord wurde später von ihr in „Tommy Girl“ verwendet.

Arbeiten Sie manchmal so?

Kommen Parfumeure und Parfumeurinnen mit ihren Ideen, Wünschen und Träumen zu Ihnen und dann wird von Ihnen dementsprechend gebastelt? Sind Sie ein Wunscherfüller?

Oder ist das alles viel prosaischer? Hat Ihre praktische Arbeit überhaupt Anknüpfungspunkte zur Parfumerie im Sinne einer Zusammenarbeit, oder findet ein professionelles Anknüpfen auf einer späteren Ebene erst statt?

Wir sind natürlich im ständigen Dialog mit unseren Parfümeuren. Sie sind unsere Kunden und wir schaffen ihnen mit unseren Arbeitsergebnissen zusätzlichen Kreativitäts- und Kreationsspielraum. Die chemische Realisierung eines Parfümtraumes ist aber schwieriger als eine Headspace-Rekonstitution. Ich war selber mit Roman Kaiser in den Wipfeln des Massoala-Primärregenwaldes von Madagaskar. Wir haben tatsächlich auch noch unbeschriebene Unterarten von Duftblumen entdeckt und es ist ungeheuer faszinierend wie originalgetreu man deren Duft mit den bestehenden Parfümbausteinen nachbauen kann. Ein isoliertes Duftmolekül ist jedoch etwas anderes. In einem Parfüm kann ich mit Riechstoffen Effekte realisieren. In einem Molekül habe ich nur dessen chemische Struktur und muss mit unterschiedlichen Affinitäten zu Riechrezeptoren arbeiten. Und selbst für einen Parfümeur ist es extrem schwierig, sich etwas zu wünschen, was er noch nie gerochen hat. Aber es gibt auch viel einfacher zu realisierende Parfümeurs-Wünsche.

Über Sie ist zu lesen, dass Sie die Fähigkeit besitzen, sich beim Anblick einer chemischen Strukturformel den Duft der Verbindung vorstellen zu können. Geht das so weit, dass Sie z.B. auch beim Anblick der Strukturen des transparent-frisch-blumig riechenden Hedions und des Veilchenduftstoffs alpha-Jonon ahnen, dass deren Mischung eher nach Tee als nach Blüten riecht?

Keine Ahnung, wo Sie das herhaben, aber ich erkenne natürlich gewisse Motive in einer Strukturformel und dann kann ich mir den Duft schon so vorstellen, als wenn ich ihn auch wirklich rieche. Was leider manchmal auch dazu führt, dass ich einen Duft mit Formel anders rieche als wenn ich ihn blind rieche. Häufig steckt man so im Design drin, das man Gefahr läuft, sich selbst zu täuschen, wenn man einer Duftidee nachrennt. Das molekulare Design ist aber nicht mit dem Parfüm-Komponieren vergleichbar, dort lernt man Effekte, dort sind viele Riechrezeptoren beteiligt und deren Verknüpfung im Gehirn. Das kann ich mir nicht vorstellen. Nur durch wirkliches Mischen erlernt man solche Kompositionseffekte. Aber gewisse Abstände, Geometrien und Strukturelemente einer Riechstoff-Formel haben ja eine Bedeutung und die kann man quasi “riechen”. Letztlich ein Rezeptoraffinität, aber eben manchmal riecht es im Geiste anders als dann in Realität. Das kommt durchaus auch recht häufig vor.

Alle unsere Interviews mit Parfum-Profis schließen wir ab mit der Frage, was deren liebste Düfte sind und welche Parfums der Parfumeriegeschichte sie persönlich am meisten schätzen. Welches sind Ihre liebsten Düfte und warum?

In meiner Riechstoff-Vorlesung an der ETH Zürich und der Universität Bern zeige ich begleitend pro Stunde um die 12-16 Düfte, also zusammen sicher über 200 Duftproben, die ich für absolut unverzichtbar halte. Ich glaube auch nicht, dass eine Person immer nur eine Duftvorliebe wie Chypre oder Fougère hat, oder dass es für jeden nur einen perfekten Duft gibt. Ähnlich wie man Sportzeug und Smoking hat, so sollte man eigentlich zu jeder Familie und Duftrichtung einen Duft in seiner Garderobe haben.

Sicherlich mal einen Moschus, und bei mir ist das zur Zeit Guillaume Flavignys ‘The One Sport‘ (Dolce & Gabbana, 2012) wegen der genialen Beifuß-Schattierung, der herausragenden Diffusivität und der für einen frischen Tonic-Musc außergewöhnlich guten Haftkraft.

In diesen Zeiten der Eichenmoos-Restriktion begeistert mich natürlich Olivier Pescheuxs Evernyl-Überdosis in ‘Legend‘ von Montblanc, das Zusammenspiel von Pomarose und Evernyl ergibt für mich den eleganten Duft schwarzer Tinte, irgendwie sinnlich und ungewöhnlich, und außergewöhnlich eichenmoosig sowieso.

Mein Lieblingsorangenblüten-Duft ist Rodrigo Flores-Rouxs ‘Artisan‘ (John Varvatos, 2009), der übrigens auch seine eigene liebste Kreation ist, wegen einer für Orangeblüten-Noten extremen Strahlkraft und Sillage; und auch dem extrem sinnlichen Moschus-Fond. Für mich noch immer das beste Cologne auf dem Markt.

Mein Lieblings-Fougère ist Rodrigo Flores-Rouxs und Ellen Molners ‘CK free‘ (Calvin Klein, 2009), weil der Trockenfrüchte-Trend im Cool Water-Kontext strahlt, somit understatingly maskulin und zugleich trendig. Bei Ambra schwanke ich zurzeit zwischen Geza Schöns außergewöhnlich schönem  ‘Escentric 02‘ (Escentric Molecules) und Jacques Polges ‘Allure Homme Edition Blanche‘ (Chanel) beide aus dem Ambra-Jahr 2008 und dementsprechend beide mit tollen Ambrox-Überdosen.

Bei Sandelholz ist mein Favorit Antoine Lies ‘Wonderwood‘ (Comme des Garcons, 2010) wegen des Zusammenspiels von Javanol und Pashminol – absolut steroidale, fast schon als testosteronig zu bezeichnende Sandel-Note.

Bei Vetiver finde ich den klaren und dennoch weich vibrierenden Akkord von Cumarin und Vanillin in Jean-Claude Ellenas minimalistischem ‘Vetiver Tonka‘ (Hermessence, 2004) unübertroffen.

Und für seine tolle Champagner-Note, die wirklich prickelnd ist, liebe ich noch immer ‘Unforgivable‘ (Sean John). Bei Weihrauch halte ich den schon erwähnten ‘Loewe 7‘ (Loewe, 2010) für bahnbrechend, vor allem auch wegen der vollkommen ausbalancierten Komposition von nur 7 Riechstoffen, und dem modernen Kontext in dem Weihrauch hier präsentiert wird, so dass man nicht wie nach einen Kirchgang duftet.

Bei den Nischendüften sehe ich zur Zeit einerseits Olivier Cresps ‘Flash Back‘ aus diesem Jahr, wegen des genialen Akkords von Apfel, Vetiver und Gardenol, und andererseits Bertrand Duchaufours ’Fusion Sacrée Lui‘ (Sculptures Olfactives, 2012), wegen des verrückten aber genial guten Sellerie-Kontrastes gegen Karamell und weißen Kaffee besonders herausstechend – auf eine Art wie ein ‘Prada Candy for Men’.

Ihre super-aufschlussreichen und spannenden Antworten, die Parfumo ein ziemlich gutes Bild Ihrer Arbeit an einem Hot Spot der Parfumerie  geben, sind sehr wertvoll – danke. Diese Inside-Perspektive macht Lust auf mehr Infos (und damit auf „Scent and Chemistry – The Molecular World of Odors”) sowie auf riechendes Nachrecherchieren der von Ihnen genannten Parfums… die Liste, mit der wir das nächste Parfumgeschäft stürmen, ist ordentlich groß… vielen Dank!

Philip Kraft ist seit 1996 Riechstoffchemiker bei Givaudan, dem weltweit größten Hersteller von Duftstoffen, Aromen – und Parfums: ca. 30 % aller Neuerscheinungen pro Jahr stammen von Givaudan-Parfumeuren. Kraft ist für die Synthese neuer Riechstoffe verantwortlich. Weiterhin ist er Dozent an der Hochschule Bern und der ETH Zürich.

Er ist Erfinder bzw. Miterfinder zahlreicher Duftstoffe, darunter das nach Maiglöckchen riechende Super Muguet („Marc Jacobs Men“), der marine Duftstoff Azuron („Oscar Marina Spirit“, „Sécrétions Magnifiques“), das fruchtig-rosige Pomarose (“Be Delicious for Men“, “1 Million“, “CK free“), die Moschusverbindungen Serenolide (“(untitled)“)und Sylkolide und das nach schwarzer Johannisbeere riechende Cassyrane.

2011 brachte er zusammen mit Wilhelm Pickenhagen von Symrise das Buch „Scent and Chemistry – The Molecular World of Odors“ heraus, eine Neuauflage und Erweiterung des Standardwerks „Scent and Fragrances“ des Firmenich-Riechstoffchemikers Günther Ohloff.

 Louce & Ronin für ParfumoBlog

Fifi Awards 2013: So duftet Kreativität

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Fifi Awards 2013Am 11. April wurden die begehrten Fifi-Awards in Paris verleihen. Insgesamt wurden 9 Parfums und eine Marke ausgezeichnet. Moderiert wurde die Veranstaltung von Sabine Chabbert, Vorsitzende der Frangrance Foundation Frankreich und Thomas Misrachi, Journalist des französischen Fernsehsenders BFM -TV.

Alle Parfums der Bereiche „selektive Distribution“ und „breite Distribution“, wurden von einer Fachjury, bestehend aus professionellen Parfum-Experten, Mitgliedern der Fragrance Foundation sowie Journalisten und Bloggern, bewertet. Auch die Öffentlichkeit hatte die Möglichkeit, per Internet abzustimmen.

Unter den 14 Preisen, bei denen Kreativität und Innovation Hauptkriterien waren, gingen 4 an La Petite Robe Noire von Guerlain und 2 Preise anSpicebomb von Viktor & Rolf im Bereich „selektive Distribution“. Am Ende des Abends einigte sich das Publikum noch auf einen Gewinner in der Kategorie „Prix du Parfum Mythique“. Dazu gehören Klassiker, die seit mindestens 20 Jahren auf dem Markt und immer noch unter den Top 30 der in Frankreich meistverkauften Düfte sind.

Der große Gewinner der Kategorie „Damenduft“
Ganz wie „Elie Saab Le Parfum“ (BPI) im letzten Jahr heimste diesmal ein Parfum sämtliche Preise (Damenduft des Jahres, beste Werbekommunikation und bestes Design) der Kategorie „Damenduft selektive Distribution“ ein: „La Petite Robe Noire“ von Guerlain (LVMH), kreiert von Thierry Wasser aus dem Hause Guerlain. Der prämierte Werbespot, untermalt von einem mystischer Musik von Nancy Sinatra, wurde von der Agentur Küntzel+Deygas realisiert.

Mit 21,4% aller Stimmern der Fachjury und 26% der Öffentlichkeit gewann „La Petite Robe Noire“ von Guerlain mit deutlichem Vorsprung. In der Kategorie „Werbekommunikation“ wird der Sieg mit 43% aller Stimmen besonders deutlich. 17,2% gaben dem klassisch aussehenden Flakon in moderner Optik ihre Stimme für das beste Design. „Bei diesem Duft waren sich die Fachjury die Öffentlichkeit völlig einig“, meint Sabine Chabbert.

Weitere Gewinner
Bester Damenduft im Bereich „breite Distribution“ wurde VIP pour Elle von Playboy (Coty Beauty) aus dem Hause IFF.

Als bester Damenduft, der unter seinem Eigennamen vertrieben wird, wurde So Elixir Purple von Yves Rocher , kreiert von Marie Salamagne (Firmenich), ausgezeichnet.

Spicebomb von Viktor & Rolf (L’Oréal Luxe), entworfen von Olivier Polge von IFF, bekam gleich zwei Preise : den für den besten Herrenduft und den fürs beste Design.

Only The Brave Tattoo von Diesel (L’Oréal Luxe), kreiert von Alberto Morillas und Honorine Blanc aus dem Hause Firmenich, gewann mit 13% den Publikumspreis.

Die Werbekommunikation von Kenzo Homme Sport von Kenzo (LVMH) wurde von der Fachjury als beste empfunden.

Bestes Parfum im Bereich „breite Distribution“ wurde The Essence“ von David Beckham (Coty Beauty), aus dem Hause IFF.

Bestes Herrenparfum, das unter seinem Eigennamen vertrieben wird, wurde L’Eau Universelle von L’Occitane, das aus der Zusammenarbeit mit dem Parfumeur Mathieu Nardin von Robertet entstand.

Bestes Parfum im Bereich „selektive Distribution“ war für die Fachjury ohne Frage Volutes von Diptyque. Die Inspiration zu diesem Duft erfolgte durch eine Reise von Marseille nach Saigon. Der Parfumeuer Fabrice Pellegrin, aus dem Hause Firmenich kreierte daraus eine Komposition mit Tabak-Honig-Note.

Den Preis für das beste Konzept erhielt die Marke Olfactive Studio.

Der Prix du Parfum Mythique 2013
Der große Gewinner dieser Kategorie ist „Shalimar“ von Guerlain, der aus 15 nominierten „historischen“ Düften als Sieger hervorging.

Text und Bilder: beautypress.fr

Der 30.000. Kommentar

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30000Parfumo verlost zum runden Jubiläum von „Casino Parfuem Saxonia“ gestiftete Parfum-Deos für Arbeit im Schweiße des Angesichts verfasste Duft-Kritiken

Und wieder gibt es auf Parfumo allen Grund zum Feiern: Unter dem Titel „Wir haben uns auseinandergelebt“ verfasste Yvandriel den 30.000. Parfumo-Kommentar. Dieses runde Jubiläum wollen wir mit der Verlosung von je 24 Dosen „Casino Action for Man“ und „Casino Action for Woman“ krönen.  „Action“ ist eine Kultmarke aus der ehemaligen DDR.

Die Preise hat uns „Casino Parfuem Saxonia“ dankenswerter Weise zur Verfügung gestellt. Bereits 1963 begann die Geschichte des Originals aus Sachsen. Und zu DDR-Zeiten waren schon gute Beziehungen notwendig, um ein Exemplar des begehrten Ost-Klassikers zu erhaschen, der im Volksmund den Beinamen „Duft der Chefsekretärin“ trug.

Statt Beziehungen braucht es nun das nötige Quentchen Glück, denn alle Parfumos, die eine Nachricht an den Benutzer Parfumo schicken, landen in der Lostrommel. Yvandriel ist ihr Preis für ihren Beitrag zu „Versace von Versace“ bereits sicher.

Nun geben wir den Start für Fortuna frei, und freuen uns mit Euch auf die nächsten im Schweiße des Angesichts verfassten 10.000 Parfumo-Kommentare.

>> Casino Parfuem Saxonia im Internet

Jella für ParfumoBlog

„Dreckig bleiben“ – die Geschichte hinter der Geschichte eines außergewöhnlichen Parfüms

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Wenn ein Duft den Namen „Dreckig bleiben“ trägt, zieht er unwillkürlich die Aufmerksamkeit auf sich. Wenn dieser Duft dann noch mit dem Untertitel „eine fein abgestimmte Absage an die Oberflächlichkeit“ lanciert wird, im „Elternhaus“, einem kleinen Hamburger Label für handgemachte Textilien, beheimatet ist, und von Parfümeur Mark Buxton geschaffen wurde, dann ist das für „Parfumo“ Grund genug, sich für die Geschichte und die Geschichte hinter der Geschichte von „Dreckig bleiben“ zu interessieren.

Stefanie und Daniel auf dem Stufen des "Elternhaus"

Stefanie und Daniel auf dem Stufen des “Elternhaus”

Stefanie Mayr und Daniel Plettenberg sind die Macher des Labels „PMP Perfumes Mayr Plettenberg“. Im „Elternhaus“ beantworteten sie ganz entspannt Fragen zur Entstehungsgeschichte ihres duftenden Erstgeborenen.

Parfumo: Wie entstand eure Idee „Dreckig bleiben“ herauszubringen?

Daniel Plettenberg: Ich bin ein Parfumjunkie und Inhaber einer Markenberatungsfirma. Mit dem Launch von Chanels „Allure“ in Deutschland konnte ich Hobby und Beruf erstmals unter einen Hut bringen. In einem Buch von Luca Turin stolperte ich über den Namen eines Duftes, den er als „einen der wichtigsten Düfte des Jahrzehnts“ hervorhob.  Es handelte sich dabei um „MoslBuddJewChristHindao“, dessen Name sich auf die fünf wichtigsten Weltreligionen bezog. Mir war klar: den muss ich haben. So führte mich der Weg ins „Elternhaus“, das diesen Duft 2005 lanciert hatte. Doch durch einen Besitzerwechsel des Geschäfts war die Produktion meines angepeilten Musthaves eingestellt worden. So kam ich zwar nicht mehr in den Genuss einer Duftprobe, lernte dafür aber glücklicherweise Stefanie Mayr, die neue Inhaberin, kennen. Zwischen uns wuchs eine Freundschaft. Und nach dem dritten Treffen auch der Wunsch ein gemeinsames neues Parfümprojekt ins Leben zu rufen.

Stefanie Mayr: Bis zu dem Zeitpunkt hatte ich mich darauf konzentriert Kleidung und Gebrauchsgegenstände neu zu definieren, ihnen neue Bezüge zu geben. Dabei ging und geht es immer darum, über Textilien und Accessoires Haltung und Verständnis zur Welt zur transportieren. Der alte Punkspruch „dreckig bleiben“ spielte dabei schon immer eine große Rolle. Er drückt meine Grundeinstellung zum Leben aus. Denn „dreckig bleiben“ steht für authentisch bleiben, bleiben wie man ist, und sich nicht verbiegen lassen. Diese Lebenseinstellung habe ich seit meiner Jugend. „Dreckig bleiben“ ist aber auch der Slogan der linken Szene, die sich gegen die Räumung des Bauwagenplatzes „Bambule“ im Hamburger Karolinenviertel gewehrt hat, auf dem ich selbst in einem LKW gelebt habe.

Daniel Plettenberg: Spontan war uns klar DAS ist der Name des Parfums, das bisher nur in  unseren Köpfen existierte. Dieser Name brachte automatisch zweierlei mit sich: Soll kein Spassartikel daraus werden, braucht es einen namhaften Parfümeur.  Als Markenstratege machte er mir anfangs aber auch graue Haare. Denn Menschen sind durch die Werbung darauf konditioniert zu assoziieren, sie würden durch das Tragen eines Parfums mit einem besonders wohlklingenden Namen zum Partylöwen oder zur Partyqueen mutieren. „Dreckig bleiben“ hingegen will genau das nicht vorgaukeln, sondern die eigene Haltung transportieren, ein mutiges Statement abgeben, und so eine Art Stolperstein sein.

Parfumo: Welche Vorstellung hattet ihr davon, wie „Dreckig bleiben“ riechen soll?

Stefanie Mayr: Die zentrale Note sollte Rauch sein. So wie die vielen offenen Feuer der „Bambule“ riechen, ohne dabei die eher befremdliche Note rauchgeschwängerter Klamotten in sich zu tragen.

Daniel Plettenberg: Unser Bild ist gleichbedeutend damit, an einem schönen Sommerabend mit Freunden beim Wein am Lagerfeuer zu sitzen. So wie man ist. In den abgewetzten Klamotten die man liebt. Einfach nur man selbst sein. Bis zum frühen Morgen feiern und genießen.

Ganz entspannt beim Parfumo-Interview: Stefanie Mayr und Daniel Plettenberg

Ganz entspannt beim Parfumo-Interview: Stefanie Mayr und Daniel Plettenberg

Parfumo: Wie kam der Kontakt zu Mark Buxton zustande?

Stefanie Mayr: Mark hatte ja schon für das alte „Elternhaus“ „MoslBuddJewChristHindao“ geschaffen. Da lag es nahe, ihn zu fragen, und ihm unsere Idee vorzustellen.

Daniel Plettenberg: Mark hat unsere Idee sofort verstanden, war davon so begeistert, dass er sofort ja gesagt hat. Und das obwohl wir ihm von Anfang an sagten, dass wir kein großes Budget zur Verfügung haben.

Parfumo: Wie ging es dann weiter?

Daniel Plettenberg: Wir haben alles Weitere gleichzeitig angeleiert. Ohne zu verhehlen, dass jeder, der sich an dem Projekt beteiligt, keine Reichtümer daraus schöpfen wird. Alle, die mitmachen, tun es aus Überzeugung und für die Sache, nicht für Geld. Die Designfirma Hajok stellte uns Designer frei, Elektropunk T. Raumschmiere schuf die Musikskulptur für unsere Website, die New Yorker Fotografin Janine Gordon überließ uns Fotos für Werbezwecke.

Parfumo: Wie sah Designprozess aus?

Daniel Plettenberg: Holz ist ein essenzieller Teil von „Dreckig bleiben“. Verbranntes Feuerholz, das übrig bleibt, wenn die Glut verglommen ist. Das sollte sich auch im Design spiegeln. Deshalb bestehen die Flakondeckel  aus Holzbohlen, die aus bis zu 500 Jahre alten Fachwerkhäusern stammen. Eine Schreinerei in Gatow, die auf die Sanierung solcher Bauten spezialisiert ist, stellt diese schwarz eingefärbten Unikate für uns her.

Aufgereihte "Dreckig bleiben" - Flakons

Aufgereihte “Dreckig bleiben” – Flakons

Parfumo: Wie viele Entwicklungsstufen durchlief „Dreckig bleiben“, und wie viel Zeit verging dabei?

Stefanie Mayr:  Neun plus eins. Eigentlich hat uns schon Marks erster Vorschlag vor Begeisterung fast umgehauen. In jedem weiteren Schritt hat er weiter daran gefeilt. So wurde die Kopfnote dann zitrischer und die Basis vanilliger.

Daniel Plettenberg: Die ersten neun Entwicklungen besaßen EdT-Stärke. Wir haben uns dann gefragt, was passiert, wenn wir die Konzentration auf die eines Eau de Parfum erhöhen. Die Antwort auf diese Frage liegt nun in 999 Flakons abgefüllt vor. Unser Baby brauchte exakt neun Monate um auf die Welt zu kommen. Das erste Drittel der „Schwangerschaft“ war der Arbeit von Mark vorbehalten. Das zweite Drittel verging mit dem Design und das dritte Drittel mit der Produktion.

Parfumo: Wo wird „Dreckig bleiben“ produziert?

Daniel Plettenberg: In einer kleinen Manufaktur im berühmten südfranzösischen Grasse.

Parfumo: Was bedeutet „Dreckig bleiben“ für euch persönlich?

Daniel Plettenberg: Wenn ich morgen tot von der Leiter fallen sollte, habe ich mir mit diesem Projekt einen Lebenstraum verwirklicht.

Stefanie Mayr: Wir haben so viel dabei gelernt. Haben gesehen, wie man auch an kleinen Dingen wie einer Schachtel scheitern kann, die nicht mit der Einschweißmaschine kompatibel ist. Beeindruckend war für uns vor allem, das grundverschiedene Menschen durch so ein Projekt Gemeinsamkeiten entdecken können.

Daniel Plettenberg: Stimmt! Das liegt wohl daran, dass es dabei um Lebensphilosophie und Herzblut, und nicht um das Business geht.

Das "Elternhaus" im alternativen Hamburger Karo-Viertel

Das “Elternhaus” im alternativen Hamburger Karo-Viertel

Parfumo: Wird es eine zweite Auflage von „Dreckig bleiben“ geben?

Stefanie Mayr: Wir werden es uns nicht verbieten in eine neue Auflage zu gehen. Zumal wir nach so kurzer Zeit, der Duft ist ja erst seit Anfang April dieses Jahres auf dem Markt, auch schon Anfragen aus L. A., London und Paris vorliegen haben.

Parfumo: Wie würdet ihr „Dreckig bleiben“ charakterisieren?

Daniel Plettenberg: Als anfangs etwas struppig. Wie eine Katze, die zuerst die Krallen ausfährt, und sich dann aber ganz warm anschmiegt.

Stefanie Mayr: Als ein Parfum für Duftverrückte. Als Aufruf hinter die Fassade zu gucken. Als Metapher dafür auf dem Boden zu bleiben, wahrhaftig und wirklich zu sein.

Parfumo: Wo ist „Dreckig bleiben“ erhältlich und was kostet ein Flakon?

Stefanie Mayr: Wir arbeiten nur mit ausgewählten inhabergeführten Parfümerien zusammen. Außer bei uns im „Elternhaus“ in der Marktstraße 29 in Hamburg und online über www.dreckigbleiben.com ist „Dreckig bleiben“ über diese Parfümerien zu beziehen:

Parfümerie Lubner, Hamburg

Parfümerie Belle Rebelle, Berlin

Volls, Darmstadt

Parfümerie Edith Lücke, Trier.

Der 50-ml-Flakon Eau de Parfum kostet 120 Euro.

Parfumo: Könnt ihr Euch vorstellen noch weitere Düfte herauszubringen?

Daniel Plettenberg: Aber natürlich! Unser Hirn brodelt jetzt schon und wir sammeln Inspirationen. Wie wir das dann verwirklichen wissen wir noch nicht, aber wir sind schon mal kreativ.

Parfumo: Vielen Dank für das Interview. Es hat Spaß gemacht mit euch zu plaudern. 

Das Interview führte Jella

Der große Evolutionsvorteil: Eine Nase, die Jicky riechen kann

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Vor gut 40.000 Jahren riecht eine Homo sapiens-Frau an einer essbaren Wurzel. Was riecht sie? Mehr oder weniger oder anders als wir heute? Ganz sicher mehr und anders als ihr nur wenige Kilometer entfernt lebender Nachbar, ein Neandertaler. Sein Geruchsvermögen unterscheidet sich von dem der Nachbarin.

Wahrscheinlich gibt es viele einzelne Qualitäten, die als Gründe daran mitwirkten, dass die Homo sapiens-Frau unsere Ur-ur-ur-usw-Oma wurde und dass ihr Nachbar es nicht in unsere Ahnengalerie schaffte: Zum Beispiel hatte unser Vorfahr, der anatomisch moderne Mensch, ein viel größeres Talent zur Sprache. Es wurden zwar Zungenbeine in Neandertal-Knochenfunden identifiziert und das für Sprache offenbar grundlegend wichtige Sprach-Gen FOXP2 in Neandertaler-DNA sequenziert, aber es ist ziemlich sicher, dass die Sprache der Neandertaler nicht besonders komplex war und dass hingegen das große Homo sapiens-Talent zur Entwicklung einer außerordentlich differenzierten Sprachverständigung einer der Faktoren war, die einen entscheidenden Vorteil ausmachten. Ein anderer war wohl, dass sich die Homo sapiens-Menschen fröhlich und eifrig fortpflanzten, während ihre seit über zweihunderttausend Jahren entfremdeten Verwandten nicht so erfolgreiche Reproduzenten waren und ihre Kinder auch noch ein ganzes Jahr länger an Mutters Brust genährt werden mussten.
Der Homo sapiens baute und benutzte kompliziertere Werkzeuge, ersann trickreichere Jagdtaktiken und hatte insgesamt einfach originellere, schlauere Ideen. Im Vergleich dazu war dann die größere körperliche Robustheit des Neandertalers kein entscheidender Vorteil.

Mit freundlicher Genehmigung des Neanderthal-Museums in Mettmann http://www.neanderthal.de/

Mit freundlicher Genehmigung des Neanderthal-Museums in Mettmann http://www.neanderthal.de

Bis vor rund 45.000 Jahren war der Homo neanderthalensis die dominierende Menschenart in Europa. Dann wanderte der anatomisch und genetisch modernere Homo sapiens aus Afrika ein, der mit dem Homo neanderthalensis gemeinsame Vorfahren hatte, sich aber eigenständig und anders entwickelt hatte als die ersten Europa-Auswanderer, aus denen der Neandertaler wurde. Wenige Jahrtausende nach dem Einwandern der Newcomer starb der Neandertaler aus. Warum genau das passierte, ist nicht klar. Krieg oder Eiszeit waren nicht die Gründe… angenommen wird ein Potpourri aus einzelnen Fähigkeiten und angelegten Entwicklungen, die den Homo sapiens ungeheuer fit und im Vergleich viel fitter machten.
Ein weiteres Teilstück dieses Potpourris – und wie es aussieht ein ziemlich wichtiges – wurde kürzlich von Paläoanthropologen gefunden:
Der Homo sapiens konnte viel besser riechen als der Neandertaler!
Zu diesem Ergebnis kommt die Studie einer internationalen Forschergruppe in einem Ende 2011 veröffentlichten Bericht über die vergleichende Analyse der Gehirnformen von beiden Arten. Mit dreidimensionaler Computerrekonstruktion (3D-Morphometrie) wurden die inneren Strukturen fossiler menschlicher Schädel dargestellt, wodurch anhand der anatomischen Form der Schädelbasen auch die Gehirnformen rückschließend erkannt werden konnten. Es zeigte sich, dass nicht nur die für Sprache, Gedächtnis und soziale Fähigkeiten wichtigen Schläfenlappen, sondern ebenso auch die Riechlappen mit dem Riechkolben (Bulbus olfactorius), beim Homo sapiens größer waren als bei Neandertalern.
“Die Gehirnstrukturen, die Geruchsinformationen empfangen, sind bei Homo sapiens ungefähr 12 Prozent größer als bei Neandertalern“¹ wird in der Arbeit festgestellt.
Die an der Uni Tübingen lehrende Prof. Dr. Katerina Harvati war Teil dieses Teams und erklärte gegenüber Archäologie online: “Im Gegensatz zu anderen Säugetierarten wurde das Geruchsvermögen bei Primaten und Menschen bisher als ein relativ unbedeutender Wahrnehmungssinn angesehen. Unsere Untersuchungen zeigen, dass die Bedeutung des Geruchssinnsinn der Entwicklung unserer eigenen Art, vor allem hinsichtlich der sozialen Evolution, neu beurteilt werden muss.”²

Der Geruchssinn ist, wie wir wissen, der einzige, der seine Informationen erst in das limbische System und danach in den Cortex liefert. Alle anderen Sinne landen ohne Umweg im kortikalen Bereich, wo Kognition stattfindet. Geruchsinformation wird erst verwertet in Hypothalamus, Hypophyse, Amygdala und Hippocampus… und hat damit einen Einfluss auf Hormone, Gefühle, Erinnerungen und Laune. Dass dadurch ganz viele unbewusste Sachen passieren (also solche, die mir auch nicht bewusst werden, wenn ich darum weiß… wirklich und grundlegend unbewusste) und dass damit Funktionen erfüllt werden, die über Geruchswahrnehmung steuer- oder beeinflussbar sind, auch ohne dass der Mensch irgendwas davon bewusst wahrnimmt, ist schon an mehreren Stellen der Beschäftigung mit dem Riechen bei Parfumo Thema gewesen. Die Neurowissenschaft verwendet den Begriff „höhere olfaktorische Funktionen“ für die Gehirnfunktionen, die das menschliche Denkvermögen (Gedächtnis, Intuition, Wahrnehmung, Urteilsvermögen) und den Geruchssinn kombinieren.

Dass ein Riechen, das zu diesen „höheren olfaktorischen Funktionen“ besser oder überhaupt befähigt, den Homo sapiens in distinktem Maße auszeichnet und ein tatsächlich wichtiger Grund für seine evolutionäre Star-Rolle ist, konnte durch die vergleichende Studie von Prof. Dr. Harvati und ihren Kollegen/Kolleginnen sichtbar werden.
Die Vorteile dieser zwölf Prozent besseren Riechens waren ungeheuer wichtig:
Das, was dem Homo sapiens möglich wurde, war nicht einfach nur, dass er eine essbare Wurzel besser erkennen konnte… vielmehr wurde ihm eine enorme Bandbreite an Emotion, Erinnerung, Motivation, Neugier, Angst und Freude möglich.

Sein Riechen war Teil seiner ungeheuren sozialen Kompetenz. Sie wurde durch das große Riechvermögen entscheidend unterstützt.
Diese olfaktorische Unterstütztung wirkt bei Partnerwahl, familiärer und anderer sozialer Bindung, sozialem Einfühlen und Verstehen. Ob das mit Pheromonen stattfindet, wie z.B. bei Insekten, ist zweifelhaft und bislang konnte kein menschliches Pheromon identifiziert werden. Dass aber pheromonartig wirkende geruchliche Botenstoffe den Menschen ungemein stark beeinflussen, ist unumstritten.
Diese Fähigkeit zu größerem, besserem Riechvermögen und damit zu einer komplexeren Interaktion mit der Umwelt, vor allem der sozialen und zu olfaktorischer Kommunikation mit ihr ist ein Merkmal, dass den Homo sapiens von seinem Neandertaler-Nachbarn unterschied.
Der eine starb aus…
… der andere komponierte einige Zeit später Jicky.

¹http://idw-online.de/de/news455744
²http://www.archaeologie-online.de/magazin/nachrichten/homo-sapiens-verfuegt-ueber-besseren-geruchssinn-als-der-neandertaler-19515

Dieser kurzer Überblick aus der Parfumo-Perspektive entstand mit der superfreundlichen und hilfreichen Unterstützung von Dr. Monika Doll vom Paläoanthropologie-Team am
Institut für Ur- und Frühgeschichte und Archäologie des Mittelalters/HEP – Senckenberg Center for Human Evolution and Paleoecology in Tübingen. Vielen Dank!

Literatur:
Bastir M. , Rosas A., Gunz P., Pena-Melian A., Manzi G. , Harvati K., Kruszynski R., Stringer C., Hublin J.-J. 2011. Evolution of the base of the brain in highly encephalized human species. Nature Communications 2:588
Harvati K. 2012. Der Geruchssinn. In: Von Sinnen: Wahrnehmung in der zeitgenössischen Kunst. Kunsthalle zu Kiel, Kerber Art, S.72-73.

Louce für ParfumoBlog

 

Immer der Nase nach – Treffen und Interview mit Erik Kormann

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Wenn man in Berlin immer der Nase nach geht, führen einen die Duftspuren ziemlich sicher zu echt Berliner Orten:

Unweigerlich navigieren Knoblauch- und Bratenduft zu einer Dönerbude. Tee, Hanf und Patchouli wehen aus Kreuzberger Hinterhöfen, wo lauter Kreative irgendwelchen alternativen Ideen und Handwerken nachgehen und die Knotenpunkte des ÖPNV wie der Alexanderplatz riechen nach Stress, Hektik, Schweiß und einem Gemisch von günstigen Mainstreamparfums. Kommt man aber ins Umfeld der Hackeschen Höfe mit den wunderschönen Jugendstil-Klinkerfassaden, riecht man plötzlich fruchtig-holzig-kuscheliges Javanol und Seife.

Diesem Wohlgeruch folgend führt einen die Duftspur direkt zum Ladengeschäft von  „1000 & 1 Seife“ (http://www.1001seife.de) und zum Parfumeur Erik Kormann, dem Verfasser des Aromatischen Blogs (http://www.aromatisches-blog.de/) und zurzeit leidenschaftlichen Jünger des glanzvoll duftenden Javanols.

EK Band01

Erik Kormann besteht darauf, kein Parfumeur zu sein. Er sagt „Parfumeur… das heißt, dass man jahrelang gelernt hat, Duftbausteine zu erkennen und zu kombinieren, dass man natürliche Noten übersetzen und zerlegen und sie gewissermaßen „blind“ wieder aufbauen kann. Wer das kann, ist ein Parfumeur. Ich hingegen mache nur Parfum.“

Wir aber finden, dass einer, der Parfum macht, sehr wohl ein Parfumeur ist und freuen uns, heute die Nase hinter Düften wie z.B. „Eau de Fröhliche“ 1 und 2 sowie „September“ zu treffen, mit ihm über Parfumkomposition zu sprechen, über natürliche und synthetische Noten und darüber, was einen dazu bringt, eine abstrakte Duft-Idee so reizvoll zu finden, dass man sie konkret umsetzen will, dass man etwas entstehen lässt, was ganz real  und sinnlich greifbar dem am Anfang stehenden bloßen Gedanken entsprungen ist.

Duftliebe in der Nische

Der sympathische Erik Kormann hat sich heute extra Zeit genommen für uns… und die brauchen wir auch für exzessives Riechen an einzelnen Noten, vertieftes bis versessenes Fachsimpeln und lebhaftes Gespräch, manchmal begeistert plapperig, manchmal nachdenklich und methodisch planvoll.

Er reicht seinen Arm im Javanol-getränkten Jackenärmel zum Schnuppern über den Tisch und erzählt, wie ihn diese Note fasziniert hat, wie ihn dieser eine Geruch so fesselte und inspirierte, dass daraus ein Parfum entstehen musste: sein „September“: „Ich liebe Javanol! Mein „September“ ist das Resultat echter Duftliebe!“ Er erzählt uns von der spannenden Entwicklungsarbeit an „September“, von seiner Suche, seinen Wegen und Irrwegen, bis er die optimale Lösung für sein Herzensprojekt fand – und kürzlich auf ein Echo traf, dass ihn zutiefst berührte, bestätigte und aufs Neue inspirierte: Das Feedback von Philip Kraft, dem superprominenten Duftchemiker von Givaudan. Wir finden seine Erzählung hiervon so dermaßen interessant, dass wir spontan beschließen, hierzu ein Extra-Feature für den Parfumo-Blog zu machen. In Bälde wird aus unseren Notizen der spannende „September“-Report entstehen.

Mit einer solchen Konsequenz einer Duftliebe nachgehen zu können, ist wohl der Nischenposition vom „Aromatischen Blog“ geschuldet – an Nischigkeit ist das Label nämlich kaum zu überbieten. Ohne riesiges Kapital und professionelle Hypervernetzung im Hintergrund arbeitet Erik Kormann mit dem Material, dass ihm in vergleichsweise verschwindend kleinen Mengen zur Verfügung steht. Ist das nur Beengung oder auch – wie wir angesichts des kolossalen Javanol-Flashs in „September“ vermuten – Freiheit?  „Zum einen ist es einschränkend, weil ich nicht hektorliterweise dies und das einfach ordern kann, weil ich mich im Rahmen der Anmeldung meiner Rahmenrezeptur bewegen muss  - was bedeutet, dass bei jedem neu eingesetzten Duftstoff behördlicher Aufwand entsteht. Zum anderen macht Not erfinderisch und ich kann Schätze entdecken, wie zum Beispiel das Rosenöl in „Eau de Fröhliche Nr. 2“, was mir von meinem 88jährigen Onkel aus Bulgarien mitgebracht wurde oder das Fass des einzigartigen Weihrauchs, das auf wundersamen Wegen zu mir fand. Zum anderen bin ich frei, jede Idee umzusetzen: Ich kann mit Parfums meinen Lebensunterhalt eh nicht bestreiten, muss also auch nicht auf einen großen Umsatz schielen. Es ist einerseits Behinderung und andererseits Quelle für Kreativität.“

EK Band 03

Demokratiserung des Parfums

Wir fragen, warum er einen Blog über Parfum und dessen Rohstoffe schreibt. Für ihn hat das, sagt Erik Kormann, etwas mit Authentizität und Ehrlichkeit zu tun. Und das sei beim Thema Parfum eher die Ausnahme: „Für Parfums besteht immer eine große Kitschgefahr – man schaue sich nur so manche Flakons an! Zum Kitsch kommt dann noch konstruierte Mystik, z.B. mit den  Inhaltsstoffen, der Geheimniskrämerei um die Mixtur, den Legenden um die Entstehung und das alles. Aber der Zauber von Parfum braucht keine Geheimniskrämerei. Ich möchte, dass möglichst viele nachvollziehen können, was ich mache und wie meine Parfums entstehen. Wo die Duftstoffe herkommen, wie ich sie verwende. Und ich möchte, dass auch andere selbst Duftstoffe mischen und ihre Erfahrungen machen.“

Der Blog gibt den Blick frei auf die direkte Arbeit des Parfumeurs Kormann, aber er stellt auch noch viel mehr dar: Übergreifendes Parfumwissen, gut recherchierte wie interessante Einzelfakten und Begreifen von Zusammenhängen – und das alles sprachlich höchst genießbar, witzig und klar dargestellt. Als Ronin das erwähnt, schaut Erik Kormann kurz zur Tischplatte und murmelt: „Ich schreib halt das, was mich gerade beschäftigt.“

Da muss Chemie rein!

Wie kam er eigentlich zur Parfumerie? Führte seine Biographie zwangsläufig zur Werkbank mit hunderten von Fläschchen und Pulvern? „Ganz und gar nicht, ich war nämlich nacheinander Tischler mit dem Ziel Arbeitstherapeut, archäologischer Ausgrabungstechniker, Kameraassistent, studierte dann Kulturwissenschaften – zuerst zusammen mit Musikwissenschaften, später Gender Studies. Nach abgeschlossenem Studium habe ich schließlich für meine Partnerin Xenia den Verkauf ihrer Seifen übernommen und mit den Möglichkeiten der Seifenmanufaktur bin ich zum Komponieren von Parfum gekommen.“

Wir fragen wie für ihn die Anfänge waren. Was waren die ersten und grundlegenden Lektionen, die die Annäherung an Parfumhandwerk und Parfumkunst brachte? „Edith Schwarz von der „Aromawerkstatt“ in Potsdam ist eine private Zufallsbekanntschaft und ist quasi zu meiner Mentorin geworden – sie vermittelte mir die Grundlagen zu ätherischen Ölen und ist immer noch eine meiner wichtigsten Beraterinnen. Von ihr lernte ich den Satz: ‚Mit Zimt und Lavendel kannst Du Dir alles versauen.‘“

Als wir diese simple und so wahre Weisheit hören, pflichten wir ihr lachend bei. Erik Kormann fährt fort: „Da sie selbst von sich sagt, dass Aromachemikalien, also synthetische Duftstoffe, zwar schön seien, sie davon aber keine Ahnung hätte, startete ich die Parfumkomposition nur mit natürlichen Ölen. Aber ich kam sehr schnell an Grenzen: Alles pappte zusammen, den Düften fehlte es an Glanz – bis Profiparfumeur Geza Schön mir sagte: „Da muss Chemie rein!“. Ich kaufte mir die ersten Chemicals, probierte – und auf einmal fingen die Düfte an zu leuchten, zu strahlen! Erst jetzt wurden aus Duftmischungen Parfums.“

Wir haken nach: Was bedeutet Duftsynthetik für Erik Kormann?

„Die Antwort Philip Krafts im Parfumo-Interview auf die gleiche Frage finde ich sehr gut: Isolierte, synthetische  Riechstoffe können wir als Duftwörter verstehen, ätherische Öle hingegen als ganze Duftsätze.“

Wie ist das genau, wenn er ein Parfum entwickelt? Ist da am Anfang eine konkrete Duftidee, eine Vorstellung, wie das Parfum am Ende sein soll oder ist da zuerst nur eine Spur, eine kreative Fährte, die es gilt entlang zu gehen? „Der Startpunkt ist für mich immer eine konkrete Idee. Nehmen wir zum Beispiel ‚Eau de Fröhliche’: Weihrauch ist orientalisch, Geschichten aus 1000 & 1 Nacht, Geschichten ferner Länder. Weihrauch ist nicht ‚Cool Water’ oder ‚L’Eau d’Issey’. Wir gehen auf eine lange Schiffsreise und packen unterwegs alles in unsere Truhen, was es zuhause nicht gibt, Kardamom, Pfeffer und andere Gewürze, Rosenöl. Das war die Idee für Nr. 1. Aber es gibt auch die Idee des aufsteigenden Weihrauchs, der durchaus etwas Kühles und Frisches hat. Das Nüchterne daran mag ich nicht, und so ist ‚Eau de Fröhliche Nr. 2’ als Gratwanderung zwischen balsamischen und frischen Akzenten zu verstehen. Nr. 3 hat als Idee die Kombination Weihrauch mit Frucht, einer süßen, üppigen Frucht .Ich denke da Richtung Gummibärchen.“

Work in Progress

Erik Kormann grinst beim Wort „Gummibärchen“ und lässt uns am aktuellen Entwicklungsstadium von  „Eau de Fröhliche 3“ riechen: die gleiche, großartige Weihrauchqualität der ersten beiden Parfums der Serie, diesmal in Kombination mit einer herrlich saftigen Cassisnote. „Ich bin noch nicht fertig, der Duft soll noch viel süßer werden, so ein richtiger Knaller!“

Was sind für Erik Kormann die zurzeit spannendsten Einzelnoten?

„Ich liebe natürlich Weihrauch, wie meine Eau-de-Fröhliche-Serie zeigt. Javanol finde ich himmlisch, deswegen ist so viel davon in „September“ enthalten. Noten, denen ich mich in Zukunft widmen möchte, sind zum einen Heliotropin und zum anderen Amber bzw. ambregris-ähnliche Duftstoffe: Was kommt dem natürlichen Amber am nächsten? Welche Facetten werden von welchen synthetischen Duftstoffen besonders betont? Das ist extrem spannend und vielfältig!“

Eine weitere Idee, die er gerade verfolgt, kreist um das Thema „Steampunk“ – Anregt vom Modeimpuls in Film, Literatur und Stiling, entwickelt Erik Kormann gerade ein neues Parfum. Auch hier halten wir unsere Nasen über die uns gereichten Proben der aktuellen Zwischenphase: Sehr viel versprechend finden wir! Und das, obwohl u.a. die Kopfnote noch komplett fehlt! Louce kann die Maschinenromantik und den Retrocharme im angeharzten und elemigekickten Zedernduft förmlich riechen und kommt aus dem bestätigenden Nicken nicht mehr raus, als Erik Kormann erzählt, wie er das Jules Verne-Abenteuerfeeling olfaktorisch einfangen will. Entzückt vom spannenden Duftprojekt fängt sie an, mit zu fantasieren und will Ideen beisteuern: Die angestaubte viktorianische Blumenpoesie mit verhehlter und verdeckter Erotik müsse noch dazu. Veilchen? Rosen? Ronin denkt da eher an eine synthetischer anmutende Blumennote. Erik Kormann hört aufmerksam zu und reibt sich dabei das Kinn…  offenbar entstehen sofort Ideen, Duftvorstellungen und –ahnungen im Hirn des Parfumeurs, sofort will er ansetzen und weiter denken.

Er arbeitet schon wieder.

Immer der Idee und der Nase nach.

Wir sind ungeheuer gespannt, wie das Steampunk-Parfum am Ende duften wird und freuen uns aufs erste Riechen. Nicht weniger freuen wir uns auf ein Wiedersehen mit dem inspirierten und inspirierenden Erik Kormann, mit dem wir so eine wunderbar dufte(nde) Zeit in Berlin hatten und werden seine extrem schöne, orangige Überdosis Javanol im Wohlfühlduft „September“ auf unserer Haut und in unseren Nasen mit nach Hause nehmen (Zumindest Louce wird das tun. Ronin ist nämlich teilansosmisch für Javanol und muss, in der Hoffnung, dass da noch was geht, trainieren.).

Louce und Ronin für ParfumoBlog

 


Parfumo feiert den 30.000. Kommentar und die Parfumo-Member feiern mit: 48 haben den DDR-Klassiker Casino Action als Parfumdeo gewonnen

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Ein guter Grund, mal hinter die Kulissen von Casino Parfum Saxonia zu schauen:

Diese Marke hat die DDR-Klassiker der Casino-Reihe neu aufgelegt und wieder das Parfum vergangener Zonen-Zeiten zum Duften gebracht.

Die DDR ist nicht nur eine historische Fußnote im Lehrbuch, sondern war Welt, in der 40 Jahre lang Menschen lebten: Mit Schlimmem, mit Gutem, mit viel Normalität.. und natürlich mit Duft. Um nicht abhängig zu sein von den Parfumlabels des Kapitalismus und – gerade in Parfum- und Kosmetik-Dingen wuchernden Imperialismus – besann man sich auf eigenes Können und die Firma Aerosol-Automat Oberlichtenau konzipierte 1965 eine DDR-eigenes Parfum: Casino de luxe. Das Parfum wurde in kurzer Zeit zum Bestseller… und hatte bald eine echte Luxus-Stellung auf dem DDR-Markt: Man konnte es nicht einfach in jedem Konsum zusammen mit Rotkäppchensekt und Spreewaldgurken kaufen, sondern brauchte gute Beziehungen, um an das begehrte Parfum zu kommen. Aufgrund dieser Exklusivität wurde der Spitzname „Duft der Chefsekretärin“ geläufig.

Action - nach DDR-Rezeptur von 1985 - nur der Herrenduft ist neu

Action – nach DDR-Rezeptur von 1985 – nur der Herrenduft ist neu

1990 wurde alles anders. Mit dem Ende der DDR erlebten auch viele DDR-Markenartikel ihr Ende: Nach 25 Jahren Erfolg wurde die Casino-Reihe eingestellt.

Es gab einige Jahre später einen Wiederbelebungsversuch, der aber nicht erfolgreich war und es sah so aus, als sei mit dem missglückten Experiment eines sozialistischen deutschen Staates auch ein geglücktes Parfum untergegangen.

Aber 2009 gründete sich Casino Parfuem Saxonia Fritzsche & Enders GbR und übernahm die Rechte am kultigen Duft. Seither wird der DDR-Klassiker wieder produziert.

Gabriele Fritzsche von Casino Parfuem Saxonia Fritzsche & Enders GbR sieht die Geschichte des Duftes überhaupt nicht politisch-zeitgeschichtlich… für sie ist es einfach ein toller Duft, der durch ihre Arbeit wieder erhältlich wurde. Sie erklärt uns im Interview, wie das für sie war:

„Es gab enorm viele Liebhaberinnen von Casino de luxe. Es war der Signatur-Duft von vielen Kundinnen, die regelrecht verzweifelten, als der Duft nicht mehr hergestellt wurde. Bei der riesigen Nachfrage war es undenkbar, dieses Parfüm wirklich nie mehr anzubieten. Ich selbst habe einen ganz persönlichen Bezug: Casino de luxe war das Lieblingsparfum meiner Mutter. Ich selbst bin Parfumhändlerin… da war es irgendwie logisch, dass es meine Aufgabe sein würde, den Duft wieder zu erwecken. Seit wir es wieder in den Handel gebracht haben, freut sich die Kundschaft sehr darüber“

Wie kam es eigentlich, dass Casino de luxe in der DDR so rar war? Da wird ein eigener Duft kreiert und dann ist der gar nicht erhältlich?

„Das war damals so: Ein erfolgreiches, hochwertiges Produkt  wurde im gesamten Ostblock vertrieben. Und Casino de luxe mit einer Goldmedaille der Leipziger Messe war ein Ost-Exportschlager: 80% – 90%  der Produktion gingen gleich ins Ausland, in die UdSSR, die Tschechoslowakei, Bulgarien  und sogar teilweise in westliche Länder, um dringend benötigte Devisen zu bekommen.“

Gabriele Fritzsche von Casino Parfuem Saxonia

Gabriele Fritzsche von Casino Parfuem Saxonia

Wir haben bei Parfumo viele Vintage-Liebhaberinnen und –Liebhaber und die werden sofort fragen: „Ist das denn wirklich der Originalduft?“

„Ja! Alle Inhaltsstoffe aus dem Originalrezept sind heute noch genau so drin, wie vor mittlerweile fast 50 Jahren. Und das, wo so viele Inhaltsstoffe der klassischen Parfumerie mittlerweile verboten oder beschränkt sind. Die Rezeptur lag seit 1965 im Safe. Und dort ist sie auch heute noch. Wir mussten zunächst freilich recherchieren, ob heute noch alle Zutaten erhältlich, erlaubt und bezahlbar sind. Die Originalzusammensetzung enthielt eine Sorte Moschus, die wir ersetzen mussten durch einen geruchlich gleichwertigen, aber nicht gesundheitsschädlichen aktuellen Moschus. Ansonsten ist alles 100% wie damals.“

Der Gewinnerduft für Parfumo ist Casino Action (for Man und for Woman)… der ist aber ein neuer, oder?

„Wir haben Action 2012 neu heraus gebracht, aber auch dieser Duft geht zurück auf eine original DDR-Rezeptur von 1985. Hier haben wir allerdings schon ein wenig mehr puzzeln müssen, um den Duft von früher zu rekonstruieren, jedoch gleichzeitig ganz modernen Ansprüchen zu genügen: Das Parfum basiert auf einem Charakter von Cassis und Moschus mit ein wenig Ylang Ylang und Maiglöckchen. Nachdem Escada jeden Sommer erfolgreich ist mit stark fruchtbetonten Parfums, dachte ich, dass Action mit seinem Cassis-Akkord bestimmt zeitgemäß ist.

Einen Action-Männerduft gab es ursprünglich nicht, den haben wir ganz neu entwickelt.

Ich freue mich, dass jetzt so viele Parfumo-Mitglieder die beiden testen können.

Vielen Dank für das Interview und das Sponsoring unseres Gewinnspiels, Frau Fritzsche. Wir sind gespannt, was die Parfumo-Nasen zu den Parfumdeos von Casino Action sagen werden und freuen uns auf vielleicht entstehende Kommentar-Rezensionen.

Louce für ParfumoBlog

Das Eigentliche und das Uneigentliche: Erik Kormanns September

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Es gibt ein paar Parfumzutaten, die nicht um ihrer selbst willen geschätzt und verwendet werden, sondern weil sie etwas anderem dienen, weil irgendetwas mit ihnen erreicht werden kann, was das tatsächliche Ziel ist. Sie dienen einem Zweck. Sie bringen, ohne selbst zum duftenden Tragen zu kommen, Transparenz, Haltbarkeit oder Frische. Oder sie halten andere Noten zusammen, um deren Duft es wirklich geht. Oder sie sind Bausteine, das uneigentliche Material für einen Effekt, den man eigentlich will. So eine Zutat ist Javanol.

ein fiktiver Weblexikoneintrag

Javanol ist ein Sandelholzbaustein.

Erik Kormanns September

Erik Kormanns September

Sandelholz muss oft gebaut werden. Man kann nicht immer einfach natürliches Sandelholzöl nehmen, denn es ist zu selten, um in allen Parfums, worin man Sandelduft möchte, eingesetzt zu werden. Und es ist teuer. Also muss die Riechstoffchemie ran. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, einen Sandelholzersatz zu bauen… und eine der besten und beliebtesten verwendet den eigens dafür konzipierten Riechstoff Javanol.

Dieser uneigentliche Stoff begeisterte aber den deutschen Parfumeur Erik Kormann so nachhaltig, dass er etwas Eigenes damit machen wollte – etwas Eigentliches.

Er erzählt:

„Ich liebe Javanol. Alle sagen, das sei ein Sandelholzduft, aber nein, nur in Kombination mit anderen Holznoten entsteht die typische Sandelnote… für sich alleine aber hat es etwas sehr Charakteristisches. Es ist durchaus auch holzig, aber in erster Linie fruchtig-blumig und recht süß. Profiparfumeure setzen es nur als Baustein für Sandelholznoten ein, maximal zu wenigen Prozenten. Ich mag nun aber Javanol für sich selbst;  als eigenständige Duftnote. Also habe ich damit experimentiert: Ich habe eine irrwitzige Menge kombiniert mit Substanzen, die den Duft noch verstärken: Galaxolid, eine Moschusart mit cremigen und blumigen Facetten, passte hervorragend. Iso E Super ist zart holzig und diente vor allem dazu, für Transparenz und Diffusivität zu sorgen. Mit dem trocken-staubigen Timberol wurde der holzige Aspekt des Javanols betont. Etwas Polysantol ergänzte die Sandelholzrichtung. Als Fixativ für die Basis wählte ich das ambrig-holzige Ketamber. Alle diese Duftstoffe der Basis hatten dabei nur den Zweck, Javanol noch zu verstärken. Es geht ums Javanol!“

Das ist der Geist von „September“.  Aber noch nicht die ganze Rezeptur:

„Eigentlich ging es mir nur um den einen Riechstoff und ich hätte jetzt aufhören können. Aber einen Duft nur um ein einziges Chemical herum zu machen – das gibt es ja schon. So etwas zu machen, wäre ja peinlich, und Guttenberg heiße ich auch nicht.“

Hiermit spielt er auf „Molecule 01“ und „Molecule 02“ an, die Geza Schön komponiert hat. Geza Schön, mit dem Erik Kormann sich immer mal wieder trifft und austauscht, schätzt er sehr.

„Außerdem – ich wollte schon, dass auf Javanol von der fruchtigen Seite her geschaut wird, nicht von der holzigen. Also dachte ich an eine fruchtige Kopfnote. Diese sollte aber nicht zu süß sein, Javanol ist schon süß genug. Letztendlich war es Intuition, dass Zitrusfrüchte gut zu Javanol passen. Ich wählte zuerst eine frische Grapefruit-Lemongras-Kopfnote, die recht lange in den Duft hineingetragen wird.

Eine wirklich effektive Herznote brauchte ich nicht. Die Kopfnote gab die Richtung vor und sollte dann langsam ausklingen, damit Javanol im Vordergrund ist. Eine Herznote passte einfach nicht zur Parfumidee des „Septembers“. Also wählte ich nur eine kräftige Dosis taufrisch-blütiges Hedion, um Herz und Basis zu verbinden.

Heraus gekommen ist ein Parfum, wie es noch keiner bisher gemacht hatte: ein Javanolparfum.“

Als der Duft 2013 eine Neuauflage erfuhr, wurde sein Rezept etwas geändert:

„Als wir von „1000 und 1 Seife“ für die Seifenherstellung ein schönes Orangenöl hatten, konnte ich damit die 2013er Version des „Septembers“ machen. Auch wenn mir die frische Grapefruit-Lemongras-Kopfnote gut gefiel – sie war schon recht harsch und passte nicht ganz zum restlichen Charakter des Parfums. Dem Orangenöl habe ich mit einer Prise Grapefruit noch etwas Frische mit gegeben, was durch Hedion und Iso E Super, die ich beibehalten habe, noch unterstützt wird. Jetzt, mit dieser neuen Kopfnote, war September maximal rund und stimmig geworden.“

Eine nette Anekdote von einem kleinen Hobby-Parfumeur, der sich in einen einzelnen Riechstoff so sehr verknallte, dass er damit ein Parfum basteln musste, das mit Konvention und Sitte der Profiparfumerie brach…

… könnte man meinen.

Aber mit “September” geschah noch viel mehr – es gab eine Rückkopplung zur Riechstoffchemie und das vermeintliche Hobbyprodukt beanspruchte überzeugend duftend seinen Platz in der ganz und gar professionellen Parfumerie: Philip Kraft, prominenter Riechstoffchemiker von Givaudan, bestellte sich „September“ und wusste, als er es roch, was ihm da unter die Nase gekommen war: Etwas Eigentliches.

Er beschäftigte sich mit dem überraschenden und originellen Javanolparfum. Es kam in den Gaschromatographen und privat baute Kraft nach dieser Analyse einen adäquaten, in Details veränderten  „Scent and Chemistry Refix“ von „September“, den er auf seiner Facebook-Seite vorstellte. Dort rankte er „September“ auch unter die Top 5 der Nischen-Neuerscheinungen im Frühling 2013.

Top 5 der Nischen-Neuerscheinungen im Frühling 2013

Top 5 der Nischen-Neuerscheinungen im Frühling 2013

September im Gaschromatographen

„So ein bisschen war das wie ein Ritterschlag.“ sagt Erik Kormann. „Nicht, dass Philip Kraft, mit seiner Profi-Chemiker-Perspektive jetzt die eine wahre Wahrheit verkünden würde… aber es war schon ganz schön bestätigend, zu sehen, dass meine Arbeit die Aufmerksamkeit und auch die Kreativität dieses Vollprofis weckt. „September“ hat gewissermaßen einen Brückenschlag über ein sehr weites Feld geschafft – und das einfach, weil es so duftet, wie es duftet – weil es ist, wie es ist.“

Mit diesem letzten Satz bringt Erik Kormann es auf den Punkt: „September“ ist nicht allein die gelungene künstlerische Arbeit, die selbständige Qualität Javanols zu entdecken und aufzuzeigen, sondern auch einfach ein spannendes Parfum, etwas für sich Stehendes und auch ganz ohne all dieses Wissen um die Entwicklung Gültiges.

Es ist eigentlich.

Louce & Ronin für ParfumoBlog

Osten ohne Ostalgie

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In der schönen Stadt Finsterwalde konnte ich in den späten 90ern längere Erfahrungen mit den “Ossis” machen. Sauwohl hab ich mich gefühlt: am ersten Abend in der Platte saß ich schon bei den Nachbarn vor der Schrankwand und wurde mit Spreewaldgurken gefüttert. Die Hausgemeinschaft hatte bei Einzug 1970 eigenhändig die Außenanlagen gärtnerisch gestaltet – eisern hielt man an der damals entstandenen Solidarität fest: Blumengießen bei Urlaubsabwesenheit, praktische und moralische Hilfe bei Krankheit und im Sommer ein gemütliches Feierabendbier auf der Bank vor dem Hauseingang!

Nähe und Solidarität waren bitter nötig: die Währungsumstellung zum Kurs 1:1 hatte auch der Finsterwalder “Schraube” den Garaus gemacht: Nägel, Klemmen und andere Kleinteile waren von heute auf morgen nicht mehr marktfähig. Der Konkurs der einzigen erwähnenswerten Industrieansiedlung sorgte für Arbeitslosenquoten um die 30 %. Mit leuchtenden Augen erzählte mir die Friseuse beim Haarschnitt, wie sie früher schon um 5 Uhr morgens nach dem Schichtwechsel ihre Kunden bedienen durfte.

Jeder hatte sich umstellen müssen, also war man offen für Neues und nahm Manches nicht so genau, was im Westen auf Befremden und Ablehnung gestoßen wäre. In der neuen Einkaufspassage gab es einen typischen Griechen – mit Sirtaki-Musik, der Akropolis an der Wand und jeder Menge Ouzo aufs Haus. Doch stellte sich schnell heraus, dass die Betreiber in Wirklichkeit gar keine Griechen waren, sondern Inder. Na wenn schon! Bald konnte man sich fantastische Menüs zusammenstellen: Onion Bajis und Zaziki, oder wie wär’s mit einem Gyros „Vindaloo hot“?

Einige freilich stellten sich selber an den Rand: West-Beamte, als Entwicklungshelfer in die brandenburgische Provinz versetzt, kamen sich wie von Feinden umzingelt vor. Sie, die niemals Anlass gesehen hatten, das eigene System in Frage zu stellen, blieben in der Kneipe unter sich und mutmaßten mit einer Mischung aus wohligem Argwohn und Überheblichkeit, wer von den örtlichen Honoratioren wohl bei der Stasi war.

Die Blauäugigkeit der ersten Jahre war vorbei. Nicht jeder und alles, was aus dem Westen kam, wurde freundlich begrüßt. Statt Bio anzupreisen, hingen im Supermarkt die Schilder “Wir führen über 1000 Ost-Produkte!” Und sie wurden gekauft.

Ob ich wohl heute in besagtem Supermarkt in Finsterwalde auch Saxonias Action Man finden würde? Oder beim Friseur? Und wenn ja, in welchem Regal? Bei den Parfums, oder doch bei den Deos?

Casino Action For Man

Casino Action For Man

Action Man ist ein Ost-Produkt ohne Ostalgie. Und doch enthält es so etwas wie einen Code, den nur Eingeweihte deuten können. Der betont schlichte Aluminium-Zylinder wäre in der DDR der letzte Schrei gewesen; damit hätte man es wohl in die Delikatläden geschafft. Doch bei Aldi in Dortmund oder München käme das – wenn überhaupt – vermutlich auf den Grabbeltisch, als Axe für Arme. Man darf davon ausgehen, dass die heutigen Inhaber der Marke Saxonia diese Kundschaft eher nicht im Blick hatten.

Es gibt innere Werte. Action Man umnebelt uns mit einem sehr trockenen, frisch-holzigen Akkord, der ausgesprochen modern wirkt. Gepaart ist das mit schönen zitrischen Noten, welche die sonst vorhandene Nähe zu bekannteren Deos aufbricht und Action Man irgendwie anders erscheinen lässt. Angenehm und ein großer Unterschied zu Axe und Co. ist die dezente Art, die in vergleichsweise schwachem Einsatz der Duftstoffe zum Ausdruck kommt. Man dieselt nicht gleich die ganze Mannschaft mit ein, wenn man nach dem Duschen in der Umkleidekabine Action Man auspackt.

Also Parfum oder Deo, wo soll ich denn nun riechen? Am Handgelenk oder unter den Achseln? Für den letzteren Fall sei noch angefügt, dass sich bei mir im Drydown leichte Anklänge an sehr würzige, etwas an Oud erinnernde Noten einstellten, wie wir sie aus einer Duftrichtung der arabischen Parfümerie kennen – Montales Amber & Spices wäre da zu nennen.

Sehr weit weg ist Action Man von dem bekannten Chefsekretärinnen-Parfum von Casino – anders als jenes ist Action Man vor allem zeitgemäß. Moderne Noten wurden hier mit Sinn und Verstand eingesetzt, was man nicht von allen Vergleichsprodukten sagen kann. Mit der Pragmatik jener Jahre, in denen die Neubesinnung auf die Qualitäten und Eigenheiten des Ostens begann, wird man über Action Man schlicht sagen können, dass es gut riecht, brauchbar und preiswert ist. So transportiert Action Man zwei Botschaften gleichzeitig: Erstens ist die die DDR längst vorbei und zweitens, es gibt uns noch!

Apicius für ParfumoBlog

Foto: © katz23 – Fotolia.com

Geadelte Männlichkeit

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Dsquared hebt sich bislang wohlwollend unter den Mainstream-Düften hervor. Wo andere nur einen immerwiederkehrenden Einheits-Früchtebrei bieten und sich ständig wiederholen, setzt Dsquared bei seinen beiden Herren-Linien bislang primär auf holzige und würzige Düfte. Jüngst hat man sich jedoch mit Blue Cadet auch an einen fruchtigen Sommerduft herangewagt, jetzt folgt wie bei so vielen Dufthäusern auch ein dunkler Nacht-Duft, ganz dem aktuellen Zeitgeist folgend. Man darf hoffen, dass „Potion Royal Black” seinem Namen alle Ehre macht, er nicht nur schwer, sondern auch edel ist.

Um das Budget und die Designer zu schonen, nutzt man den bekannten Potion-Flakon weiter, überzieht ihn jedoch mit einem glänzenden schwarzen Lack. Der Karton folgt dieser stimmigen Farbgestaltung. Sieht nicht nur schick aus, fühlt sich auch sehr glatt und doch griffig an. Ich finde ihn sehr gelungen.

Potion Royal Black

Potion Royal Black

Der Duft trifft einen wie ein Schlag mitten ins Gesicht, man stösst den Atem wieder aus, nur um ihn sofort wieder etwas vorsichtiger einzuholen. Wie auch schon bei „Potion“ setzen hier alle Duft-Noten auf einmal ein. Hier gibt es keinen Kopf, kein Herz, keine Basis. Dafür gibt es gleich voll eins die Fresse! Man kann gar nicht wirklich sagen, was man zuerst wahrnimmt. Da sind aber auf jeden Fall all die Hölzer, wobei einem das Oud und das Guajak als eher ungewöhnliche Komponenten natürlich als erste auffallen. Hat man sich erst einmal an diese sehr intensive Duftexplosion gewöhnt, kann man auch ein paar leichtere Komponenten wahrnehmen. Eine dezente Bergamotte, die gut drei Stunden durchhält und von Rosenakzenten begleitet wird. Schnell wird es auch ein wenig kratzig, der Weihrauch nebelt ab und an ein wenig dazwischen. Moschus wirbelt auch immer wieder süss und heftig dazwischen, das lässt dem Tabak und dem Leder bisweilen nur wenig Raum sich zu entfalten. Nach gut vier Stunden schwächen sich die intensiven Noten ein wenig ab und man glaubt zumindest hin und wieder die ruhigeren Noten wie Kaschmir und Zeder zu erahnen.

„Royal Black“ ist ein sehr intensiver, charaktervoller, männlicher Duft. Entspricht so gar nicht dem bis vor kurzem vorherrschenden Mainstream der fruchtigen Düfte. Dafür setzt man hier auf die klassischen Komponenten wie Moschus, Tabak, Leder und vor allem Hölzer. Das gerade sehr in Mode gekommene Oud findet auch hier seinen Einsatz, allerdings für mich in beeindruckend geringem Mass. Man kann Oud klar erkennen, doch es ist nicht so stark, dass es „Royal Black“ von vorne bis hinten beherrscht. Statt einem typischen orientalischen Duft würde ich hier von „Orient triff Okzident“ sprechen – klassischen Herrennoten vereinen sich mit leicht orientalischen Einflüssen.

Man muss sich auf diesen Duft einlassen. Er ist sehr intensiv. Sowohl in der Projektion, als auch in der Haltbarkeit. Gute 16 Stunden hat man mit diesem Duft seine Freude, so lange kann ich einzelne Noten differenzieren. Doch auch noch einige Stunden später wirkt dieser Duft nach. Da die Silage ziemlich üppig ist, sollte man mit Bedacht dosieren. Weniger kann hier mehr sein. Und auch wenn ich diesen Duft eher als klassischen Abend- und Ausgeh-Parfum bezeichnen würde, ich trage ihn auch gerne im Büro – er kommt dabei gut an. Gerne würde ich ihn zu meinem neuen Signatur-Duft machen, so lecker finde ich ihn, doch ich befürchte, ich könnte ihn bald überdrüssig werden, die Nase auf Dauer überfordern. So nutze ich „Royal Black“ für gelegentliche, aber um so gewaltigere Akzente.

„Royal Black“ ist ein dunkler Duft, aber nicht unbedingt düster, denn dafür ist er zu heiter und macht zu viel Laune. Seine männlichen Noten, sein Mut, seine Präsenz und seine Ausdauer adeln ihn. Ein weiterer, toller Trank!

Chnokfir für ParfumoBlog

Die magische Zahl ist geknackt

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Mit Gold Oud konnte Dank Parfumo-Research der 30.000ste Duft in die Datenbank aufgenommen werden.

Wenn das keine stattliche Zahl ist: in der Parfumo-Datenbank wurde soeben der 30.000ste Duft aufgenommen!

Unbenannt-1Elchen50 knackte diese magische Zahl mit Gold Oud. Damit ist dieses 2013 von by Kilian lancierte Parfum exakt 643 Jahre älter als Eau de la reine d’Hongrie, bei dem es sich um den bisher ältesten gelisteten Duft handelt.  ”Das Wasser der Königin von Ungarn” existierte bereits im Mittelalter, genauer gesagt im Jahre 1370.

Auf eine derart lange Geschichte kann Parfumo aus naheliegenden Gründen nicht zurückblicken. Dafür aber umso mehr auf eine beachtliche Erfolgsgeschichte, die mit dem Start von Parfumo-Research im Mai dieses Jahres einen gewaltigen Sprung nach vorne machte. Ein Blick in die Statistik verdeutlicht eindrucksvoll den rasanten Fortschritt: Enthielt die Parfumo-Datenbank im Januar 2010 noch 6.000 gelistete Parfums, erhöhte sich deren Zahl bis September 2012 auf 20.000. Und nur zweieinhalb Monate nach dem Start der neuen Suchfunktion kann stolz die geknackte 30.000er-Marke verkündet werden. Durchschnittlich wurden also seit Parfumo 2008 das Licht der Welt erblickte pro Tag 50 Düfte katalogisiert, und zudem über 1.200 Korrekturen vorgenommen. Einen wesentlichen Anteil an diesem Marathon hat das 15-köpfige Research-Team, dem an dieser Stelle großer Dank für diese phantastische Leistung gebührt. Ihr seid unübertroffene Spitze! DANKE!

Hinter all diesen Zahlen steckt Unbezahlbares: Zum einen jede Menge Herzblut, zum anderen die Erfüllung so mancher großen Duftliebe. Und obendrein jede Menge Spaß, und unzählige persönliche Freundschaften von Duftbegeisterten, die auf Parfumo geknüpft wurden.

Jella für ParfumoBlog

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