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Channel: News & Interessantes aus der Welt der Parfums – Der Parfum-Blog von Parfumo
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Unklarheiten beseitigen

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Bertrand Duchaufour im Gespräch mit Ronin und Louce

 

Wir sitzen auf einer Parkbank an einem der drei Ausgänge der Pariser Metrostation Anatole France und beobachten in einem fort die anderen beiden. Auch die Straßen, die zum Platz führen. Jeder Mensch, der da entlang kommt, wird von uns gescannt: Mann? Ohne Haare? Mit Brille …? Der eine von uns, Ronin, nimmt einen Schluck von seinem Take-Away-Kaffee, schaut zum zwanzigsten Mal in dieser Minute auf seine Uhr und seufzt dabei leise und sorgenvoll.

„Wir sind ganz schön deutsch.“ sagt Louce, die andere. „Exakt pünktlich sein und dann sofort beginnen zu warten und nervös zu werden. Der kommt schon.“

„Hm, hast ja prinzipiell Recht. Aber es ist Bertrand Duchaufour!“

Dieser Logik ist nichts entgegen zu setzen. Es ist Bertrand Duchaufour, mit dem wir zum Lunch verabredet sind und wir sind einfach sehr, sehr gespannt.

Noch nicht lange, seit vielleicht zehn Jahren, sind Parfumeure so etwas wie prominent; nicht nur insidermäßig in Fachkreisen bekannt, sondern auch öffentlich. Namen werden verbunden mit Stilen, sind Werbeträger und Kaufargument. Es gibt Autorenschaft in der Parfumkomposition und die Frage nach Kunst und Künstlertum. Neue Aufmerksamkeit richtet sich auf die, die nicht mehr nur als technisches Personal, sondern als Persönlichkeiten wahrgenommen werden, macht unter ihnen regelrechte Stars aus. So einen Star wollen wir treffen. Und irgendwie, wenn wir auch wissen, dass das eigentlich doof und naiv ist, sind wir etwas aufgeregt. Es ist immerhin Bertrand Duchaufour: außerordentlich bekannter und angesehener Nischenspezialist, mit wieder erkennbarem Kompositionsstil, Schöpfer einiger ziemlich berühmter und nicht nur bei der Kundschaft beliebter, sondern auch professionell einflussreicher Parfums. Stilbildend, nachgeahmt, bedeutend. Der prägende heutige Parfumeur von L’Artisan Parfumeur sowie Penhaligon’s und der ungemein produktive Freelancer, der erfolgreich für diverse andere Marken arbeitet. Seinen Namen kennen wir, seit wir anfingen, uns ein wenig mehr für Parfum zu interessieren – und begegnen ihm seitdem fortwährend in der mittlerweile engagierteren Beschäftigung mit dem Thema.

„Da.“ Ronin zeigt auf einen um sich schauenden Mann ohne Haare und mit Brille „Der ist es.“

Bertrand Duchaufour

 
Kurz später, im Bistro, sitzen wir einem außerordentlich aufmerksamen Gesprächspartner gegenüber, der über jede unserer Fragen und Bemerkungen nachdenkt, manchmal mit leicht gerunzelter Stirn, manchmal mit langsamem, sachtem Nicken. Oft versichert er sich per Nachfrage, ob er richtig verstanden hat und lässt sich dann wiederum Zeit mit dem Formulieren seiner Antworten. Er denkt – vor, während und nachdem er spricht – und wirkt konzentriert.

Es ist ihm nämlich ernst.

Wir sprechen hier nicht über irgendein Larifari-Gute-Laune-Thema, sondern über das, was für Bertrand Duchaufour Wert und Gewicht hat: Handwerk, Profession, Kunst.

Und manchmal sagt er etwas, redlich klingend und trocken, das krass aus jedem Rahmen fällt.  Wir reagieren mit lautem „Hä?!?“ und aufgerissenen Augen, bis wir an seinem Schmunzeln endlich merken, dass es ironisch gemeint war. Sarkastische Pointen nimmt er gerne mit, wenn sie sich bieten. In diesem Gespräch mit dem gründlich überlegenden und sorgfältigen Bertrand Duchaufour, der uns ständig hinterlistig mit seinem Witz überrascht, entstehen mit der Zeit über den theoretischen Diskurs hinweg Lockerheit und gute Laune – so dass die anderen Gäste bald Faxen und lautes Gelächter hören von unserem Tisch.

 
Nischenspezialist

Der aus Nancy stammende 55jährige ist nach seiner Ausbildung in Grasse Parfumeur bei Florasynth in Paris gewesen („Mein Teamchef dort war Jean-Louis Sieuzac, einer der allerbesten Parfumeure der Welt. Ich hätte mir keinen besseren Lehrer vorstellen können – er gab mir genau das mit, was ich brauchte und zur Grundlage einer eigenen Karriere werden würde.“). Als die Firma gemeinsam mit Haarmann und Reimer und Créations Aromatiques zu Symrise wurde, war er dort angestellt. Seit 2008 ist er selbständiger Parfumeur … oder so was Ähnliches. Denn er ist auch Hausparfumeur. Irgendwie. Freelancer oder Inhouse-Parfumeur oder beides oder weder noch: Einerseits ist er selbständig und arbeitet für unterschiedliche Labels, gleichzeitig ist er Chefparfumeur von L’Artisan Parfumeur und Penhaligon’s. So ganz verstanden haben wir das nicht. Wie ist das jetzt genau?

„Das Konstrukt ist nicht ganz freiwillig entstanden.“ Er grinst schief „ Als ich Symrise verließ, war das, um der fest angestellte Inhouse von L´Artisan Parfumeur und Penhaligon’s zu werden. So war die Absprache mit dem CEO beider Marken. Als ich dann aber gekündigt hatte, machte der einen Rückzieher und auf einmal ging es nicht mehr um eine sichere Stelle, sondern um einzelne Auftragsarbeiten. Es waren zwar viele Projekte, aber eben einzelne. So wurde ich 2008 Freelancer. Etwa grob die Hälfte der heutigen Parfums von L´Artisan Parfumeur und Penhaligon’s kommen von mir. Zuerst notgedrungen nahm ich auch andere Aufträge an … daraus entwickelte sich dann der jetzige Status.“

Wir finden das mies: erst eine Anstellung versprechen und dann in Selbständigkeit zwingen. Ohne die Absicherung und Bezahlung, die man eigentlich investieren muss, bekamen sie einen Hausparfumeur.

„Zuerst war das natürlich nicht, was ich mir wünschte. Aber im Endeffekt war es das Beste, was mir passieren konnte. Die bewarben mich und meine Arbeit und ich entwickelte meinen Stil weiter. Langsam baute sich so etwas wie Berühmtheit auf; die Leute kannten meine Arbeit und mich immer besser. Mit der Zeit kamen immer mehr Angebote – und die konnte ich annehmen, weil ich eben nicht exklusiv gebunden war.  Inzwischen genieße ich diese Freiheit sehr. Ich bin Spezialist für Nischenparfum und kann ohne enge Zügel und Zwang machen, für was ich mich entscheide.“

Aus dem abhängigen Erfüller von Einzelaufträgen wurde der teure Starparfumeur. Wir finden das gerecht.

Ohne einen festen Stall haben zu müssen, ist er auch in seiner stilistischen Entwicklung freier. Aber wie wirkt sich das dann auf die Arbeiten für seine Hauptauftraggeber aus? Er kann ja nicht nur Bertrand Duchaufour-Parfums machen, egal, welcher Firmenname am Ende auf der Verpackung steht, sondern steht bei einem Auftrag im Kontext der jeweiligen Marke; L´Artisan Parfumeur und Penhaligon’s haben ja jeweils ein sehr klares, eigenes Profil.

Selbständigkeit: „Im Endeffekt das Beste, was mir passieren konnte“

Der unterscheidende Stil ist für mich immer wichtig bei Auftragsarbeiten. Auch wenn ich – wie zum Beispiel bei diesen beiden – im Prinzip komplette Freiheit hätte, ist es mir wichtig, meinen persönlichen Duktus auch anzupassen. Die Tradition und der Charakter einer Marke sind mir wichtig. Penhaligon’s etwa: sehr, sehr britisch.“

 

Wie bringt sich der französische Parfumeur in eine sehr, sehr britische Verfassung, wenn er ein Penhaligon’s-Parfum komponiert? Trinkt er vorher Tee, wartet auf Regen, kippt Essig auf Pommes Frites?

„Das funktioniert – zum Glück – nur auf rein parfumistischer Ebene, ich muss mich selbst nicht besonders britisch fühlen dabei. Ich studiere einfach riechend das bereits Vorhandene, lasse mich ein. Wobei das bei Penhaligon’s nur bis zu einem gewissen Punkt geht, denn das Althergebrachte ist vollkommen konservativ. Mein Auftrag ist ja gerade, das Konservative zu modernisieren. Altmodische Düfte, die nicht mehr in die Zeit passen, will ich mit meiner Arbeit in die Gegenwart holen. Dabei ist wichtig, sie nicht gänzlich zu verändern, nicht ausgerechnet hierbei totale Avantgarde machen zu wollen, sondern die richtigen, kleinen Schrittchen zu finden.“

 

„Nur ein Wort und sofort geht es los bei mir“

Findet bei so einem Auftrag viel Austausch mit den Auftraggebern statt? Gibt es mehrere lange Briefings oder arbeitet er alleine für sich und stellt dann Ergebnisse vor?

„Das kommt auf die Art des einzelnen Projekts an. Wenn ich nur die Reformulierung einer Komposition aus dem Archiv angehe, ist der Rahmen damit bereits vorgegeben. Bei neuen Sachen gibt es zwei grundsätzliche mögliche Richtungen. Entweder, ich schlage etwas, das ich ausgearbeitet habe, konkret vor. Dann wird es abgewogen und gegebenenfalls auf der Basis des Vorgelegten noch mal verändert oder an ein passendes, bereits vorhandenes Konzept angepasst. Bei Amaranthine war das so. Oder es gibt von vornherein ein Konzept, das ich dann auszufüllen versuche. Bei Sartorial zum Beispiel: da gab es einen klar umrissenen Plan, die Idee war maximal präzise. Ich sollte die Gerüche einer bewussten Schneiderwerkstatt in der Savile Row einfangen. Also ging ich da hin und nahm alles auf, alle real vorhandenen Gerüche und alle Stimmung und Atmosphäre, die es olfaktorisch zu übersetzen galt.“

Stimmungen und Atmosphärisches synchron übersetzen – das stellen wir uns, wahrscheinlich unzutreffend und kitschig, ziemlich romantisch vor. Der inspirierte Schöpfergeist springt da assoziierend zwischen den sinnlichen Systemen hin und her.

„Das ist gar nicht so falsch! Die romantische Idee kommt bei mir der Realität recht nah. Am Anfang stehen der Grundgedanke und die Rohmaterialien. Wenn ich zum Beispiel zum Duftthema Zimt arbeite: Da kann der Ausgang eine synästhetische Idee von Farbe sein. Dann will ich die dazu passenden Farben schattiert zum Zentrum bringen. Oder genau das Gegenteil: Kontrastfarben dazu setzen. Oder ich habe das Bild einer Landschaft vor Augen. Oder eine Beschreibung, bestimmte Worte, um die herum ich olfaktorische Assoziationen entwickle. Reisen ist immer eine gute Inspirationsquelle. Ich bin viel gereist und benutze Eindrücke davon gerne als Fundus. Es gibt immer einen Anker für mich und von diesem Punkt aus entwickelt sich dann alles andere. Und ich knüpfe recht schnell Assoziationsketten an eine Idee an. Nur ein Wort und sofort geht es los bei mir.“

Mag er lieber konkretes oder abstraktes Briefing? Intensive und genaue Projektplanung oder nur grobe Rahmensetzung?

„Beides. Einerseits mit tief gehendem Briefing und gemeinsamer kreativer Denkarbeit eine Konzeption erarbeiten und andererseits Sachen frei entwickeln und dann den Kunden unter mehreren vorgeschlagenen Entwürfen wählen lassen. Das kann beides interessant sein.“

Und der letztendliche kreative Moment? Die Sekunde, in der etwas zündet und eine Idee geboren wird?

„Das kann auch kongenial passieren, muss nicht allein bei mir stattfinden. Ich kann mich einlassen auf ein Gegenüber. Je nachdem, wie viel Idee und Potenzial bereits da ist. Es gibt auch Kunden, die bringen wenig oder gar nichts mit. Die sagen mir einfach: ‚Mach was Gutes.’ Und dann mach ich das halt.“

Duchaufour sequenziell

Ist seine Arbeit auch viel Selfpromotion und Marketing?

„Klar. Es reicht nicht, Leute nur fachlich zu überzeugen, sondern man muss sie auch beeindrucken. Ich muss die Kundenpersönlichkeit auch ein wenig analysieren. Auftraggeber können deutlich oder völlig unklar sein, absolut ausgerichtet oder ohne einen Schimmer, was sie eigentlich wollen. Ich versuche, genau das anzubieten, was gebraucht wird und denke, ich bin gut darin, flexibel auf das Gegenüber einzugehen. Ich kann so ziemlich alles machen, was der Kunde will, an jeder Idee arbeiten, die mir gegeben wird und andersrum jede nötige Idee liefern.“

 

Geschäftsmann und Künstler

Sein flexibler Service geht auf: Bertrand Duchaufour hat massig Aufträge und ist äußerst produktiv. Wir finden, dass er ganz schön viele Parfums macht.

„Ja. Es sind viele. Vielleicht zu viele.“

Es entsteht eine kleine Gesprächspause, in der wir nicht widersprechen.

„Ich bin der erste, der das zugibt. Ich freue mich über große Nachfrage.“ Bertrand Duchaufour schmunzelt „Und große Nachfrage bedeutet viel Geld.“.

Nagt er am Hungertuch oder ist er habgierig?

Er beugt sich über den Tisch und flüstert verschwörerisch: „Ich bin Geschäftsmann. Genauso sehr wie Künstler.“

Ist der Faktor Geld für ihn also ebenso wichtig wie die kreative Motivation?

„Das ist unterschiedlich. Wenn der Kunde mir Zeit gibt, richtig Zeit, und wenn die Bedingungen stimmen, wenn es ein interessantes Projekt ist, dann kann ich sehr viel von mir in die Arbeit einbringen, dann gebe ich mein Maximum und investiere alles Können und Wissen … gewissermaßen mich selbst. Aber ich muss auch davon leben können, wenn es anders läuft. Wenn der Kunde nur Mist will, mich dabei auch noch hetzt und drängt – dann produziere ich eben Mist. Ich gestehe: Ich hab auch schon ziemlichen Parfummist gemacht. Sachen, die schnell zusammen gemixt werden mussten, nicht fundiert, ohne Esprit. Mist eben.“

Zum Beispiel?

„Hihi, das sage ich jetzt nicht. Kann ich nicht.“ Er überlegt, wie weit er mit diesen Bekenntnissen gehen kann, ohne seine Verträge zu verletzen. „Das mit dem Mist, das geht überall – auch bei ganz großen Marken. Ich habe mich einige Male schwer gewundert, was Kunden ausgesucht und umgesetzt haben. Unausgegorenes Zeug, gehuddelt und einfach nicht gut. Ich frage mich, ob das Absicht sein kann, ob es ein verstecktes Motiv gibt, die eigene Marke ruinieren zu wollen. Ein Glück sind solche Aufträge die Ausnahme, nicht die Regel.“

Auf welches Parfum ist er am meisten stolz?

Bertrand Duchaufour überlegt nur kurz. Nuit de Tubéreuse. Das ist nämlich der Duft meiner Freundin. Er ist herrlich an ihr.“

Aha. Das ist also das Merkmal, das dieses Parfum auszeichnet?

Nein, natürlich bin ich auch aus anderen Gründen stolz darauf.“ Er zwinkert. „Es ging mir darum, einen Tuberosenduft zu machen, der eben nicht ein Tuberosenduft ist. Tuberose hat so einen starken, fast unvermeidlichen Stempel. Irgendwie sind alle Tuberosendüfte gleich, riechen wie Fracas. Da was anderes zu gestalten und trotzdem der Tuberose gerecht zu werden, ist mir gut gelungen. Nuit de Tubéreuse war kein kommerzieller Erfolg, aber für mich war es sehr erfolgreich.“

Hat er ein Lieblingsmaterial, eine favorisierte Note?

„Nein, festlegen kann ich mich da nicht. Ich arbeite mit vielem gerne. Vielleicht häufiger mit Iris und jeder Art von Iriseffekt, weil ich das mag, besonders die Schnittmenge mit Lederaspekten.“

Und gibt es einen Stoff, den er vermeidet?

„Nein. Es gibt nichts, was ich grundsätzlich ablehne. Schwierigkeiten habe ich mit ein paar ozonischen Noten wie Floralozone. Das liegt mir nicht wirklich – gleichzeitig kann das Ergebnis aber genau deshalb sehr reizvoll sein, wenn ich mich damit herumschlage und deshalb vermeide ich den Einsatz nicht.“

In welchem Parfum schlägt er sich am meisten rum mit Floralozone?

„Das wäre  Explosions d’Émotions – Déliria. Das ist auch mein größter Flop.“ Bertrand Duchaufour grinst. „Zum Glück mussten die Parfums dieser Reihe nicht vorprogrammierte Bestseller werden.  Die Explosions d’Émotions sind persönlich und ich konnte mich auf Herausforderungen einlassen. Zum Beispiel auf die, mit Floralozone zu arbeiten. Davon habe ich ganze 10% für die Formel von Déliria genommen. Für mich war das toll, und der Duft ist toll geworden – aber ein geschäftlicher Erfolg war das nicht.“

Welches Parfum verkauft sich am besten?

Sartorial von Pehaligon’s.”

Neben L’Artisan und Penhaligon’s arbeitet er inzwischen auch regelmäßig für die Different Company – wie geht es da weiter?

„Da gibt es noch Ideen und Projekte für die Zukunft. Das ist eine lohnende Zusammenarbeit.“

Beim Thema Different Company erzählen wir, wie sehr wir die Esprit du Cologne-Reihe mögen. Bertrand Duchaufour strahlt dabei immer mehr.

Emilie Bevierre-Coppermann! Diese Superparfumeurin war mein Tipp und die Serie ist großartig geworden. Emilie ist klasse. Wir kennen uns seit 25 Jahren, haben bei Symrise zusammen gearbeitet. Sie ist noch sehr jung, hat viel früher angefangen als ich. Sie ist mein Baby.“

Von ihr werden wir noch Bemerkenswertes zu riechen bekommen?

„Ganz sicher.“

 

‚Maison Bertrand Duchaufour’?

Warum gibt es eigentlich keine eigene Marke?

„Dafür bräuchte ich eine Menge Geld. Gerade im Moment: Jedes Jahr kommen neue Labels auf den Markt, es werden Millionen und Abermillionen investiert. Der Markt ist sehr dicht. Um da einen Platz zu bekommen, muss man viel, sehr viel Geld reinstecken.“

Aber er könnte doch bei seinem Renommee sicher mit Leichtigkeit einen Investor finden.

„Ich suche nicht.“ Dazu zeigt Bertrand Duchaufour ein selbstsicheres, stolzes Gesicht.

Wenn jetzt jemand käme mit ein paar Millionen und sie zur Verfügung stellte, um ein eigenes Haus aufzuziehen, würde er es nehmen?

„Ja, dann schon. Aber ich suche nicht. Wenn die Gelegenheit an mich herangetragen würde, wäre das anders, aber ich hausiere nicht mit Geschäftsideen und buhle nicht um Unterstützung. Ich sage nicht ‚bitte’ für meine Arbeit. So bin ich nicht.“

Wenn er so viel macht, gibt es da auch den Punkt, wo er anfängt, sich selbst zu kopieren?

„Da versuche ich aufzupassen. Aber ich muss zugeben, dass mir das vielleicht schon passiert sein könnte. Jedoch nicht um Zeit und Arbeit zu sparen, nicht aus Berechnung. Mehr, weil ich an einer Idee, einem Ansatz arbeite und mich das lange beschäftigt. Dann kommen zwei, drei oder mehr Projekte in dieser Zeit und die Idee, die mich umtreibt, taucht zentral in allen Parfums wieder auf. Nicht im Sinne von Selbstkopie, mehr als Themenvariation.“

Ein Grinsen huscht über sein Gesicht. „Und wenn ich das mit dem bewussten Kopieren doch täte, würde ich das jetzt nicht zugeben.“

Wir finden, dass das nicht ausschließlich negativ bewertet werden muss, nicht nur als ein bei sich selbst Abschreiben, weil es der Kunde durchgehen lässt. Es kann auch Teil des persönlichen Stils sein. Bertrand Duchaufour-Kompositionen sind sehr gut wieder erkennbar, sein olfaktorischer Fingerabdruck ist typisch und ziemlich ausgeprägt.

„Ja. So gesehen, finde ich das auch sympathischer.“ Jetzt spricht wieder der Künstler, nicht der Geschäftsmann. „Ich versuche, mich zu verbessern, dazu zu lernen, an meinem Stil zu arbeiten – ganz unabhängig davon, an welchen einzelnen Aufträgen ich gerade sitze. Wie gesagt: ich kann mehrere völlig unterschiedliche Parfums machen, die dann über das Thema und meine Beschäftigung damit verbunden sind. Wenn ich mich zum Beispiel gerade mit Leder auseinander setze, lernen will, den Stoff besser und dann noch besser zu beherrschen, kann ich währenddessen eine ganze Handvoll individuell gültiger Lederparfums machen.“

Leder! Ronin freut sich, beim Stichwort Leder nach I miss Violet zu fragen, den er gerade am Tag zuvor das erste Mal getestet hat. Er findet nämlich, das ist vielmehr ein Leder- als ein Veilchenduft.

„Auf jeden Fall! Ich gehe beiden Aspekten des Veilchens nach, dem Veilchenblattaspekt – der eine ausgeprägt ledrige Seite hat – und dem klassischen, großen Blumenaspekt, aber die Hauptsache des Duftes ist Leder.“

Wenn er wie geschildert an einem Stoff arbeitet und dann eine einzelne Formel entsteht, wie ist das dann? Macht er seine Pläne komplett im Kopf oder rennt er mit einer frischen Idee sofort ins Labor und macht einen Ansatz-Mix?

Repertoire im Kopf

„Ich entwickle alles im Kopf. Manchmal notiere ich was, aber bevor ich praktisch vorgehe, entsteht die Komposition bereits abstrakt. Als ich vor zwei Wochen mit meiner Freundin einen Wochenendurlaub machte, entdeckten wir im Wald eine Wiese voller Maiglöckchen. Meine Liebste bat mich, den exakten Geruch dieses Moments als Duft zu formulieren. Nicht nur das Maiglöckchen an sich, sondern mit allem anderen, was wir gerade wahrnahmen. Ich habe mir die Zutaten vor Ort notiert. Das war eine klare, direkt umsetzbare Aufgabe und so etwas kann ich schnell übersetzen in eine Formel mit 20 bis 40 Inhaltsstoffen.
Dieser Prozess kann freilich auch schwieriger und langwieriger sein; kommt auf die Aufgabe an. Einerseits habe ich das ganze Repertoire im Kopf und kann es theoretisch einsetzen, andererseits gibt es darüber hinaus auch noch das Element der Überraschung und das ist mir wichtig. Ich lasse mich ganz bewusst auf Überraschungen ein, denn darin ist kreatives Potenzial. Nicht nur Anwendung von Gelerntem und Vertrautem, sondern auch das Spielen mit Möglichkeiten. Das ist genau der Punkt, wo die Kunst anfängt. Kunst ist Spiel mit Überraschung.“

An dieser Stelle will Louce es noch mal ganz klar haben: Ist Parfumerie Kunst und ist Bertrand Duchaufour Künstler?

 
Kunst

 „Ja. Ich betrachte mich als Künstler. Meine Arbeiten verbindet eine Entwicklungslinie und die hat eine Richtung. Ein Projekt entwickelt sich aus der Arbeit zum Projekt davor und ist wiederum die Grundlage für das nächste. So wie beispielsweise ein Maler eine Entwicklung in Phasen anhand jedes einzelnen Bildes vollzieht, tue ich das anhand meiner Parfums. Dieses immer weiter führende Hervorbringen des Neuen aus dem Erzielten, das ist sehr vergleichbar innerhalb der verschiedenen Kunstdisziplinen. Parfumerie ist da wie Malerei oder Musikkomposition. Das einzige, was vielleicht unterschiedlich ist, ist die Art und Weise von Vorstellung und Vermarktung der Kunstwerke.“

Wir finden es wichtig, die Möglichkeit der Kunst zu sehen in all dem, was die Design- und Modekonsumindustrie der Parfumerie hervorbringt. Unser Blick dafür ist noch nicht sicher wie in anderen Gattungen, denn diese Kunstform ist noch überaus jung.

„Eine junge Kunstform, ja, das sehe ich genau so. Am Anfang des letzten Jahrhunderts begann mit der Synthese von Geruchsstoffen die Parfumeriekunst. Wenn ich wählen könnte, wäre das die Zeit gewesen, in der ich am liebsten gewirkt hätte. Ich wäre so gern dabei gewesen! Ganz am Anfang, bei der Geburt. Alle Möglichkeiten noch offen, alle Wege noch nie gegangen – der Horizont noch vollkommen frei. Aus einem kreativen Vakuum ist mit einem Knall, einer regelrechten Explosion, so immens viel Energie frei geworden. Es entstand unglaublich viel. Und so schnell: die Erfindungen überschlugen sich. Es gab eine Menge großer Parfumeure, wahrhaftiger Pioniere. Das gesamte 20. Jahrhundert hindurch ging diese Entwicklung immer weiter, weiterhin mit hohem Tempo, sich sogar noch beschleunigend durch den technischen Fortschritt. Heute können wir alles. Wir können wirklich alles. So viele Stoffe, so viele verfügbare Moleküle, so viel, was möglich ist. Es gibt zu Beginn des 21. Jahrhunderts keine Grenzen mehr, die absolut gelten würden. Die Möglichkeiten sind unendlich. Völlige Freiheit. Aber die Parfumerie muss Takt halten mit Geschmack und Mode. Alle technischen Mittel und Chancen messen sich an dem, was gefällt … und am Ende gekauft wird. Leider, muss ich sagen. Da liegt ein ganzes Universum zwischen dem, was die Kunst kann und dem, was die Konsumenten wollen.“

Eifrig im Kunstdiskurs: Bertrand Duchaufour und Louce

Aber ist das mit Kunst nicht grundsätzlich so? Bleiben wir beim Vergleich mit Malerei: Giotto können wir heute als Visionär sehen; als einen, der seiner Zeit, oder besser ihrem Malereigeschmack, drei Schritte voraus war. Oder Leonardo und Michelangelo: Renaissance war zur Entstehungszeit eine Revolution des vermeintlich Möglichen, ein radikaler Sprung nach vorne. Oder Cezanne oder Picasso, mit denen war es in der Moderne genau so.

„Hm. Kann sein, ja. Epochale Schritte entstehen immer wieder aus dieser Distanz zwischen dem Stand der Kunst und dem Stand des Zeitgeschmacks. Solche historische Schwellen sind nötig, um die nächste Stufe zu nehmen und je größer die Distanz, umso größer muss dann auch der Sprung sein, um sie, zumindest vorerst, zu schließen. Der historische Kontext muss da sein und der Künstler muss passen. Sein Werdegang und sein Können müssen exakt passen zur Schwelle, an der sich die Kunst genau in diesem Moment befindet. Dann ist der große Schritt ins Unbekannte möglich.“

Die Gegenwart, begriffen als solch eine Schwellenzeit, ist auch ziemlich attraktiv ist für Parfumeure als Künstler, nicht nur die Anfangszeit um die vorletzte Jahrhundertwende, finden wir. Und wir glauben, Bertrand Duchaufour ist ein Name, der nicht nur aktuell bekannt ist, sondern dass man ihn auch in Zukunft verbinden wird mit der Parfumerie Anfang des 21. Jahrhunderts … eben weil er zur gegenwärtigen Schwellenzeit passt.

Er schaut überrascht, fast schockiert.

„Echt?“

Ja. Das ist jetzt nicht geschleimt, sondern etwas, was wir als ziemlich sicher ansehen.

Bertrand Duchaufour scheint etwas aus dem Konzept gekommen und wiederholt sich.

„Echt?“

Ja. In 100 Jahren, in einem olfaktorischen Museum, wie dem was Chandler Burr kuratiert oder der Osmothèque, werden für diese Zeit Jean-Claude Ellena und Bertrand Duchaufour als epochemachende Parfumeure dargestellt werden.

„Hm. Wir werden sehen.“ Er legt die Stirn in Falten. „In der Gegenwart ist das schwer zu beurteilen.“

Logisch, dass er selbst nichts sagen kann zu seiner historischen Einordnung als Künstler. Aber bei anderen fällt das leichter. Wer gehört seiner Meinung nach noch in Museen und Fachbücher, wenn es um die jetzige Zeit der Parfumerie gehen wird in 100 Jahren?

Geza Schön. Ganz klar. Bei mir selbst bin da nicht so sicher, aber Gezas Bedeutung ist ohne Zweifel. Er setzt mit Escentric Molecules eine große Idee um. Eine völlig neue von dem, was ein Akkord sein kann. Ich vergleiche das, was er macht, immer mit der Malerei Yves Kleins.“

Wir finden, das ist ein unglaublich treffender Vergleich. Yves Klein hatte lange nach dem richtigen Blau gesucht, um nicht die automatischen Assoziationen von Himmel oder Meer aufzurufen. Er wollte fundamental und restlos abstrakt sein. In einem synthetischen Blau hatte er seinen Werkstoff gefunden und entwickelte daraus eine neue Art von Tiefe, Bewegung, Struktur, so dass er dem Auge noch nie Gesehenes zeigen konnte. Mit Monochromie, die uneigentlich überhaupt nicht eintönig war, erforschte und erweiterte er die Gesetze des Malerischen. Die Parallelen sind frappant.

 

Aus dem Schatten treten

Wenn der Yves Klein-Vergleich für Geza Schön so augenfällig treffend ist … hat er einen ebensolchen für sein eigenes Werk? Chandler Burr spricht von Rembrandt. Der hat hervorgehoben, dass in seinen Parfums die Schatten eine wichtige Rolle spielen würden.

„Ja … Schatten.“ Bertrand Duchaufour seufzt traurig.

Wir finden, dass der Vergleich passt. Um bei der Analogie zur Malerei zu bleiben: nicht Schlagschatten à la Caravaggio, sondern ein Einlassen auf Nuancen, Zwischenstufen und Übergangszonen. Keine großen Kontraste, die …

„Aber genau das will ich!“ unterbricht er „Ich will den großen Kontrast!“

Er seufzt ein weiteres Mal. Tief.

„Aber es ist schon richtig. Ich bin ein Maler der Schatten. Weil ich so viele Naturstoffe benutze. Naturstoffe bringen immer etliche Nuancen mit sich, immer einen Multifacettenaspekt. Und je mehr man das in seiner Komposition nutzt, desto mehr wird das Gesamte eben nuanciert. Es stimmt. Mein Stil ist einer der Abstufungen und Schattierungen. Aber ich arbeite daran, genau das zu ändern. Ich will da weg, hin zum Kontrast, zur Klarheit. Ich will meine Parfums modernisieren. Weniger und immer weniger arbeite ich mit Naturstoffen. Ich lerne, ich entwickle mich und es verändert sich etwas. Moderner. Kontrastreicher. Klarer. Einerseits sind meine bisherigen Parfums modern, zeitgenössisch und originell, gleichzeitig sind sie aber auch zutiefst klassisch. Wohl auch wegen ihrer großen Zahl, weil sie simultan den Zeitgeschmack abbilden müssen, um erfolgreich zu sein. Aber das soll sich ändern. Ich werde ein, zwei Naturstoffe als Hauptingredienzien  meines Grundkanons wählen und mich ansonsten frei machen von dieser tradierten Kompositionsweise.“

Herausforderung: Klarheit

 

Aber die Schatten und Nuancen sind doch seine Stärke.

„Und sie sind unklar. Ich will aber Klarheit. Klarheit! Mein Ziel ist, Stärke zu bewahren, beziehungsweise noch stärker zu werden und dabei die Unklarheiten zu beseitigen.“

 

Das würde aber eine ziemliche Kehrtwende bedeuten. Sein bisheriger Kompositionsstil, das, was man durchaus als den Bertrand-Duchaufour-Stil bezeichnen kann, verbindet geradlinige vertikale Linien mit einer nuancierten Basis: jede Linie hat einen pyramidalen Aufbau, wo mit vergleichsweise schmalen Aspekten begonnen wird, die dann immer breiter untermauert werden und zuletzt auf einem festen, ausgedehnten Sockel ruhen. Dabei werden die einzelnen Effekte miteinander verblendet, so dass Schnittmengen entstehen, die sich wiederum kontinuierlich überschneiden. Unseren Beschreibungsversuchen stimmt Bertrand Duchaufour heftig nickend immer wieder zu, dann sagt er: „Und genau das will ich ändern. Ich will meinen Düften eine andere Form geben. Meine typische komplexe Basis mit massivem Naturstoffeinsatz ist nicht der einzige effiziente Weg für mich. Man kann auch anders etwas Interessantes, Innovatives machen, das genau so effizient ist. Nicht einfach dadurch, dass man ein paar synthetische Stoffe nimmt, sondern dass man die ganze Bandbreite des Synthetischen nutzt – und dabei die Simplizität wahrt. Simple Akkorde. Das ist mein Ziel. Das was Geza macht oder was Oliver Cresp bei Light Blue zustande bringt: Einfachste Akkorde, aber saugut funktionierend, mit einer wunderbaren Sillage.“

Aber wo führt das hin? Riechen seine Parfums in ein paar Jahren dann wie die von Geza Schön? Das kann es ja nicht sein. Oder will er in eine neue, eigene Richtung?

Er lächelt. „Das werden wir sehen.“

Wir finden seine stilistische Suche spannend. Zweifelnd, selbstkritisch fragend, dabei mutig immer auf dem Weg zu sein – das ist künstlerische Fruchtbarkeit. Aber gleichzeitig finden wir es schade, wie er damit bereits Erreichtes verwirft.

„Auch wenn die Leute, die meine Arbeit mögen, oder sogar richtig verehren, sagen, dass sie genau das schätzen, was ich nicht mehr will, auch wenn ich exakt dafür bekannt bin …  Fuck! Ist mir egal. Meine Herausforderung ist die Klarheit.“

 

Unterwegs

Wenn er gerade mit seiner stilistischen Richtung hadert und sich Erneuerung wünscht: An was arbeitet er derzeit?

Bertrand Duchaufour berichtet, dass er gerade an großen floralen Düften arbeitet, was wohl eher weniger in die kreative Umorientierung passen wird. Und für L´Artisan Parfumeur wird das nächste ein Gourmand sein [Anmerkung des Autorenteams: Inzwischen frisch erschienen: Noir Exquis].

Gourmand? Er will bloß Geld verdienen!

„Ja.“ feixt er „Das Parfum ist vielleicht nicht das, was ich mir als Projekt selbst aussuchen würde – aber es wird ziemlich interessant.“

Wir rollen mit den Augen. Ethylmaltol und Vanille.

„Öh … ja.“

Alle lachen.

Aber auf eine andere Art. Aus einem anderen Winkel, mit einem eigenen Twist. Nicht das, was man kennt, sondern etwas Spannendes. Gourmand kann spannend sein. Ich bin ziemlich überzeugt von dem Duft.“

Aus unseren Gesprächen mit Geza Schön und Mark Buxton wissen wir, dass sie zusammen mit ihm an einem gemeinsamen Projekt arbeiten. Wie ist der Stand?

„Wir sind auf den letzten Metern, die Parfums selbst sind fertig. Das genaue Datum der Veröffentlichung steht noch nicht fest, es wird aber wohl noch dieses Jahr sein. Es hat lange gedauert. Geza war einerseits der Verantwortliche für die Verspätung, andererseits der zentrale Macher, der das Projekt vorantrieb und umsetzte. Sein Team kümmert sich um Verpackung, Promotion und Vertrieb. Die haben da was ganz geniales Neues entwickelt.“

Wir wollen die Namen wissen.

Wird es nicht geben. Aber trotzdem sind die drei eindeutig bestimmbar. Lasst euch überraschen.“

Wir raten. Bekommen die Düfte statt Titeln Nummern? Oder werden sie mit drei Farben unterschieden? Das will er uns jedoch nicht verraten. Wir mögen uns gedulden.

„Es sind sehr persönliche Düfte geworden. Jeder von uns wählte einen ganz eigenen Ansatz.“

Aha! Werden wir bei diesem Parfum den Beginn seiner stilistischen Metamorphose riechen? Wie wird es sein?

Er schlägt schmunzelnd die Hände vors Gesicht und ächzt durch die Finger: „Immer noch sehr reich.“

Ein Schritt in eine neue künstlerische Phase braucht – zumindest praktisch – ja auch Zeit, finden wir. Es ist ungeduldig, wenn wir sofort konkrete Werke gemäß der reformierten ästhetischen Theorie erwarten.

„Ja. Etwas Zeit brauche ich noch. Das mit der angestrebten Klarheit und dem Minimalismus der olfaktorischen Sprache ist mir bei diesem Projekt noch nicht gelungen. Immer noch viele Schattierungen, Abstufungen und Zwischentöne. Aber immerhin gleichzeitig hell, sehr hell. Frisch, stark, männlich. Holzig-würzig-frisch.“

Das Essen ist längst abgeräumt, mehrere Espressi und Kaffees getrunken und leider die für das Interview anberaumte Zeit deutlich überzogen. Der nächste Termin auf Bertrand Duchaufours Schedule zwingt ihn zum Aufbruch.

Treffen wir uns wieder, und wenn ja – wann?

„Sicher. In zwei Jahren? Spätestens dann wird das mit der großen Klarheit Praxis sein, nicht mehr nur Theorie.“

Zwei Jahre werden reichen?

„Ja. Ihr werdet sehen. Und Ihr werdet es riechen.“

Bertrand Duchaufour lächelt und nickt, als er sich mit diesen Worten verabschiedet.


Pittiresk

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Parfumo berichtet von der Pitti Fragranze 2015

 

Die Pitti Fragranze ist, neben der Mailänder Esxence im Frühling, die wichtigste Parfummesse Italiens, ein wenig kleiner (wobei das ‚weniger riesig’ bedeutet) und mit einem etwas italienischeren Schwerpunkt. Florenz beherbergt die Messe, auf der gezeigt wird, was in Europa unter dem Begriff Nische an den Markt geht; wobei „Nische“ sehr weit gefasst ist: jenseits des Mainstreams, oder zumindest jenseits vom Drogeriekettenangebot, innerhalb kleinerer Marken, mehr oder weniger künstlerisch aufgefasst, kostspielig, sehr kostspielig oder unglaublich kostspielig.

Tatsächlich oder vermeintlich alternativ – was die hier präsentierten Labels eint ist, dass sie konkurrieren um einen Teil des Marktes, wo die Endverbraucherin und der Endverbraucher suchen, was ihnen ein Plus gibt. Ein Plus an Qualität, Kunst, Statusbeweis oder einfach Genuss.

Auf der Suche nach einem Plus für uns und Parfumo mischen wir uns in die Menge.

Mattes Weiß gibt den Hintergrund für prächtig schillerndes Gold, edel schimmerndes Schwarz, hier und da aufflackerndes Rubinrot oder nächtliches Tiefblau. Darüber hängen herausfordernd bunte Mobiles von transparenten Kaleidoskop-Prismen, die Duft darstellen sollen. Während wir versuchen, uns bei all dem, was sich hier optisch zu übertreffen versucht und um die Wette glänzt, tatsächlich irgendwas wirklich zu sehen, sind unsere Ohren voll mit aufgeschnappten Gesprächsfetzen von links, recht, vorne und hinten: „not, what you are used to smell“, „eccezionalissimo“, „perfume for the one percent“, „perfettamente“, „new, really new“, „assolutamente incredibile“, „precious“, „È pionieristico!“, „different from the rest“, „vero esclusivo“.

Und dabei freilich immer wieder Duft.

Gehaucht, vorbei wehend, umschließend, lockend, prächtig, vergehend, aufwallend, manchmal völlig fremd, manchmal vertraut. Wir gehen durch eine pudrigsüße Vanilleschwade, vorbei an einem Vetiverschleier und stehen plötzlich in einer Veilchenlavendelwolke.

In all den Farben, Stimmen, Gerüchen wollen wir Eindrücke und Berichtenswertes für Parfumo sammeln und es fällt uns erstaunlich schwer, uns bei all dem Blingbling und Blaba zurecht zu finden, uns nicht einfach treiben zu lassen mit unseren nach nur wenigen Minuten reizüberfluteten Sinnen.

Die Pitti Fragranze stellt sich als echte Herausforderung heraus.

François Hénin von Jovoy flaniert, gefolgt von einem kleinen Entourage-Hofstaat, durch die Gänge, Pierre Guillaume ist immer, wenn wir an seinem Stand vorbei kommen, engagiert und raumgreifend gestikulierend am Erklären seiner Collection Croisière und Etienne de Swardt zeigt die Parfums von Etat Libre d’Orange, die gleichzeitig überhaupt nicht und ganz besonders hier her passen. Wir freuen uns, Spyros Drosopoulos zu sehen, der seine Marke Baruti präsentiert (einer, der wirklich in die Rubrik ‚alternativ’ fallen dürfte mit seinen ungewöhnlichen und reizvollen Parfums) und wir treffen Jean-Philippe Clermont, der für Parfumo das Testpaket der neuen Atelier des Ors-Parfums zur Verfügung stellte, das derzeit noch herum geschickt wird. Eine Parfummarke auf den Markt zu bringen, ist hartes Brot, vermuten wir, denn er sieht etwas abgehärmt und gealtert aus seit März, als wir ihn trafen. Sofort lässt er ein strahlendes, unverbraucht-dynamisches Lächeln auf seinem Gesicht leuchten und erzählt, wie erfolgreich Atelier des Ors ist. Allerdings räumt er ein: „Ja, schon … es ist Arbeit. Es kostet ganz schön Puste, immer und überall sein zu müssen. Der Parfummarkt ist eng und schonungslos. Man muss neben Geld auch sehr, sehr viel Mühe investieren. Aber es lohnt sich. Inzwischen ist Atelier des Ors gut platziert. Es wird jetzt auch in Deutschland vertrieben und wir freuen uns über die Nachfrage.“ Mittlerweile ist der Name der Parfumeurin der fünf Parfums kein Geheimnis mehr. „Das Interesse und die Nachfragen nach Marie Salamagne waren unglaublich. Ihre Arbeit ist auch einfach klasse und deshalb wollen wir auch weiter mit ihr arbeiten.“ Ist da bereits etwas in Planung? Er lacht und ringt gespielt um Luft. „Erstmal müssen wir die Linie weiter etablieren. Das ist gerade genug.“ Dann zwinkert er uns zu. „Aber ja … es gibt Ideen. Für die Zukunft.“

Wir entdecken die geschätzten Laura Tonatto-Parfums in neuem Verpackungsdesign und fragen am Stand nach Neuigkeiten der Marke und ob „die italienische Nase“ selbst vorbei schauen wird. Die präsentierende Art Directrice klärt uns auf, dass es jetzt zwei Marken gibt: Die erste Laura Tonatto-Linie wird von ihr, der Tochter der Parfumeurin, unter dem Namen Tonatto weitergeführt und es wird in ihr keine neuen Düfte der Mutter geben. Die macht jetzt was anderes. Sie, Diletta Tonatto, ist jetzt für Neuerscheinungen verantwortlich, zum Beispiel den frisch gelaunchten Ápeiron, den wir gleich testen. Áperon ist ein Amberduft mit charmanter Veilchen- und Lakritznote im Auftakt, den wir in der Eile unseres kurzen Besuchs nicht ausreichend würdigen können; zu schnell verblasst der Start und das Parfum kommt uns danach wie ein schöner, aber recht gewohnter Amberduft vor.

Der Problematik von Reformulierungen, die aufgrund schwankender Qualität der natürlichen Rohstoffe oder IFRA/EU-Regulierungsänderungen notwendig sein können, wird beim neuen Tonatto Rechnung getragen: nach jeder Reformulierung wechselt ein Symbol auf der Flakonrückseite. Das der ersten Füllung z.B. besteht aus zwei offenen Kreisen. Sollte es eine Reformulierung geben, wird es zu einem gefüllten Dreieck. Man weiß also immer, ob und wenn sich etwas in der Rezeptur verändert hat. Eine gute Idee, finden wir.

So weit wie möglich vom Tonatto-Stand entfernt, am anderen Ende der Halle, finden wir die Präsentation der neuen Marke Essenzialmente Laura, wo wir die Parfumeurin Laura Bosetti Tonatto treffen. Nach einer offenbar ziemlich unschönen Scheidung und einem Streit um die ursprüngliche Firma baut sie jetzt, nach einer Phase des Rückzugs, ihre neue eigene Marke auf – mit Doppelnamen und ohne die Parfums ihrer ersten Serie.  Wir freuen uns, dass sie sich Zeit nimmt, uns Essenzialmente Laura vorzustellen.

„Es geht um die Qualität der Rohstoffe. Das ist für mich das Wichtigste. In über 30 Jahren als Parfumeurin habe ich das gelernt und nun konzentriere ich mich darauf mit Essenzialmente Laura. Meine Expertise ist nicht nur in der jeweiligen Komposition vertreten, sondern vor allem zunächst in der Auswahl der Ingredienzien. Was ich kann und wie gut meine Nase ist, zeigt sich darin, welche Rohstoffe ich finde. Bei außerordentlich guten Rohstoffen ist meine Aufgabe dann, sie in ihrer Güte herauszustellen, um großes Parfum zu schaffen. Mein Talent dient also den ausgesuchten Materialien, nicht umgekehrt.“ Laura Bosetti Tonattos Stil kennen wir von früheren Arbeiten als offen, ungekünstelt und aufs Wesentliche reduziert, daher klingt das sehr passend. Sie gibt uns eine ganze Reihe ihrer 39 Parfums auf Blottern zu riechen. Die Düfte (mit wenigen Ausnahmen) widmen sich jeweils nur 2 Noten. Sie sind in die klassischen Duftfamilien aufgeteilt und es werden keine Duftpyramiden angegeben („Bei der Beschreibung meiner Parfums helfen Pyramiden nicht, die man heute sogar bei Tabakwaren findet.“).

Wir riechen souverän und zugleich behutsam komponierte Düfte mit tatsächlich exquisiten Hauptnoten. Zum Beispiel eine ungemein strahlende und starke Taif-Rose, von der Laura Bosetti Tonatto mit Stolz erzählt, dass sie vom saudischen Königshaus für eigene Zwecke produziert wird und dass sie, die länger für die Sauds gearbeitet hat, von diesem Rohstoff pro Jahr eines von insgesamt nur 16 Kilo bekommt. Zusammen mit einem schmiegsamen Lavendel oder mit einem pulverig-staubigen Amber gefällt uns diese Taif-Rose sehr und wir verstehen die Begeisterung der Parfumeurin für diesen Stoff. Wir lernen auch ihre Tuberose kennen (tuberosenuntypisch grazil), ihr Vetiveröl aus Singapur (tief räucherig), ihren Jasmin (leuchtend) und ihr Oud (sehr, sehr intensiv, trotzdem irgendwie leicht). Das Parfum Talitha stellt beide letztgenannte Noten ins Zentrum der Komposition und ist eine gelungene und originelle Bereicherung des eigentlich sattsam bekannten Blüten-Oud-Themas. Der Duft Indaco um indisches Sandelholz und sizilianische Bergamotte begeistert uns aufs erste Riechen. „Die Bergamotte habe ich in solch massiver Konzentration eingesetzt, dass sie nicht sofort verfliegt, sondern bis zum Ende beim Sandelholz bleibt.“ Wir sind positiv überrascht, als wir den Preis erfahren: € 89,- für 100 ml.


„Mein Konzept ist ein sehr klares: ich suche rund um die Welt die für mich besten Rohstoffe als Zentren meiner Düfte und gebe kein Geld aus für aufwändige Verpackungen und Schnickschnack. Deshalb kosten die Düfte auch kein Vermögen, obwohl ihre Ingredienzien absolut hochwertig sind.“

Zwar gibt es noch keinen deutschen Vertrieb, aber wir sind uns sicher, von Essenzialmente Laura noch zu hören und wollen nach der Pitti Fragranze die große Palette von Parfums besser kennenlernen.
Beim Schlendern sehen wir eine Menge uns völlig unbekannter Marken, eine edler präsentiert als die andere und schnuppern hier und da rein. Mal ernüchtert uns olfaktorisch allzu Bekanntes, mal macht das Riechen Lust auf mehr. Recht schnell sind wir aber von zu viel Neuem in zu kurzer Zeit überladen und gar nicht mehr so motiviert, große Messeentdeckungen machen zu wollen. Wir freuen uns daher, bei bekannten Labels die Neuerscheinungen zu sondieren, denn da ist das Neue überschaubar:

Im Interview hat uns Bertrand Duchaufour neugierig gemacht auf seinen neuen Gourmandduft Noir Exquis. Am Stand von L’Artisan Parfumeur können wir ihn erstmals riechen und sind angetan, wie Süße aufs Schönste mit Röstaromen kontrastiert wird – trotzdem ist es ein heller Duft. Auch Gourmandskeptiker sollten einen Test wagen.

The Different Company feiern ihr 15jähriges Jubiläum mit Le 15, einem Extrait um einen zentralen Palo-Santo-Akkord. Wir wissen nicht so genau, wie Palo Santo riecht. „Le 15“ zumindest ist ein hellwürziger, rauchiger Holzduft, der Fans von „Kyoto“ oder Oud Shamash gefallen könnte.

Bei Annick Goutal gibt es drei neue Absolues in einer extra-exklusiven Edition um die drei Themen Vanille, Amber und Oud. Nicht gerade revolutionär finden wir. Auch die Parfums können uns nicht sofort einnehmen und davon überzeugen, dass diese weiteren Basisbestseller-Varianten wirklich nötig waren. Dennoch nehmen wir uns vor, sie noch mal ordentlich zu testen, wenn wir die angemessene Aufmerksamkeit dafür haben.

 

Als wir Andy Tauer treffen und ihn nach Neuem fragen, zeigt er uns stolz seine neuen Schuhe. Jedes Jahr zur Messe legt er sich eigens ein neues Paar Sneaker zu. Ziemlich Nische, ist unser Modeurteil.

Der Schweizer zeigt uns außerdem seine Tauerville-Linie: Incense Flash, Vanilla Flash und Rose Flash kommen mit Tauer-Handschrift und -Qualität daher, aber in einfachen Flakons. Tauerville ist auch ein Statement zu all dem Getue auf dem Parfummarkt. No Fuzz, einfach Duft in die Flasche. Ohne großes Drumherum, ein guter Preis für einen guten Duft.“

Auch seinen Sotto la Luna – Tuberose lernen wir kennen. „Der Witz ist, dass es tatsächlich eine Tuberose ist. Das Nächtliche, Mysteriöse, warum ich den Mond im Namen gewählt habe, bedeutet im Parfum, dass das Dunkle darin ist: Amber, Patchouli, dunkle Hölzer. Und im Kopf ist viel Galbanum, fast ein bisschen minzig mit Gewürzen. Das ganze wird dadurch grün. So wird die Tuberose auch für Männer tragbar, sie ist moderat und bekommt einen Rahmen gesetzt.“. Louce, der Sotto la Luna – Tuberose sehr gefällt, obwohl sie sonst tuberosenphobisch ist, wird vom Parfumeur gewarnt: „Aber Vorsicht! Es ist immer noch Tuberose! Die hält ewig und ich habe sie in ordentlichen Gewichtsprozenten eingesetzt. Eine Nacht lang hast Du sie bestimmt noch, nachdem Du es Dir vielleicht anders überlegt hast mit dem Mögen, hihi.“.

Andy Tauer bekundet Respekt für die Schnelligkeit der Parfumo-Datenbank. „Kaum hast Du ein Parfum rausgebracht, stehen schon alle Daten und die Pyramide bei Parfumo im Netz.“ Er lacht. „Irgendwann wird es so sein, dass die Datenbank schneller ist, als der Kreateur – wenn ich dann nicht weiß, was ich als nächstes zu machen habe, schaue ich bei Parfumo nach.

Der witzige und bescheidene Schweizer schaut etwas verschämt auf seine neuen Sneaker, als wir anmerken, wie sehr seine Parfums und sein Selfmade-Werdegang die Parfumszene verändert haben. „Ich hatte Glück. Einfach zum richtigen Zeitpunkt habe ich meine Sachen gemacht und es hat alles gepasst – heute wäre das nicht mehr möglich.“ Inmitten der Messe ist das für uns offensichtlich. „Aber es gibt sogar heute noch kleine Wunder und Überraschungen.“ freut er sich „Ich zeige Euch mal was…“

Andy Tauer führt uns zum Stand von Richard Lüscher Britos und erzählt uns unterwegs: „Das ist eine Schweizer Marke und ihr Projekt ist etwas Besonderes. Ich habe auch ein Parfum für sie gemacht. Normalerweise sind Parfums, wenn ausschließlich natürliche Materialien verwendet werden, eher … hmm … na ja … also … nicht so gut, sag ich mal. Aber hier klappt das mit dem Naturkonzept! Die Sachen lohnen sich zu riechen.“

Angekommen bei Richard Lüscher Britos stellt er uns Marketier Lukas Lüscher vor, der uns von der Terroir-Idee erzählt, die ihn mit seinen Freunden Malvin Richard (Parfumeur) und Serena Britos (Ethnobiologin) zur Gründung einer neuen Parfummarke bewegte: „Bei uns wird über Gerüche ein Terroir authentisch dargestellt. Wir gehen an den Ort, wo die Pflanze, von der wir uns eine Vorstellung verschaffen wollen, wächst. Wir beschäftigen uns mit diesem Ort, wollen seinen Charakter erfahren, die Natur und Kultur, und ihn über seine Gerüche beschreiben lernen. Das Parfum trägt dann die Längen- und Breitengrade als Namen.“ Den Begriff Terroir kennen wir vom Weinbau. Wenn es darum geht, dass ein Wein olfaktorisch und gustatorisch und sogar auch haptisch erzählt von der Gegend, aus der er stammt, vom Boden und den klimatischen Bedingungen, spricht man davon, dass der Wein seinem Terroir verpflichtet ist.

„Auch Parfum kann die Geschichte eines Terroirs erzählen. Aber das geht nur mit eigenem Erleben und intensiver Beschäftigung. Und mit 100% natürlichen Materialien.“ Er gibt das Beispiel von der Entstehung des Parfums  44°N 03°E: „Es geht um wilden Berglavendel in Südfrankreich. Es gibt da eine Region, wo ein urtümlicher Lavendel wild wächst. Sechs Frauen von dort treffen sich jedes Jahr im August zum Pflücken. Wir durften bei der Ernte helfen und haben nicht nur den Berglavendel, sondern auch alle anderen Eindrücke dieser Landschaft mitgenommen. Unser Erlebnis haben wir dann dem Parfumeur, Andy Tauer, erzählt, damit er um diesen wilden Berglavendel das Parfum seines Terroirs bauen konnte. Wir haben ihm auch von den Schafen erzählt. Der Geruch von Schafen gehört zu dieser Landschaft, er ist nicht weg zu denken, wenn man die raue, authentische Schönheit olfaktorisch zeichnen will. Zuerst hat Andy das für völlig schräg gehalten … aber uns war wichtig, dass das mit drin ist. Mit einer schönen Labdanumnote hat er dann diesen kleinen Touch tierische und ranzige Qualität hinein gebracht.“ Während wir die Entstehungsgeschichte hören, riechen wir in 44°N 03°E einen wahrhaftig wild anmutenden Lavendel. Er wirkt ungezähmt und im wahrsten Wortsinne unverblümt, dabei aber kompositorisch sehr stimmig eingefasst.

Welche  Geschichten und Gerüche von anderen Terroirs gibt es noch?

„Im Parfum 46°N 08°E ist Schweizer Zirbelkiefer im Zentrum, in 14°S 48°E Ylang Ylang von Madagaskar. 38°N 16°E dreht sich um kalabrische Bergamotte und 04°N 74°W um Gardenie aus Kolumbien.“ Wir staunen über eine ruppige und gleichzeitig anmutig duftende, enzianbeschwipste Zirbelkiefer, eine stark gepfefferte Ylang Ylang-Blüte und eine prächtige Gardeniennote, die uns nicht so scharf und schlank vorkommt, wie wir das kennen, sondern verblüffend fein und fluffig, während die kalabrische Bergamotte bei großer, extrafrischer Klarheit eine ganz schwache holde Süße beigegeben bekommen hat. „Und dann wäre da noch das nächste. Unser 32°N 08°W ist noch gar nicht erschienen, wird erst im Oktober/November lanciert. Es dreht sich um Nanaminze aus der Gegend um Marrakesch.“ Da halten wir zwei uns für ausgewiesene Experten und riechen neugierig am Blotter. Eine süße, sehr helle, aber gleichzeitig kräftige Minze erinnert uns wunderbar eindringlich an den typischen marokkanischen Minztee mit viel Zucker. Darunter schimmern schwach etwas Trockenes, Pulvriges und eine geruchliche Wärme. Dabei ist der Duft mehr als die Erinnerung an einen Geschmack, sondern ein stimmiges Parfum um eine ausnahmsweise mal nicht kühl inszenierte Minznote. Wenn 32°N 08°W rauskommt, wollen wir es auf jeden Fall eingehend kennen lernen.  

 

Der Blick auf die Uhr verrät, dass unser Tag in Florenz nach diesen vielen Begegnungen und Dufttests sowie zwei weiteren Interviewterminen, zu denen wir eigene Artikel schreiben werden, vorbei ist. Voller Eindrücke, mit massig Tonaufnahmen, Notizen, Fotos und mit schwirrenden Köpfen verlassen wir die Messe.

Einerseits ist es schade, dass wir nicht noch einen weiteren Tag Zeit dort haben. Wir konnten nur einen kleinen Teil des Pitti-Angebots wirklich wahrnehmen und sind an vielem unwissend vorbei gegangen. Unser Bericht vom Messerundgang wird nur vergleichsweise wenige Highlights und Fundstücke darstellen können.

Andererseits finden wir aber auch, es ist jetzt mehr als genug für zwei Nasen.

Unter dem Oberbegriff „Nische“ gibt es viel, sehr viel Parfum, das um unsere Aufmerksamkeit wirbt von sehr vielen Marken, die uns Gesuchtes versprechen. Bei allem Marketinggetöne und Exklusiv-Gepose, lohnt es sich, genau hinzuschauen bzw. hinzuriechen. An der bunten Losbude sind reichlich Nieten im Topf – aber auch viele Gewinne in Sachen Qualität und Esprit. Es gibt einiges zu entdecken und wir würden uns freuen, wenn wir vielleicht ein paar Entdeckungstouren von Parfumo-Membern inspirieren konnten mit unserem Bericht von der Pitti Fragranze.

Louce und Ronin für Parfumo

Weihnachtsgewinnspiel 2015 von Parfumo & Flaconi

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Die Suche geht weiter! Auch in diesem Jahr gibt es vom 01. – 24. Dezember täglich dufte Preise zu gewinnen.

So machen Sie mit:
Ab dem 01.12.2015 wird täglich ab Mitternacht das Flaconi-Logo auf der Detailseite eines bestimmten Parfums bei Parfumo zu sehen sein. Finden Sie das Parfum, bei dem das Logo groß unter dem Flakonbild zu sehen ist und klicken Sie auf den entsprechenden Link unter dem Logo – schon nehmen Sie teil! Unter allen erfolgreichen Teilnehmern des Tages verlosen wir je einen Herren- und einen Damenduft.

Wichtig: Sie benötigen ein Parfumo-Konto und müssen eingeloggt sein, um das Logo zu sehen und teilzunehmen.
Eine kleine Hilfe: Der Name des Parfums hat immer etwas mit Weihnachten oder Winter zu tun. ;-)

Haben Sie am jeweiligen Tag bis spätestens 23:59:59 Uhr den Teilnahme-Link angeklickt, nehmen Sie an der Verlosung teil.

Das Gewinner-Parfum des Vortages wird täglich im Forum bekanntgegeben.

Das Parfumo-Team und Flaconi wünschen viel Spaß und Glück beim Suchen!

Tipp: Auch bei Cosmetio wird in diesem Jahr gesucht! ;-) Hier geht’s zum Gewinnspiel bei Cosmetio

Düfte mit Patina – Interview mit der Parfumeurin und Musikerin Annette Neuffer

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Parfums, die aus ihrer Duftmanufaktur stammen, scheinen etwas zu besitzen, was sich mit dem Begriff „Patina“ umschreiben lässt. Die Rede ist von Annette Neuffer. Die von der Presse als „Deutschlands eleganteste Trompeterin und Sängerin“ und als „Ausnahmeerscheinung der Jazzszene“ gefeierte Annette Neuffer lebt zusammen mit ihrem Partner, der gemeinsamen 16-jährigen Tochter und zwei  halbstarken Katern im bayrischen Freising.

Jazzmusikerin und Sängerin Annette Neuffer – Foto Oskar Henn

Sie studierte an den Musikhochschulen Graz und Stuttgart, und machte als erste Frau in Deutschland ihr Diplom im Hauptfach Jazztrompete.

Schon während ihres Studiums begann ihre anfangs völlig unerwartete Gesangskarriere. Der legendäre amerikanische Leadtrompeter Al Porcino, der mit Größen wie Ray Charles, Ella Fitzgerald, Judy Garland und anderen gearbeitet hat, entdeckte Annette Neuffers Talent, und engagierte sie als Vokalistin für seine Bigband. Einen Eindruck ihrer musikalischen Arbeit vermittelt dieses Video: https://www.youtube.com/watch?v=hepPSv4VVyE

Außer der Musik gilt ihre Liebe den Düften. Mit ihrer kleinen Duftmanufaktur hat sich Annette Neuffer einen Traum erfüllt, der längst mehr als ein Hobby geworden ist.  Hier kreiert sie kleine Kunstwerke wie das bezaubernde „Avicenna“, das sich als Hommage an den gleichnamigen persischen Wissenschaftler und Philosophen versteht, der bereits im zehnten Jahrhundert die Destillation von Rosenöl erfand, oder „Narcissus Poeticus“, das der Satz „nomen est omen“ wohl am besten beschreibt. Die Vorlage für diesen betörenden Narzissenduft lieferte die von Annette Neuffer als „magisch“ bezeichnete Dichternarzissenwiese des  zur Universität Weihenstephan gehörenden Staudensichtungsgartens.  In „Narcissus Poeticus“ verwendet  Annette Neuffer Dichternarzissen Absolue, ein extrem teures Rohmaterial, von dem sie sagt, dass es selbst den hartgesottensten Buchhalter zum Weinen bringt. Kein Wunder also, dass von Annette Neuffers Düften ein ganz besonderer Zauber ausgeht. Im Parfumo-Interview sprach  Annette Neuffer über ihre Arbeit.

Die magische Dichternarzissenwiese im Staudensichtungsgarten der Universität Weihenstephan

Parfumo: Annette, warum hast Du Dich für Naturparfums entschieden?

Annette Neuffer: Mich fasziniert an den natürlichen Rohstoffen die geruchliche Komplexität, die Vielschichtigkeit, das Organische und die Wärme.

Wir werden so extrem mit Künstlichkeit jeder Art bombardiert, dass es für viele zum Normalzustand geworden ist. Sei es die mittlerweile durch stereotype Klangmodule aus der Sound Library abgelöste Filmmusik, durch künstliche Aromen im Essen, oder die allgegenwärtige Pauschalbeduftung mit billigen synthetischen Riechstoffen. Dabei  muss es von allem viel und vor allem kosteneffizient sein. Da ich schon immer ein Faible für das Handgestrickte hatte, hat sich der Weg für mich wie von selbst in die andere Richtung ergeben. Sicher gibt es fantastische synthetische bzw. mit natürlichen Rohstoffen kombinierte Parfums, aber je länger ich mit natürlichen Ölen experimentiert habe, desto weniger gefielen mir die sogenannten gleichbleibenden Riechstoffe.

Die private Annette Neuffer

Ich besitze eine Schachtel, in der ich aus Platz- und Übersichtsgründen nicht mehr verwendete Riechstoffe aussortiere. Eines Tages befanden sich dann ausnahmslos Fläschchen mit synthetischem Inhalt darin. So landete die Box im Keller, wo sie jetzt in Frieden ruht.

Es hat sich für mich einfach so entwickelt, ohne jeden ideologischen Vorsatz. Ich gehöre überhaupt nicht zu den militanten Puristen, die alles Synthetische total verdammen. Ich habe auch eine Riesensammlung konventioneller Parfums und bewundere die kreative Leistung ihrer Schöpfer sehr. Einen gut gemachten Duft weiß ich immer zu würdigen. Vieles ist ohne synthetische Riechstoffe auch einfach nicht möglich, das muss ich ganz ehrlich sagen.

Parfumo: Was unterscheidet Deine Naturparfums von den herkömmlichen Produkten?

Annette Neuffer: Meine Parfums fertige ich in kleinen Chargen von Hand in meinem noch kleineren Labor.

Der Hauptunterschied besteht in erster Linie darin, dass ich ausschließlich natürliche Rohstoffe in sehr hoher Qualität zum Beispiel von Robertet, LMR, IFF, Firmenich, Biolandes und Ecomaat, sowie Rosenöl direkt vom Produzenten in Bulgarien, verwende.

Leider gibt es viele Firmen, die mit Begriffen wie „Organic“, „Green“, „Natur“ usw. marketingmäßig um sich werfen. Dazu werden gern viele Blümchen auf die Verpackung gedruckt, und dabei häufig auch Verbraucher in die Irre geführt. Für den Konsumenten ist es meist schwierig, die Spreu vom Weizen zu trennen. Sicher kann man eigentlich nur sein, wenn in der Inhaltsstoffangabe (INCI) bei „Perfume“ auch „100% natural“ steht.

Ein weiterer Aspekt ist, dass man natürliche Düfte geruchlich mit industriell gefertigten Parfums kaum vergleichen kann. Denn Letztere bestehen zu einem sehr großen Teil aus synthetischen Moschusverbindungen und Riechstoffen. Durch diese Stoffe ist ein Parfum meistens wesentlich stärker und länger haltbar.  Übrigens auch im menschlichen Organismus und der Umwelt.

Naturparfums hingegen verfliegen in der Regel schneller. Doch die Vielschichtigkeit der Materialien berührt die Seele für mein Empfinden in unvergleichlicher Weise. Ein gutes echtes Neroliöl beispielsweise verströmt pures Glück. Die künstliche Orangenblütenduftstoffe wie z.B.  Methyl Naphtyl Keton besitzen einen eher stechend-penetranten und vor allem sehr linearen Charakter.

Das ist für mich wie der Unterschied von einem Konzertflügel mit seinem reichen Spektrum an Obertönen und einem Keyboard. Man kann auf beiden die selben Noten spielen, aber es ist doch etwas völlig anderes. Natürliche Duftstoffe können außerdem vom Organismus problemlos abgebaut werden, und niemand muss die Straßenseite wechseln, weil man zu viel davon erwischt hat.

Das mag jetzt zwar amüsant klingen, aber man kann ja nicht davon ausgehen, dass jeder geruchlich die gleichen Vorlieben und die gleiche Fähigkeit zur Geruchswahrnehmung hat. Wenn jemand meint, 20 Mal sprühen zu müssen, weil er sonst „nichts riecht“, ist das für die Umwelt oft kein Vergnügen…Ich persönlich kann einen Duft nicht besser finden, weil er sehr stark ist und einen Raum von 100 Quadratmetern füllt – das wäre so, als würde man die Qualität von Musik nach ihrer Lautstärke bemessen. Allerdings gebe ich selbstverständlich auch mein Bestes, meine Parfums auf natürliche Weise so haltbar wie möglich zu machen.

In meiner Arbeit bin ich von jeglichen Preis-, Mainstream-  oder sonstigen Vorgaben komplett unabhängig.  Ich komponiere die Düfte so, wie sie mir persönlich gefallen, und nicht mit einer bestimmten Zielgruppe oder einem vorgegebenem Etat im Hinterkopf. Dadurch besitze ich die Freiheit, den für mich besten Rohstoff auszuwählen, auch wenn der Preis es rein wirtschaftlich nicht rechtfertigt. Ich verwende z.B. viele Absolues, die doppelt so teuer sind wie die Standardqualität. Der Grund dafür ist, dass sie eine – zumindest für mich, attraktivere Note besitzen als das günstigere Produkt, und / oder aus biologischem Anbau stammen.

Für konventionelle Parfums gibt es dagegen in der Regel klare Vorgaben hinsichtlich Budget und Konzept, die dem Parfumeur meist gewisse Grenzen auferlegen.

Natürliche Öle sind oft um das Tausendfache teurer als synthetische. Manche wie z. B. Boronia, Tiaré oder Iriswurzel sind sogar teurer als Gold. Daher ist es unmöglich, Düfte mit diesen hochwertigen Inhaltsstoffen zum gleichen Preis wie industrielle Massenware zu produzieren.   Allerdings ist der materielle Wert des Inhaltes auch um ein Vielfaches höher als bei Mainstreamprodukten, auf die nicht selten schnell mal das Wort Oud nur draufgeschrieben wird, um einen gepfefferten Preis zu rechtfertigen. Merke: Für den Preis von einem Gramm Rosenöl kann man z.B. ein Kilo Iso E Super, Benzylsalicylat, Galaxolide oder zwei Kilo Phenyl Ethyl Alkohol (die Hauptkomponente vom Rosenduft) kaufen!

Es gibt selbstverständlich auch wesentlich teurere synthetische Riechstoffe. Die sind aber, verglichen mit den Natürlichen, immer noch ziemlich günstig. In industriell gefertigten Düften werden vergleichsweise nur homöopathische Dosen natürlicher Stoffe verarbeitet, um einen gewissen natürlichen Touch zu erzeugen. In der Regel sind aber die in den Duftnoten gelisteten Stoffe als solche kaum bis gar nicht vorhanden. Es geht hauptsächlich darum, die Käufer zur Akzeptanz von vollkommen überhöhten Preisen zu bewegen. Ich erinnere nur an das Stichwort „Oud“…

Weitere Unterschiede sind die Verwendung von unvergälltem (und somit teuer versteuertem!) Alkohol aus biologischem  Anbau. Das Weglassen von Vergällungsmitteln sollte eigentlich zumindest im höchstpreisigen Sektor eine Selbstverständlichkeit sein. Aber selbst Parfums aus der über 1.000 Euro-Liga enthalten immer noch Vergällungsmittel! Für mich ist so ein Procedere einfach nicht nachvollziehbar. Ich finde, dass bei solchen Summen der Spielraum für die Branntweinsteuer drin sein sollte, ohne dass den entsprechenden Herstellern das Nagen am Hungertuch droht.

Kommen wir zu den Zusatzstoffen: Während den Industriedüften standardmäßig Phtalate, Lichtschutzfilter, Farbstoffe und sonstige Chemikalien beigemengt werden, verzichte ich komplett auf derartige Stoffe.

Früh übt sich: Schon die kleine Annette hatte ein Faible für Düfte

Parfumo: Hat sich schon die „kleine Annette“ für Düfte begeistern können, und vielleicht schon Gänseblümchen in Alkohol eingelegt?

Annette Neuffer: In Alkohol habe ich zwar als Kleinkind nichts eingelegt, doch gibt es kurioserweise von mir aus der Zeit als ich laufen lernte kein einziges Foto, auf dem ich nicht die Nase tief in irgendeine Blüte stecke oder gerade etwas pflücke. Meine Großmutter musste also ihren Garten von nicht genießbaren bis giftigen Gewächsen befreien, weil nichts vor meinem Forschungsdrang sicher war.  Meine Passion scheint mir in die Wiege gelegt zu sein. Schon als kleines Kind habe ich mich sehr für Pflanzen interessiert, mein Lieblingsbuch im Kindergartenalter war ein kleines Lexikon von Langenscheidt „Die Flora und Fauna Europas“. Ich besitze und lese es heute noch.

Parfumo: Wie viel Arbeit steckt in der Entwicklung eines neuen Duftes?

Annette Neuffer: Das ist ganz unterschiedlich. Bei der Formulierung des Duftes ist von wenigen Wochen bis zu mehreren Jahren alles möglich.

Manches ruht auch erst Mal eine Weile, beispielsweise dann, wenn ich einen „missing link“ nicht finde. Da ich ja nicht auftrags- oder termingebunden arbeite, dauert es einfach so lange, bis ich selber mit dem Ergebnis zufrieden bin. Und das kann dauern!

Es gibt aber außer dem Prozess der Duftkomposition noch viele andere Faktoren, die insbesondere in der EU einen hohen Arbeitsaufwand mit sich bringen. Das Erstellen der gesetzlich geforderten Produktinformationsdatei zum Beispiel. Sie beinhaltet die Sicherheitsbewertung durch einen Sachverständigen. Außerdem werden Stabilitäts- und Anwendungstests gefordert. Und die Behörden verlangen Reinigungspläne, Wareneingangskontrollprotokolle und das Notieren von den Chargennummern der Rohstoffe in jeder Formulierung. Es gibt zahlreiche Pflichtangaben, die irgendwie auf Flacon und die Verpackung gelayoutet müssen. Zu guter Letzt muss die Formulierung im „Cosmetics Notification Portal“ registriert und hinterlegt werden.

Oft bin ich mehr mit verwalterischen Angelegenheiten als mit den Düften an sich beschäftigt. Für die Sicherheitsbewertung zum Beispiel müssen sämtliche Sicherheitsdatenblätter und Analysezertifikate von allen verwendeten Rohstoffen und der Verpackung bei den Lieferanten eingesammelt werden. Eine Arbeit, die sich manchmal extrem zäh gestalten kann. Es gibt mehrere mir bekannte Firmen, die Riesenerklärungen auf ihrer Website abgeben, wie streng ihre Qualitätskontrollen und Analysen sind, und das alles gaschromatographiert und rückstandskontrolliert sei – fragt man sie nach den Datenblättern, haben sie oft NICHTS vorzuweisen. Da tun sich oft richtiggehende Abgründe auf…wer sich Geld sparen will, darf mir gerne mailen.

Das Beschaffen der Rohstoffe ist ebenfalls ein arbeitsintensives Betätigungsfeld. Gerade als Einzelkämpfer kommt man, was den hohen Hürden der Mindestbestellmengen geschuldet ist, nicht gleich an all die Materialien die man gerne hätte. Anfangs habe ich mir vieles über die USA besorgt, was aber wiederum viel Aufwand und auch öfters mal Ärger mit Fracht- und Zollangelegenheiten bedeutet. Mittlerweile fahre ich Gott sei Dank sehr gut mit europäischen Anbietern, die an gewerbliche Abnehmer auch kleinere bis mittlere Mengen abgeben und ordentlich dokumentieren.

Parfumo: Wie gehst Du beim Entwickeln eines Duftes vor?

Annette Neuffer: Jetzt bringst Du mich ins Grübeln! Ehrlich gesagt habe ich keinerlei System oder schematische Vorgehensweise.

Oft gehe ich von einer einzigen Note aus, von der aus ich mir überlege, wie ich sie am besten in Szene setze. Ich denke also darüber nach, was besonders gut dazu passen, besonders gut kontrastieren  oder akzentuieren könnte, und mache mir zuerst eine Liste mit „Haupt- und Nebenrollen“. Dazu mache ich zuerst Versuche mit kleineren Akkorden der Hauptakteure, dann gebe ich nach und nach mehr Rohstoffe dazu und vergleiche, ob die Veränderung eine Verbesserung gebracht hat oder nicht. Oft kommt dabei etwas heraus, das ich so überhaupt nicht erwartet habe. Im Positiven, wie im Negativen. Ich denke mir dann immer: „Lehrgeld ist teuer, aber gut angelegt“. Letztendlich geht es darum, verschiedene Elemente in ein stimmiges Verhältnis zu bringen, was sich nur durch intensives Experimentieren erzielen lässt.

Es können aber auch ein musikalisches Thema, eine Stimmung oder ein Gedicht sein, die in mir das Bedürfnis erwecken, sie olfaktorisch umzusetzen. Als Sängerin habe ich natürlich ein Faible für schöne Texte. Bei meinem Lindenblütenparfum, inspiriert von Shakespeares „Sonnet 18“, habe ich mich zuerst gefragt, was olfaktorisch für die Leichtigkeit und unbekümmerte Freude des Sommers steht. Die Lindenblüte war also die Nummer eins, hinzu kamen Orangenblüte, Ginster und Sambac Jasmin. Eine andere Frage war, was das Bittere der Vergänglichkeit symbolisieren kann, während aber im Jetzt die Süße überwiegt, und wir an den Tod noch nicht denken wollen? Ich habe mich für Vetiver und etwas Patchouli entschieden. Danach habe ich mir Gedanken über die weiteren Elemente gemacht. Außerdem habe ich mir immer wieder echte Lindenblüten aller möglichen Spezies gepflückt und analysiert. Mich gefragt, was ich bei ihnen herausrieche und womit ich das reproduzieren könnte. Dabei war mir der Staudensichtungsgarten der Universität Weihenstephan, der eine Allee mit 1954 gepflanzten Linden aller nur erdenklichen Arten beherbergt, eine wertvolle Hilfe.

An Tilia Henryana (Henry’s Linde, hier mit einem kapitalen Rosenkäfer) orientierte sich Annette Neuffer bei der Komposition von „Sonnet 18“

Mein Ziel ist es also, komplexe Düfte zu schaffen, die eine Geschichte erzählen. Außerdem sollen sie geruchlich über einen Saunaaufguss, oder das, was ich „ätherische Ölmischungen“ nenne, hinausgehen. Das ist durchaus eine Herausforderung. Denn einige, z.B.  in Bioläden erhältliche Düfte, sind eigentlich kaum mehr als das. Ich kann also durchaus verstehen, dass so etwas einen richtigen Nasenjunkie nicht zufrieden stellt. Daher experimentiere ich an einem Duft oft jahrelang und verschleiße viel Material bis die Formulierung fertig ist. Dabei verwende ich meistens relativ viele Rohstoffe, was von der toxikologischen Kalkulation (also der Berechnung der Allergene und der vielen restriktierten Substanzen, die in ätherischen Ölen natürliche Bestandteile sind) her ziemlich aufwändig ist.

Wenn Leute bei mir im Labor vorbeikommen, passiert es immer wieder, dass sie regelrecht ergriffen sind und mir sagen, sie  hätten so etwas noch nie gerochen. Darüber freue ich mich dann wirklich sehr, weil es mir zeigt, dass der Aufwand, den ich betrieben habe, am Ende absolut gerechtfertigt ist.

Parfumo: Ist Deine Arbeit ein sich selbst entwickelnder Prozess, oder hast Du von Anfang an eine klare Vorstellung vom Endprodukt?

Annette Neuffer: Ja und nein. Manches ist mir rein intuitiv zugeflogen, für andere Parfums hatte ich zuerst eine feste Vorstellung, für deren Realisation ich eine ziemlich lange Zeit aufgewandt habe.

In Reih und Glied: Naturparfums von Annette Neuffer

Parfumo: Was bedeutet diese Arbeit für Dich persönlich?

Annette Neuffer: Eigentlich sind meine Parfums eine logische Fortsetzung und Erweiterung dessen, was ich als Musikerin schon seit vielen Jahren praktiziere. Mein Genre ist Jazz, sozusagen die Nische der Unterhaltungsmusik. Mit meiner Band spiele ich unplugged, ohne künstliche Effekte oder Verstärkerburgen bis unter die Decke. Extreme Lautstärke gibt es in unseren Konzerten nicht. Bei und hört das Publikum zu. Das ist vielleicht auch nicht so populär wie die volle Dröhnung, mich aber macht diese Musik glücklich.

Annette Neuffer mit Kater „Bärli“ im heimischen Freising – Foto Ida Koch

In der Musik gibt es das Phänomen des „War of Loudness“. Kurz erklärt bedeutet das, dass Tonaufnahmen technisch für immer höhere Lautstärkelevels aufbereitet werden (kennt ja jeder aus der im Fernsehen gern lauteren Werbung), damit sich die Message gegen die des Konkurrenten durchsetzt. Dieses Phänomen findet auch bei industriell gefertigten Düften statt. Man weiß, dass Parfums heute viel stärker sind als noch vor hundert Jahren. Wasch- und Reinigungsmittel sind extrem parfumiert um die Kaufentscheidung zu beeinflussen. In Geschäften soll der Kunde über Düfte manipuliert werden. Alles ist heutzutage beduftet. Da braucht es natürlich schwere Geschütze, um das ganze olfaktorische Grundrauschen zu übertrumpfen. Das führt letztlich aber zu immer größerer Abstumpfung und nicht zu höherer Aufmerksamkeit. Wenn wir fortwährend sehr laute Musik hören, wird unser Gehör dadurch ja auch nicht besser. Als ich mit meinen Experimenten angefangen habe, habe ich das nur zum Spaß und für mich gemacht. Ich habe überhaupt nicht damit gerechnet, dadurch so viele andere Duftliebhaber ansprechen zu können.

Parfumo: Herzlichen Dank für dieses Interview, liebe Annette. Im Namen von Parfumo erlaube ich mir, dir weiterhin ein so glückliches Händchen bei der Kreation deiner Düfte und ebenfalls weiterhin so viel Erfolg damit zu wünschen.


Das Interview führte Jella

 

Wer sich für die einzelnen Düfte aus der Manufaktur von Annette Neuffer interessiert, wird unter

www.naturparfum.net  fündig.

Roooobert und Carmen live – Parfumo verlost 2 Karten für das Duft-Event der Geissens

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Ab dem 10. März 2016 überraschen uns Roooobert und Carmen mit „Roberto Geissini Feminine“ und „Roberto Geissini Masculine“ – den neuen Parfums von Roberto Geissini.


Zwischen Luxus-Karossen, Duft-Engeln und einer atemberaubenden Show werden Sie an diesem Abend nicht nur die neuen Düfte kennenlernen – auch Roooobert und Carmen werden Sie ganz nah sein! Mit etwas Glück können Sie außerdem 1 von 20 handsignierten Düften Ihr Eigen nennen.

 

Parfumo verlost 2 Karten an einen glücklichen Gewinner oder eine glückliche Gewinnerin!

Wann & Wo?
Das Event findet am 10.3.2016 ab 18:30 Uhr an den Rheinterassen, Rheinpark 1, in 50679 Köln statt. Reise- und Verpflegungskosten müssen selbst getragen werden. Der Gewinner / die Gewinnerin erhält 2 Eintrittskarten.


So nehmen Sie teil

Sagen Sie uns, warum ausgerechnet Sie dabei sein wollen – einfach auf diesen Beitrag antworten. Einsendeschluss ist Sonntag, der 06. März um 23.59 Uhr. Leider können wir die Karten nur innerhalb Deutschlands verschicken.

AND THE WINNER IS: Taurus1967, herzlichen Glückwunsch!

Vielen Dank an Joe, der uns diesen Gewinn freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat.

Die Suche geht weiter – das Oster-Gewinnspiel von Flaconi und Parfumo 2016

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Es wird wieder gesucht! Zu Ostern heißt es bei Parfumo wieder: Osterdüfte finden!

Vom 24. – 27. März gibt es jeden Tag sechs 6 Düfte im Wert von bis zu 70€ zu gewinnen. Wir danken Flaconi.de für die tolle Unterstützung!

So können Sie teilnehmen:
Ab dem 24.03.2016 wird täglich ab 0.00 Uhr das Flaconi-Logo auf der Detailseite eines bestimmten Parfums zu sehen sein. Finden Sie das Parfum, bei dem das Logo groß unter dem Parfumbild zu sehen ist und klicken Sie auf den entsprechenden Link unter dem Logo – schon nehmen Sie teil! Unter allen erfolgreichen Teilnehmern des Tages verlosen wir täglich 6 Parfums von Flaconi.de.

Wichtig: Sie benötigen ein Parfumo-Konto und müssen eingeloggt sein, um das Logo zu sehen und teilzunehmen.

Haben Sie am jeweiligen Tag bis spätestens 23:59:59 Uhr den Teilnahme-Link angeklickt, nehmen Sie an der Verlosung teil.

Tipp: Der Name des Parfums hat immer etwas mit Ostern zu tun. Ganz wichtig: Keine Tipps geben – dies führt zur Disqualifikation ;-)

Das Gewinner-Parfum des Vortages wird täglich hier im Forum bekanntgegeben.

Das Parfumo-Team und Flaconi.de wünschen viel Glück beim Suchen!

Nicht vergessen: Auch auf cosmetio.de gibt es tolle Preise!

70.000 Parfums – Parfumo setzt weiter Maßstäbe

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Weniger als 9 Monate hat es gedauert, den nächsten Meilenstein zu erreichen. Das Parfumo-Research-Team hat heute das 70.000. Parfum in die Datenbank aufgenommen. Damit baut die wohl umfassendste Parfum-Enzyklopädie der Welt ihre Vorreiterrolle weiter aus.

Unser Parfum 70.000 ist „Fruitchouli Flash“ von Tauerville, eine neue Kreation von Andy Tauer.

Das Projekt Parfumo-Research bildet seit 2013 das Herz der Datenbank. Nach dem „Wikipedia-Prinzip“ werden Informationen zu den einzelnen Parfums von den Parfumo-Usern recherchiert, ergänzt und regelmäßig überarbeitet. Das ambitionierte Ziel lautet: die vollständige Erfassung der Parfumhistorie der Welt und die Bewahrung der Daten für die Nachwelt.

Durch den kürzlichen Umzug auf einen besseren Server wurde für das weitere Wachstum von Parfumo, Parfumo-Research und Cosmetio, unserer kleinen Kosmetik-Community,  vorgesorgt.

Wir danken dem Research-Team und allen Beteiligten für diese immense Leistung und freuen uns auf 10.000 weitere Parfums!

 

Das Parfumo-Team

Parfumo Newsletter: Neue Parfums, Flanker und Marken im April

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Da sich in der Welt der Parfums so vieles tut, haben wir beschlossen, dass sich auch bei Parfumo etwas tun muss, um allen weiterhin einen guten Überblick über die zahlreichen Neuigkeiten zu ermöglichen.

Daher präsentieren wir voller Stolz die spannendsten News aus dem Parfumbereich nun in neuer Form –  in Form eines Newsletters. Wir fassen hier die unserer Meinung nach interessantesten Neuigkeiten der letzten Zeit zusammen, auf welche sich unsere Nasen schon freuen:

Neue Parfums

Seminalis (Orto Parisi)
Herr Gualtieri hat es schon wieder getan – er bringt ein neues Parfum auf den Markt. Mehr Informationen als der Name sind noch nicht erhältlich, aber wir sind bereits gespannt.

Taklamakan (777 Stéphane Humbert Lucas)
Ein holzig-harziger Duft inspiriert von der chinesischen Wüste, in welchem auch noch Iris, der Lieblingsduftstoff des Parfumeurs verbaut ist.

Costarela (Carner Barcelona)
Aquatische Düfte finden ihren Einzug in die Welt der Nische – maritime Akkorde und ein Sandakkord versprechen Urlaubsfeeling pur.

Rose, Tuberose, Gardenia und Lily (Roja Parfums)
Ein Luxusparfumeur führt unsere Nasen mit vier weiteren Duftkreationen in Versuchung. Diesmal steht je eine für die Parfümerie typische Blume im Zentrum, die er in all ihrer Schönheit und Komplexität darstellt.

Cierge de Lune (Aedes de Venustas)
Vanille, Hedione und Ylang-Ylang mit ein wenig Pfeffer in der Herznote – wenn das kein Muss für Fans von süssen Nischendüften ist!

Mandarine Citron Cèdre / Mandarin Lemon Cedar (Yves Rocher)
Eben hier geht es dieses Jahr mediterran zu. Wir sind auf eine zitrisch-holzige Erfrischung für den Sommer gespannt.

Neue Flanker

L’Homme Idéal Eau de Parfum (Guerlain)
Nach dem Cologne folgt jetzt das Eau de Parfum.

1 Million Privé (Paco Rabanne)
Man mag von dem Duft halten, was man will, aber bei diesem Erfolg müssen regelmässig Flanker folgen. Diesmal einer, der Exklusivität verspricht.

Lady Million Privé (Paco Rabanne)
Das Vergnügen eines Flakers dieses Dufts darf natürlich nicht nur den Männern vorbehalten bleiben.

Eau de Rochas – Escapade en Méditerranée (Rochas)
Wenngleich wir noch keine Informationen zu den Duftnoten haben, so hoffen wir auf einen Duft, der uns mediterrane Leichtigkeit vermittelt.

Déclaration – Eau de Toilette Fraîche (Cartier)
Kardamom, Bergamotte und Zeder klingen vielversprechend und wir hoffen auf ein würzig-sommerliches Dufterlebnis.

Angel Muse (Thierry Mugler)
Allein die Tatsache, dass Haselnusscreme als Duftnote angeführt ist, lässt uns als Nutella-Liebhaber schwach werden.

Neue Marken

27 87 Perfumes
Diese spanische Marke macht uns gleich mit 3 Parfumkreationen neugierig: Hashtag, Elixir de Bombe und Wanderlust. Während Hashtag mit Iris und Leder im Herz sowie Moschus und Zedernholz in der Basis sehr charakterstark klingt, erhoffen wir uns von Wanderlust ein spannendes Dufterlebnis, wie es uns Fenchel, Anis und weisse Blüten in der Herznote versprechen. Elixir de Bombe verspricht schon mit seinem Namen, aber auch mit seinen Noten, ein sehr verführerischer Duft zu werden. Ob diese Vermutungen bestätigt werden oder nicht – wir sind gespannt.

Project Renegades
Bertrand Duchaufour, Geza Schön und Mark Buxton. Diese drei klassisch ausgebildeten Parfümeure haben alle den Weg der traditionellen Parfümerie verlassen und sich extravaganten Kreationen gewidmet. In ihrer neu lancierten Parfumlinie zelebrieren sie ihre Leidenschaft für gänzlich neue Geruchserlebnisse mit Parfums, die ihren Namen tragen. Wir dürfen auf Aussergewöhnliches von höchster Qualität und Kunstfertigkeit gespannt sein.

Neue wichtige Themen

Welche Düfte helfen Euch gegen die Wetterkapriolen, die der April mit sich bringt? Und welche Düfte sollen Eure Neuzugänge für den Sommer werden? Wir sind auf Eure Antworten gespannt! Meinungen zu dieser Form der Übersicht über Neuerungen sind natürlich auch sehr willkommen…


Interview mit Vincent Micotti

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Vincent Micotti ist nicht nur eine unglaublich sympathische Person, mit welcher man gemütlich Flammkuchen essen kann, sondern vor allem auch ein grossartiger Parfümeur und Schöpfer einzigartiger Nischendüfte. Daher ist es mir eine große Freude, dass ich dieses Interview mit ihm für Parfumo führen durfte, um einen Einblick in seine Firma, seine Kollektion und sein Labor geben zu können.

 

Beginnen wir doch einfach mal bei Deinem Background.

Gerne. Ich habe eigentlich Cello studiert, in Lausanne, Basel und dann die letzten Jahre in Köln. Dort habe ich mein Konzertexamen gemacht, den höchstmöglichen Abschluss in diesem Bereich, und das bei Frans Helmerson, einem berühmten Cellisten. Und darauf bin ich auch stolz.

Damals schon hatte ich Interesse an Düften, aber ich habe trotzdem Orchester gespielt und bin auch deshalb nach Basel gekommen. Doch ich musste erkennen, dass die Liebe zu Düften das Leben dominiert hat, und mir war klar, dass ich meine Energie für Düfte ausgeben möchte. Deshalb habe ich vor 7 Jahren, also in 2009, meine eigene Firma gegründet, erst für Entwicklung und dann die Marke YS Uzac.


Welche Gemeinsamkeiten gibt es denn zwischen Musik und Duft?

Bei beidem braucht man zuerst ein Konzept. Eine Vorstellung, die ganz stark sein muss. Man muss den Duft erst in Gedanken riechen, bevor man ihn mischt. Genau wie ein Komponist nicht einfach Töne zusammenschreibt, sondern erst die Musik im Kopf hören muss, mische ich nicht einfach Duftnoten zusammen, das geht nicht. Erst brauche ich ein Konzept, eine Richtung, eine ganz starke Vorstellung vom Duft.


Bei Deinen Düften fällt auch ganz stark die kunstvolle Verpackung ins Auge.

Ich habe versucht, die Parfums auch mit Mode zu verbinden und die Flaschen anzuziehen. Denn eine Parfumflasche gleich ohne alles zu haben, das war mir nicht gut genug. Die Idee, dass man einfach das Paket aufmacht und die Flasche hinausnimmt, die gefällt mir nicht. Die sechskantige Hülle etwa ist da, um das Auspacken zu zelebrieren und die Freude, an den Duft zu kommen, zu erhöhen. Das war viel Arbeit und wir mussten auf viele Details achten. Meine Frau hat die Verpackung entwickelt. Sie hat in London Communications Design studiert und ist ziemlich künstlerisch. Communications Design ist wichtig, denn schließlich geht es darum, wie man sich als Marke präsentiert. So haben wir die ganze Verpackung entwickelt, aber auch die Taschen – die Schleife passt genau zu der Farbe der Schachteln.


Und Du produzierst ja auch alles in house.

Ja, das ist heute sehr selten. Es gibt nicht viele Marken, die von der Planung bis zur Verpackung alles unter einem Dach machen. Ich plane den Duft hier, mische ihn zusammen, er reift hier, wird hier abgefüllt. Mazeration, Filtration, Abfüllung. Einfach alles. Wenn es in größere Stückzahlen geht, ist das auch unmöglich, aber bis zu ein paar tausend Stück pro Monat ist es in house möglich. Ausserdem bezahle ich lieber hier Leute, habe keine Überproduktion und kann sicher sein, dass alles frisch ist und nicht lange gelagert. Ich will, dass die Kunden frische Produkte bekommen. Daher arbeite ich lieber ständig, als ab und zu Palette zu produzieren und dann wieder Monate nichts.


Viele Parfümeure verarbeiten Kindheitserinnerungen in ihren Parfums. Ist das bei einem Deiner Parfums auch der Fall?

Ja, bei Pohadka. Das ist eine Hommage an Abende am Genfer See. Wenn man mit dem Zug über Bern nach Lavaux kommt, sieht man plötzlich ein wunderschönes Panorama. Die Weinberge, den See, die Alpen. Es ist einfach eine traumhaft schöne Gegend. Alle Jahreszeiten dort sind schön, aber der Herbst ist besonders. Die Farben sind unglaublich toll und der See wirkt mal dunkelviolett, mal rosa. Es ist einfach wunderschön. Es gibt dann ein paar Weinstöcke, die noch grün sind, andere sind schon dunkelgelb. Die Weinbauern verbrennen die Zweige der Weinstöcke. Der Rauch erhebt sich, die Natur spiegelt sich im violett schimmernden See, man sieht die Berge umgeben. Einfach nur gewaltig.


Es kommt der Sommer und somit auch die Frage, welche Düfte sich perfekt dafür eignen. Welche würdest Du empfehlen?

Für den Tag Metaboles und für den Abend Monodie. Metaboles ist elegant, mutig und fragil zu gleich. Ich habe unter anderem Minze, Himbeerblätter mit leichten Honigakkorden und Geranie verwendet, um einen extravaganten und zugleich sinnlichen Duft zu kreieren, der aber auch tagsüber passend ist. Monodie erinnert an eine Cocktailparty, ist jung und spritzig. Und nicht allzu ernst. Er ist ganz leicht zu tragen und angenehm fruchtig, aber auch sehr prickelnd, wie Champagner.


Was ist momentan Dein Bestseller?

Lale. Das ist ein gute Laune-Duft und passt einfach immer. Daher verkauft er sich sehr gut. Aber auch Sacre du Printemps. Der ist eine Hommage an Stravinsky. Er hat dieses Ballett in Montreux komponiert, wo ich ja aufgewachsen bin. Damit hat es auch eine spezielle Bedeutung für mich. 1913 hatte es Premiere in Paris, wo es zu einem Skandal kam. Wenige Wochen darauf war die deutsche Premiere. Dort war es kein Skandal, sondern die Leute hatten es wirklich gerne. Das kann man als den Zeitpunkt sehen, seit dem es offiziell moderne Musik in der Klassik gibt.

Es ist einfach ein Stück, das immer toll ist. Und es gibt ganz tolle Inszenierungen des Balletts, etwa von Maurice Béjart.

Das mit dem Parfum, das begann in 2013. Es gab im November 2013 eine Party in London für Privatkunden. Da war die Idee, Sacre du Printemps als Dankeschön-Geschenk für diesen Abend zu machen. 2013 hat auch gut gepasst, eben da 100 Jahre nach der Uraufführung. Und es hat auch für die Gegend gepasst, aus der ich komme. So ist es also entstanden.

An diesem Abend waren einige so begeistert von dem Duft, dass sie meinten, er müsse unbedingt auf den Markt gebracht werden. Da habe ich mir gedacht, ich werde eine begrenzte Menge produzieren und sie auch in Parfumform lassen, also nicht mehr verdünnen. Da dieser Duft ein Edelduft ist, wollte ich auch eine passende Verpackung für ihn. Etwa das Etikett aus Email und Blattgold.

Doch vor allem geht es um den Inhalt. Es ist ein sehr spezieller Duft und auch die Rohstoffe sind speziell. Soweit es mir möglich war, habe ich versucht, sie direkt von den Bauern zu erwerben, um wirklich tolle Qualität zu bekommen. Zwar ist es kompliziert und kostet viel, aber es macht auch sehr viel aus und lohnt sich wirklich.

Der Duft ist, wie der Name sagt, ein Frühlingsduft, aber einer, der die Kräfte des Frühlings darstellen will. Er ist mehr als ein normaler romantischer Frühlingsduft. Er ist auch sehr erdig. Zudem ist er viel leidenschaftlicher als ein normaler Frühlingsduft. Es geht eben wirklich um die Kräfte, die der Frühling hat.


Wie Du eben in Deiner Antwort schon angedeutet hast, Du hast einige Privatkunden und machst auch maßgeschneiderte Düfte.

Ja, das stimmt. Es gibt einige Leute, die unbedingt einen eigenen Duft möchten. Und es gibt noch viel mehr Leute, die sich darüber wundern, dass es so etwas überhaupt gibt. Dabei ist es bei Kleidung ganz normal, bei Schuhen auch, aber bei Düften denkt man nicht daran, obwohl es eigentlich ziemlich logisch ist. Wenn es Anzüge und Schuhe nach Maß gibt, dann ist es ja klar, dass es nicht nur konventionelle Düfte gibt, sondern auch welche nach Mass. Das Interesse daran steigt und die Idee, ein Unikat zu haben, ist es, was den Leuten gefällt.


Wie ist dann das Vorgehen dabei?

Die Idee ist meistens da. Dann braucht es auch viel psychologische Arbeit, denn ich muss den Charakter der Person verstehen. Ihren Geschmack kennen, ihren Lifestyle. Arbeit, Sport, Hobbies, alles spielt eine Rolle. Und ich muss versuchen zu verstehen, welche Ingredienzien wer mag und welche gar nicht. Dann mische ich eine Hauptrichtung, die dann immer wieder verfeinert wird. Ich selbst mische auch viel mehr, als ich den Kunden schicke. Oft probiere ich etwas aus, gehe wieder zu Dingen zurück, die ich verworfen habe, und arbeite weiter. An den Kunden schicke ich nur möglichst fertige Düfte, von denen ich überzeugt bin und mit denen wir dann weiterarbeiten. Es braucht dann meistens ein paar Monate, bis der Kunde zufrieden ist.

Außerdem arbeite ich eng mit zwei Glasmachern zusammen. Nicht immer, aber häufig gibt es den Wunsch von Kunden nach einem individuellen Flakon für ihren individuellen Duft. Eine Flasche nach Mass, die den Duft ergänzt und zu ihm passt.


Danke. Und darf ich jetzt am Ende auch die große Überraschung verraten, die sicher alle Leserinnen und Leser interessieren wird?

Gerne.


Es gibt etwas zu gewinnen – eine glückliche Person erhält einen 100ml Flakon nach Wahl, entweder Lale, Pohadka, Monodie oder Metaboles. Außerdem gibt es für zwei weitere Gewinner ein Probenset mit Pröbchen eben jener Düfte. Vielen Dank, dass du das zur Verlosung zur Verfügung stellst!

 

Das Interview führte Barbara Korp, vielen Dank!

Parfumo Newsletter: Neue Parfums, Flanker und Marken im Juni

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Auch wenn die Temperaturen nicht so steigen, wie man es aufgrund des Monats Juni erwarten dürfte, so gibt es doch etwas, das nicht enttäuscht – und das ist die Zahl der Neuerscheinungen in der Parfumwelt, denn diese steigt gewaltig. Damit uns diese nicht allzu sehr über den Kopf steigen, gibt es wieder einen Newsletter mit einer Übersicht über unsere persönlichen Highlights:

Britannia“ (Roja Dove): Roja Dove darf wohl bald zu den Parfümeuren mit dem größten Output gezählt werden. Diesmal eine Hommage an sein Heimatland, sodass wir schon gespannt sind, wie er britische Mentalität in französischer Parfumeurskunst ausdrücken wird.

Myths Man“ und „Myths Woman“ (Amouage): Ein neuer Amouage! Für den Mann bietet er unter anderem Rum und Asche, für die Frauen Veilchenblatt und Leder. Wir sind einfach nur unglaublich gespannt und finden den Flakon schon jetzt sehr schick!

Freudian Wood“ (Wiener Blut): Ob dies der Idealduft für die Sitzungen zur Psychoanalyse ist oder doch eher Auswirkungen auf die Triebe der Menschen zeigt? Man darf auf jeden Fall gespannt sein, wie die an Freud hier von diesem jungen Wiener Label verarbeitet wurde.

In New York“ (Van Cleef & Arpels): Tolles Parfumhaus und faszinierende Stadt. Dies muss doch einfach ein tolles Parfum ergeben, oder? So auf jeden Fall unsere Hoffnung.

L’Homme“ und „La Femme“ (Prada): Noch gibt es nur wenige Informationen über diese beiden Parfums, aber die Duftnoten sind vielversprechend und lassen auf eine willkommene Abwechslung im Designerbereich hoffen.

Für die Damenwelt

Aventus for Her“ (Creed): Selten, dass ein Duft mit so viel Spannung erwartet wird wie „Aventus for Her“, das weibliche Pendant von einem der beliebtesten und polarisierendsten Herrendüfte. Die Frage, die wir uns alle stellen, lautet daher: Werden wir uns bald Gedanken machen müssen, was die weibliche Entsprechung von „Pantydropper-Duft“ ist?

The Scent for Her“ (Hugo Boss): Das nennt man Gleichberechtigung. Nachdem es „The Scent“ schon lange gibt, bekommen nun auch die Frauen DEN Duft für sie. Wobei gerösteter Kakao in der Basis sehr lecker klingt…

Neue Ableger

Chanel No 5 L’Eau“ (Chanel): Das legendäre Parfum wird ein weiteres Mal verjüngt. Bleibt zu hoffen, dass man ihm nicht jeglichen Charakter raubt, sondern lediglich sanft aufbereitet und in die Moderne führt.

Eau de Nuit Oud“ (Armani): Armani springt mit dem Flanker dieses Jahres auf dem schon oft als „abgefahren“ betitelten Oud-Zug auf. Ein Parfum, welches keiner braucht, oder eines, welches schön und gut tragbar ist? Wir dürfen gespannt sein und müssen uns noch ein wenig gedulden.

Orchid Soleil“ (Tom Ford): Eine sommertaugliche Orchidee, die sich diesmal mit Tuberose zeigt. Wie gut die doch nicht gerade zurückhaltende Dufthandschrift von Tom Ford im Sommer wirklich tragbar ist, wird sich noch zeigen.

Jimmy Choo Man Intense“ (Jimmy Choo): Wie könnte es auch anders sein? Wenn sich ein Duft gut verkauft, gibt es schon bald eine „Intense“-Version. Ganz und gar legitim, wird aber wohl kaum allzu Überraschendes oder Neues bringen, doch die Fans des normalen Parfums erfreuen.

Princess Revolution“ (Vera Wang): Die Prinzessin darf jetzt auch einmal eine Revolution wagen und aus dem Palast ausbrechen. Das gefällt uns. Wie der Duft jedoch riecht und ob er tatsächlich solch eine Revolution darstellt, muss jede für sich selbst herausfinden.

Neue Marke

Paul Schütze„: Mit „Tears of Eros„, „Cirebon“ und „Behind the Rain“ startet diese neue englische Marke mit einer vergleichsweise kleinen Kollektion, was sehr sympathisch wirkt. Ob diese Parfums, die alle Erinnerungen aus dem Leben des Künstlers Paul Schütze wiedergeben, auch so wohlriechend sind wie ihre Namen wohlklingend, wird sich erst zeigen.

Über Nacht berühmt – Parfumo im Gespräch mit Giovanni Sammarco

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Was sonst meist nur Personen in der Musik- oder Filmszene passiert, kann auch in der Parfumszene möglich sein. So erging es etwa Giovanni Sammarco, der durch ein überschwängliches Lob von Luca Turin geadelt wurde. Solch ein Lob vom „Duftpapst“ ist Grund genug, einen Blick (sowie viele Riecher) auf diese Marke zu werfen – und auch gleich die Gelegenheit zu nutzen, Giovanni Sammarco auf einen Tee zu treffen, mit ihm zu plaudern und diese Plauderei dann noch in einem Interview für Parfumo enden zu lassen.


Ein Lob von Luca Turin, das ist ja eine hohe Auszeichnung. Wie hast Du davon eigentlich erfahren?

Es war merkwürdig, denn ich habe ihm die Proben geschickt, doch es gab Probleme mit der Zustellung. Dann haben wir einige E-Mails ausgetauscht und Luca meinte, er würde sie abholen und morgen kommentieren. Natürlich war ich darauf gespannt, dachte aber, er würde sie im Laufe des morgigen Tages kommentieren. Als ich dann um etwa 1 Uhr in der Nacht noch einmal auf meiner Website online war, waren dort plötzlich hunderte Besuche verzeichnet. Dann habe ich auch vom Kommentar erfahren. Das war wirklich ein sehr, sehr guter Kommentar, der mir viel geholfen hat, da er viele andere Kommentare auf anderen Blogs mit sich brachte und viel Interesse.


Der Weg bis dahin war ja weit. Vor allem hast Du ja in einem ganz anderen Gebiet begonnen.

Ja, ich habe Rechtswissenschaften studiert und auch einen PHD gemacht. Lange war ich nicht wirklich an Parfümerie interessiert und erst im Sommer nach dem Master hat sich dies geändert, das war im Juni 2009.

Während ich meinen PHD gemacht habe, habe ich mich intensiver mit der Parfümeurskunst beschäftigt und bin immer mehr in die Materie eingetaucht. An einem gewissen Punkt habe ich mir gedacht, dass das ein Job für mich sein könnte. Das war auch die Zeit, wo ich begonnen habe, meinen Umzug aus Italien in die Schweiz zu planen. Diesen Wunsch hatte ich schon lange Zeit und im letzten Jahr meines PHD – meine Arbeit war übrigens über „Evaluation of risk of work-related stress“ –  kam ich dann in die Schweiz, das war 2013. Da habe ich auch die Marke gegründet und die Parfums zu kreieren.


Von denen ist ja mittlerweile wohl „Vitrum“ das bekannteste.

Und es ist auch das erste Parfum, das ich gemacht habe. Eine Freundin von mir, Federica, ist eine Parfumliebhaberin und wir haben uns oft über Parfums unterhalten. Sie sagte mir einmal, dass sie Vetiver liebt, und hat mir alle Vetiver-Düfte, die sie mag, aufgezählt. Und dann habe ich einen Vetiver-Duft für sie gemacht. Jetzt nicht im Sinne eines „bespoke perfum“, sondern es war eher so ein «Warum machst Du nicht ein Vetiver-Parfum für mich?“.

 


Tut mir leid, dass ich Dich unterbreche, aber: Du machst auch „bespoke perfumes“, oder?

Ja, das stimmt. Das ist immer ein langer Prozess, so ein Parfum zu kreieren. Man muss sich Zeit nehmen, um den Kunden oft zu treffen. Zu Beginn spricht man viel, zeigt ihm Rohstoffe und bespricht, was er oder sie von einem Parfum erwartet. Man findet heraus, was die bevorzugten Bestandteile sind, was die Wünsche sind. Dann macht man ein paar Versuche, gibt ihm die Proben, damit er oder sie diese auch tragen kann. Und auf deren Basis wird dann weitergearbeitet.


Klingt spannend, aber kehren wir zurück zu Federica und Vitrum.

Ja, Federica liebte Vitrum von ersten Augenblick an und sie liebt es immer noch. Ich habe beschlossen, es in meine Kollektion aufzunehmen. Mittlerweile hat sie ihren früheren Job als Journalistin aufgegeben und hat in Verona einen Shop mit Vintage-Kleidung eröffnet. Eben dort verkauft sie nun auch meine Parfums.


Trägst Du es selbst auch gerne?

Ja, ich trage all meine Parfums gerne. Entweder diese oder manchmal auch ein paar Tropfen von puren Rohstoffen. Aber Vitrum ist ein Duft, den man am besten jeden Tag tragen sollte. Ein traditionelles Parfum, das, wenn es auch für eine Frau geschaffen wurde, eher maskulin wirkt, da es ein Vetiver-Duft ist. Aber es ist eben auch an Frauen toll. Und natürlich an Männern ebenso. Und irgendwie geht es immer.


Deutlich weiblicher wirkt auf mich „Alter„, das auf amerikanischen Blogs sehr gelobt wird.

„Alter“ ist ein verrücktes Parfum. Es enthält eine hohe Konzentration von Jasmin Sambac und ist das luxuriöseste Parfum der Linie. Es ist sehr sinnlich, sehr betörend und sehr komplex, wenngleich es nicht viele Inhaltsstoffe hat. Es ist sogar das Parfum der Kollektion mit den wenigsten Inhaltsstoffen, aber die sind dafür alle sehr rein.


Untrennbar mit der Schweiz ist ja Schokolade verbunden – und „Bond-T“ ist diesem Thema auch gewidmet.

Das stimmt. Es ist ein sehr eigenwilliges Parfum und das einzige, zu dem die Inspiration keine Frau war. Vielmehr war die Inspiration der Besuch einer Schokoladenfabrik. Ich habe Cocoa Absolute benutzt, um dieses Feeling zu transportieren, das man erhält, wenn man solch eine Fabrik betritt. Es geht um dunkle Schokolade und dafür habe ich auch viel Patchouli verwendet. Zudem ist es mit Osmanthus kombiniert, um eine Harmonie zu erschaffen und eine natürliche Fruchtigkeit zu erzeugen. Mir war es wichtig, dass es zwar ein Schokoladenparfum wird, aber kein Gourmand. Vielmehr ist es dunkel, ledig und eben eigenwillig.

 


Und magst Du auch Schokolade?

Oh ja, vor allem gibt es ja hier in der Schweiz wirklich gute. Die von Läderach mit ganzen Haselnüssen, aber vor allem die Truffes von Sprüngli, alle von denen, die sind toll. Ich liebe Schokolade einfach. Und da wir von Essen sprechen: Manchmal koche ich auch mit Parfums.


Wirklich? Wie machst Du das?

Ich gebe einfach Parfum ins Essen. Mache einen Kuchen mit dem ätherischen Öl einer Blume, einem guten Absolute, oder auch Kekse. Es gibt etwa einen traditionellen Kuchen, den man mit Blütenwasser macht, aber mit zwei Tropfen eines ätherischen Öls ist er noch viel besser. Man kann auch etwas in Tee geben. Oder Biskuits.


Und welche Absolutes sind da Deine Favoriten?

Orangenblüte und Jasmin. Und Biskuits mit Labdanum sind auch sehr gut.


So, genug über Backen und Süßes geredet, es geht ja eigentlich um Deine Parfums. Last but not least gibt es da noch „Ariel„.

Ja, Ariel ist sehr wichtig für mich, weil es dafür eine sehr starke Inspiration gab, über die ich aber nicht sprechen kann. Mit Ariel habe ich versucht, ein olfaktives Portrait einer Frau zu schaffen. Ich wollte die Idee einer ganz bestimmten Frau mit diesem Parfum ausdrücken.

Es ist blumig-grün. Die starke grüne Note kommt von Angelikawurzel. Es ist eine sehr helle grüne Note mit vielen blumigen Noten kombiniert. Tuberose, Osmanthus, Rose und viele andere. Auch habe ich viel indisches Sandelholz verwendet, ein wenig Veilchen und die pudrige Note, das ist Iris.

Es ist eher feminin und sehr elegant. Das Parfum eines liebenswerten Mädchens, das mit leiser Stimme spricht.


Klingt zauberhaft. Um da gleich anzuschließen – Was wäre, wenn eine gute Fee käme und Du plötzlich 3 Wünsche für Deine Parfümeurkarriere frei hättest? Welche wären es?

Mehr zu verkaufen. Nicht sehr romantisch, ich weiß.


Dann vielleicht als zweiten Wunsch einen romantischeren.

Das Parfum für die Frau meines Lebens zu kreieren – auch wenn ich noch nicht weiß, wer sie sein wird.


Ok, das war jetzt sehr romantisch. Und als dritten Wunsch?

Ein absolutes Meisterwerk zu schaffen. Nein, das ist zu platt. Ich möchte gerne ein Parfum kreieren, das auch noch in 50 Jahren auf dem Markt ist und dann immer noch erfolgreich ist.


Bislang besteht Deine Kollektion aus vier Parfums, vielleicht wird es ja eines davon. Und ich hoffe, man darf es verraten, dass es auch ein neues Parfum geben wird.

Ja natürlich, aber bis das auf den Markt kommt, braucht es noch etwas Zeit. Ich habe auch noch keinen Namen dafür. Ich bin bei diesem Parfum von Veilchen ausgegangen, aber es ist kein Veilchen-Parfum, sondern hat nur die Aura von Veilchen. Es ist floral-grün-fruchtig. Vor allem geht es um die Idealisierung der Schönheit. Ich habe dafür eben mit Blüten, Früchten und Moschus gearbeitet. Mehr kann ich noch nicht sagen, aber ich hoffe, ich kann es bald auf den Markt bringen. Vielleicht gleich, wenn ich einen Namen dafür gefunden habe….


Dann viel Erfolg bei der Suche. Und Danke, dass Du Dir Zeit für das Interview genommen hast. Am Ende gibt es noch etwas, das die Leserinnen und Leser sehr interessieren und freuen wird.

Ja, ich biete ein Set mit 4 Proben zur Verlosung.

Vielen Dank! Und an die Parfumos: Bitte einfach hier einen (netten) Kommentar hinterlassen und aus allen Eintragungen, die in den nächsten 20 Tagen eingehen, wird gelost.

Das Interview führte Barbara Korp, vielen Dank!

75.000 – Parfumo erreicht den nächsten Meilenstein

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Es ist mal wieder soweit: wir haben den nächsten großen Meilenstein erreicht.
Bei Parfumo sind nun unglaubliche 75.000 Parfums in der Datenbank verzeichnet!

Das Rekordparfum ist diesmal White Peacock Lily, ein neuer Duft von D.S. & Durga, der in diesem Jahr erschienen ist.

In den letzten Monaten wurden wieder tausende Quellen zusammengetragen und ausgewertet, Korrekturen vorgenommen und Bilder recherchiert. Ohne die unermüdliche Recherchearbeit des Research-Teams wäre diese Glanzleistung niemals möglich gewesen und Parfumo wäre nicht das, was es längst geworden ist: die umfassendste Parfümdatenbank der Welt.

Daher erheben wir die Gläser und sagen DANKE für die brillante Arbeit und freuen uns auf weitere spannende Neuerscheinungen und interessante Vintage-Entdeckungen!

Interview mit Didier Gaglewski aus Grasse

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„Es ist schwierig, ein einfaches Parfum zu machen, nicht zu viel sagen zu wollen.“

Wer Grasse schon einmal einen Besuch abgestattet hat, weiß, dass die 50.000-Einwohner-Stadt im Hinterland der Côte d´Azur vom ersten Eindruck her eher kommerziell als pittoresk wirkt. Schon am Ortseingang wird man von den riesigen Werbetafeln der dort ansässigen, großen Parfumhersteller erschlagen … und möchte seine romantisch-verklärte Vorstellung von der Welthauptstadt des Parfums – zweifelsfrei der Süskind-Verfilmung geschuldet – am liebsten sofort wieder begraben.

Begibt man sich jedoch offenen Auges in das historische Herz von Grasse, lässt sich beim Flanieren durch die schmalen Gässchen das ein oder andere Kleinod der Parfumkunst entdecken! „Immer der Nase nach“ zog es uns an jenem Tag in die Rue de l’Oratoire, wo wir auf das kleine Atelier des Parfümeurs Didier Gaglewski stießen. Angetan von Gaglewskis offener und warmherziger Art sowie der Vielfalt seines Sortiments baten wir ihn um ein Treffen für den darauf folgenden Tag.

Das Interview und die Übersetzung aus dem Französischen machten Marie (alias Landlady) und Stefan (alias Landlord).

 

 

Wie sind Sie auf die Idee gekommen, sich mit Geruch zu beschäftigen?

Diese Leidenschaft habe ich bereits seit meiner Kindheit. Ich habe schon als Kind viele Informationen über die Düfte des Gartens gesammelt. Und ich war mein ganzes Leben lang interessiert an Kreativität. Ich fand heraus, dass die Parfümerie ein Bereich ist, in dem es viele Möglichkeiten des Schaffens gibt. Ich denke, wir können mit jedem Parfum etwas Neues erzählen. In der Malerei zum Beispiel ist vieles bereits ausgeschöpft. Aber ich denke, mit Parfum kann man neue Türen öffnen. Es ist Material für die Kreativität. Und das ist es, was mich in dieses Universum hineingezogen hat: Es lässt mich etwas Neues ausdrücken.


Haben Sie denn schon als kleiner Junge entdeckt, dass Gerüche etwas Besonderes für Sie waren?

Ich glaube, in der Kindheit ist das ganz natürlich, da hat man keine besonderen Eindrücke, man liebt viele Gerüche und erfasst sie. Dass Gerüche etwas Besonderes für mich sind, habe ich erst später gemerkt – ausgerechnet durch ein Praktikum in der Weinkunde, das ich bei einem sehr bekannten Önologen in Paris machte. Es war dieser Mann, der mir sagte: „Du hast wirklich Potential, und du solltest dieses Potential zum Ausdruck bringen. Du bist eine Nase.“ – auf französisch sagt man Nase. Das ist wirklich eine Anerkennung. Und er war es, der mich dazu brachte, den Weg in diesem Bereich weiterzugehen.


Wie alt waren Sie damals?

31.


Hatten Sie Vorbilder im Bereich der Parfümerie?

Das ist eine gute Frage, finde ich, weil es ein „Erbe“ in der Geschichte der Parfümerie gibt. Ich habe den Eindruck, in einer Tradition zu stehen. Damals hatte ich kein Idol, aber es gibt Menschen, die mich beschäftigt haben, zum Beispiel Edmond Roudnitska, weil er viel geschrieben hat. Es gibt ein französisches Sprichwort: Wenn Du auf die andere Seite des Flusses willst, hilft Dir derjenige, der schon auf der anderen Seite steht.


Wie eine Art Mentor?

Ja, das ist es. Ich habe viele seiner Bücher studiert. Das ist wirklich interessant. Um in diesem Metier Fuß zu fassen, musst du viel über Parfum wissen, um das „Innere“ zu verstehen. Und du brauchst einen Abstand, weil, wenn du sehr nahe dran bleibst an den Parfums, die schon gemacht worden sind, dann wirst du nichts Neues schaffen. Und das ist das, was ich versuche.


Wir beobachten ja fast jeden Tag das Erscheinen neuer Parfums. Wie schaffen Sie es, Parfums zu kreieren, die sich von denen unterscheiden, die bereits existieren?

Wir haben heutzutage eine sehr interessante Epoche. Bisher haben wir die Parfums in Familien eingeteilt: Es gibt die Parfum-Familie der Chypren, wir haben die Familie der Orientalen, usw. Das war es einfach. Heutzutage haben wir wirklich viel mehr Kreativität und viel mehr unglaubliche Sachen. Die Kreativen öffnen eine Tür, machen neue Sachen, manchmal entsprechen sie nicht dem Zeitgeist und so wird der Duft kein Erfolg. Aber heutzutage gibt es viele Kunden, die neue Sachen suchen. Etwas Neues zu schaffen ist nicht schwer, aber es ist schwer, etwas zu schaffen, das den Bedürfnissen der jeweiligen Person entspricht. Wenn Du etwas zu Revolutionäres schaffst, dann werden die Menschen es nicht verstehen. Das heißt, Menschen, die in Kategorien denken, werden es nicht verstehen. Aber heute gibt es viele Menschen, die mich verstehen. Es gibt viele Leute – wie euch zum Beispiel – die etwas in Bewegung bringen. Von daher ist es eine wirklich gute Zeit für Parfum.


Wir haben auch festgestellt, dass die Namen vieler Parfums sich heutzutage auf ihre Inhaltsstoffe beziehen. Was denken Sie, ist das eine moderne Entwicklung?

Ich glaube, der Name ist wichtiger geworden. Selbst wenn er etwas aussagt, was sehr weit entfernt ist vom Geruch. Zum Beispiel „Das ist das fünfte Parfum“, also Chanel No. 5, das war modern, das war interessant. Lange Zeit drückte man wenig aus mit Parfums, die sehr nah an ihren Ausgangsstoffen waren. Man hat viele Kompositionen gemacht, die sehr gehaltvoll waren, die zu viel sagen. Heute gibt es ein Bedürfnis nach einfacheren Dingen. Es ist schwierig, ein einfaches Parfum zu machen, nicht zu viel sagen zu wollen. Das ist schwer. Heutzutage bezieht man sich im Namen vielleicht eher zurück auf die Ausgangsstoffe, man erweist dem Ursprung – zum Beispiel der Pflanzen – ihren Respekt. Ob das ein guter Grund ist oder nicht: Letztlich entscheiden die Menschen darüber, ob es funktioniert oder nicht.


Wo finden Sie die Inspirationen für Ihre eigenen Parfums?

Diese Frage ist schwierig zu beantworten, weil die Inspirationen sehr variabel sind. Am Besten gebe ich ein Beispiel. Ich habe hier beispielsweise ein Parfum namens „Cambouis“ (Schmieröl). In diesem Fall ist es wirklich der Name, an dem sich die Kreation orientiert. Es ist sozusagen ein Universum des Mechanikers und des Motorrads.

 

 

Sie fahren also mit Ihrem Auto in eine Werkstatt und schnuppern und denken dann, das könnte ein Parfum werden?

Ja. Hier war es so. Ich bin in eine Werkstatt gefahren, habe mich vorgestellt, erzählt, dass ich an einem Duft arbeite. Der Mechaniker hat mich aufgenommen, hat mir ein kleines Fläschchen des Öls abgefüllt, das er benutzt und mit dem konnte ich arbeiten. Dann habe ich mich zurückgezogen und es analysiert. Das war sehr interessant für mich. Das ist ein Beispiel für ein Parfum. Aber es gibt auch Parfums wie z.B. „Journaliste“, die aus einem Spiel mit zwei Grundstoffen entstanden sind, Zedernholz und Gewürzen wie Zimt. Dann arbeite ich wirklich wie ein Kind, das spielt.


Ein Spiel im Laboratorium?

Nein ein mentales Spiel. Es ist wirklich zunächst ein gedankliches Spiel.


Ich selber, ich mache Theater. Manchmal schlafe ich – und mitten in der Nacht wache ich auf und habe eine Idee für eine Szene. Ist das ähnlich bei Ihnen?

(lacht) Ja, ich muss mich nur kurz hinlegen. Es ist das Vertrauen in die Muße. Ein Beispiel: Ich will an einem Damenparfum arbeiten. Ich habe „Cambouis“ für den „starken Mann“ – und für seine Freundin will ich etwas entwerfen, aber es wird nicht so, wie ich es will. Auf dem Weg treffe ich aber auf einen Akkord, der wirklich sehr interessant ist. Dann wechsle ich im Verlauf komplett meine Idee und gehe ganz woanders hin, als ich vorhatte und bin sehr glücklich, diesen durch Zufall getroffen zu haben. So ist es oft, wenn ich etwas will. Bei meinem letzten Duft „De Memoire de Rose“ wollte ich einen Soliflor machen, also einen Duft, der nur einer Blume gewidmet ist, der Rose. Er sollte einfach sein, nahe an der Blume sein, und ich arbeitete mich rundum und mit viel Feingefühl an die Blume heran – und nach viel Arbeit wurde es gut.


Würden Sie als Konsequenz sagen, dass die Zeit, in der Sie ein Parfum komponieren, unterschiedlich lang ist, abhängig von der Inspiration?

Ja. Ich bin auch sehr neugierig. Wenn ich reise, beobachte ich viel. Ich weiß, dass ich mich durch andere Schöpfungen inspirieren kann als nur durch Düfte. Auch die Malerei und die Literatur geben mir Ideen für die Kreation eines Parfums. Deswegen kann die Zeit zur Entwicklung eines Parfums sehr unterschiedlich lang sein.


Ist das der Grund, warum Sie auch viel fotografieren? Um Ihren Blick zu schärfen? Ist die Fotografie für Sie sozusagen eine „Schule des Sehens“, um Inspirationen zu entdecken?

Es geht mir um Ästhetik. Ich glaube, es gibt in ästhetischer Hinsicht Verbindungen zwischen der Komposition eines Fotos, eines Parfums oder eines literarischen Werkes. Die Schönheit ist die Brücke, das Bindeglied. Und das ist wirklich interessant. Ich fotografiere viel, wenn ich reise, nicht digital, sondern schwarz-weiß mit meiner Leica und entwickle die Bilder auf altmodische Weise selbst. Dadurch muss ich gut beobachten und eine gute Auswahl und Entscheidung treffen – und das ist auch nahe an unserem Metier.


Fertigen Sie auch die Bilder für Ihr Parfum-Marketing selbst?

Nein. Gut, ich mache auch Bilder für meine Website, aber Bilder meiner Parfums, das ist eigenartig, aber das kann ich nicht. Und vielleicht habe ich Recht (lacht). Dabei, ja, wäre es nachvollziehbar, beides zu verbinden, Parfum und Fotografie, schöne Schwarz-Weiß-Bilder zu machen für die Website, das könnte wirklich sehr schön sein. Ja. Grundsätzlich fotografiere ich allerdings lieber in den Großstädten, ich mag die Menschen, die Lebhaftigkeit der Städte, es passiert immer etwas. Aber ich bin auch interessiert an ruhigeren Motiven, zum Beispiel an Stillleben.


Ihr Laden ist sehr oft geöffnet. Zu welcher Zeit kreieren Sie Ihre Parfums?

Abends. Zwischen vier und fünf Uhr schließe ich den Laden und dann arbeite ich. Manchmal ist es schwer, hier zu sein. Aber im Moment mag ich es sehr gerne, hier mit Menschen zusammenzutreffen. Ich mag es, den Menschen meine Parfums zu erklären und Menschen zu treffen, die etwas entdecken wollen. Die Menschen, die mein Geschäft besuchen, kommen aus Amerika, Deutschland, Australien, von überall her. Es ist wirklich sehr interessant, etwas Zeit mit ihnen zu verbringen. Ich mag es sehr, meine Faszination für Parfum mit ihnen zu teilen.


Kann das so weit gehen, dass Sie durch die Gespräche mit Kunden zu neuen Kreationen inspiriert werden?

Nein. Ich finde es einfach sehr angenehm, einen „warmen Moment“ mit den Menschen in einer gemeinsamen Leidenschaft zu teilen. Aber dass ich durch diese Gespräche inspiriert werde oder mir Kunden eine Idee schenken, nein, im Allgemeinen nicht.


Ich kam auf die Frage, weil in großen Unternehmen die Parfum- und die Marketingabteilung natürlich getrennt sind und hier bei Ihnen…

(lacht) Ja, ich bin alles zusammen…

 


… und das ist eine besondere Herausforderung?

Ja. Ich bin sehr schlecht in Marketing. Aber die Leute dazu zu bringen, miteinander zu sprechen und es weiterzuerzählen, das ist meine Werbung. Dadurch habe ich einige gute Artikel bekommen, z.B. im Michelin-Reiseführer und im Polyglott. Das ist meine Werbung. Ich verfolge keine Marketing-Strategie. Ich bin in der Lage, zu tun, was ich mag. Und das ist schon sehr viel, finde ich.


Ist es für Sie denn möglich, ein Parfum zu kreieren, das Sie selbst nicht mögen, das Sie aber kreieren, um Erfolg bei den Kunden zu haben?

Nein. Aber das ist mit Recht eine gute Frage. Aber ich bin frei, ich habe keinen Chef, außer meiner Frau (lacht). Ich habe keine Sorgen wegen meiner Unabhängigkeit. Diese Freiheit in meinem Beruf ist für mich sehr interessant. Wenn ich ein Parfum mache, weiß ich nicht, ob es dir gefällt. Es gefällt mir, aber ich weiß nicht, ob es dir gefällt. Und wenn ich das an einem Menschen teste und frage: Magst du es? Und er sagt Ja. Gut. Manchmal mag er es nicht. Gut. Ich mag es. Meine Parfums sind wie Kinder. Und sie sind alle verschieden.


Tragen Sie Ihre eigenen Parfums auch selbst?

Das ist sehr selten, muss ich sagen. Manchmal ja, aber ich kann zum Beispiel nicht essen und ein Parfum tragen, das ist für mich sehr schwer. Deshalb bleibe ich meist „neutral“. Ich liebe Düfte – aber sie zu tragen…, naja, ich weiß, das ist jetzt keine gute Werbung für mich (lacht).

 

 

Aber konsequent. Als wir Sie gestern zum ersten Mal besuchten, haben Sie gesagt, dass Ihre Produktion sehr „natürlich“ ist. Heißt das, dass Sie nur Duftstoffe aus ökologischer und nachhaltiger Produktion nutzen?

Nun, ich versuche das Maximum. Aber es ist sehr schwer, nur biologische Essenzen und Absolues zu benutzen. Für die Komposition brauchen wir noch andere Dinge. Die Geschichte der modernen Parfümerie ist die der Mischung verschiedener Inhaltsstoffe, biologisch nachhaltig erzeugter und chemischer. Ich nutze viele biologische Stoffe, die mir einen großen Duftreichtum bieten, aber ich muss auch andere Dinge nutzen. Die Antwort ist deshalb nicht schwarz oder weiß. Ich nutze zum Beispiel biologischen Alkohol und viele natürliche Grundstoffe, die nachhaltig für die Umwelt sind, aber ich muss sie erweitern mit künstlichen Stoffen. Das ist notwendig für jede Kreation.


Kommen die Pflanzen, die Sie nutzen, aus Ihren eigenen Gärten?

Nein. Hier in der Region haben wir Lavendel, Jasmin, Tuberosen, Mimosen, Orangenblüten, Rosen, aber zum Beispiel kein Zedernholz, kein Sandelholz, kein Ylang-Ylang, das von den Komoren-Inseln kommt. Aber in Grasse finden wir Parfümeure was wir wünschen. Wir importieren viel und wir haben, was wir wünschen. Das ist ein Traum für einen Parfümeur.

In einem anderen Artikel haben wir allerdings gelesen, dass Sie einen eigenen Garten haben, drei Hektar groß…

(lacht) Oh, das wusste ich nicht. Nein, das ist eine Freundin, die einen großen Garten hat. Mit ihr habe ich viele interessante Projekte zusammen gemacht. Zum Beispiel haben wir mit der „Enfleurage à froid“* gearbeitet. Diese Technik existiert kaum noch und ist sehr teuer. Sie erlaubt es, den biologischen Charakter der Blumen zu konservieren. Mit der aktuellen Technik, wenn man Blumen mit Mineralöl mischt, das ist nicht mehr biologisch. So haben wir auch mit der alten Technik gearbeitet, um die natürliche Seite zu erhalten.


Das klingt spannend. Wann können wir mit einem neuen Parfum von Ihnen rechnen?

Schon bald. Im September 2016 erscheint „Bal à l’Ambassade“ (Ball in der Botschaft), ein Soliflor, der der Tuberose gewidmet ist.


Dann wünschen wir Ihnen viel Erfolg mit dem neuen Duft und für Ihre weitere Arbeit. Und herzlichen Dank für das Interview!


* Mehrmonatiges wiederholtes Aufstreuen von Blütenblättern auf mit fett bestrichene Glasplatten. Ähnlich wie Butter im Kühlschrank nimmt das Fett die Geruchsstoffe auf, die dann durch Alkohol ausgewaschen werden. Zurück bleibt das reine Blütenöl, das Absolue d`enfleurage (Anm. der Übersetzer).

Weitere Informationen: www.gaglewski.com

Mit den besten Freunden eine Parfummarke gründen – Interview mit Richard Lüscher Britos

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Einfach einmal mit seinen besten Freunden eine Parfummarke gründen. Was wie ein Traum klingt, ist für Malvin Richard, Lukas Lüscher und Serena Britos Wirklichkeit geworden. Bei einem gemütlichen sowie inspirierenden Gespräch über einem Glas Weißwein wird eines klar: Diese Marke ist es definitiv wert, mit so viel Leidenschaft entdeckt zu werden, wie sie auch von ihren Schöpfern kreiert wurde.

 


Wenn Du von Euren Parfums sprichst, spürt man die Leidenschaft, welche Du für dieses Projekt empfindest. Wie würdest Du denn „Leidenschaft“ definieren?

Leidenschaft ist für mich das Gefühl, das mich antreibt. Ich habe keine Zweifel, stelle keine Fragen. Ich gehe einfach in eine Richtung und spüre, dass sie richtig ist. Und es macht unglaublich Spaß.

Und ihr seid alle drei einfach in eine Richtung gegangen?

Ja, wobei „in eine Richtung gehen“ in diesem Fall mehr „gemeinsam reisen“, „gemeinsam überall die Nase reinzustecken“ und „gemeinsam Menschen und Kulturen kennenzulernen“ heißt. Auf dem Fundament unserer Freundschaft ist ein Team gewachsen, das im Businessalltag funktioniert.

Funktionieren?

Ja, an Serena und Malvin schätze ich auch, dass wir uns gegenseitig direkt Feedback geben und auch gleich mit Lösungen kommen. Ich bin überzeugt, dass das Team von RLB nur dank dieser Eigenschaft funktioniert. Jeder hat unterschiedliche Stärken, wird aber gleichzeitig sehr stark vom Team reflektiert und kritisiert. So kann man sich enorm weiterentwickeln.

Wie hat Eure Tätigkeit begonnen?

Für uns war das größte Fragezeichen, ob im Markt ein reines Naturparfüm ankommt. Um diese Frage zu beantworten, haben wir uns entschlossen, nach der Entwicklung der ersten Parfüms uns direkt den Kunden zu stellen. Aus diesem Grund hatten wir in Zürich für 3 Monate einen Pop Up Store. Eine unglaublich spannende Erfahrung – wir habe in einem nächsten Schritt das Konzept noch einmal vom Markt genommen und die Feedbacks der Kunden verarbeitet. Dann erst gelangten sie wirklich in den Markt und in den Vertrieb.

Das klingt auch alles sehr anstrengend. Wie entspannt man da nebenbei?

Joggen – das ist meine persönliche Meditation über den Mittag. Egal ob im Team oder alleine, es ist immer ein absolutes Highlight in meinem Tag. Und wenn ich einmal etwas Abstand vom Alltag, zieht es mich ins Oberengadin. Die felsige Halbinsel Chasté ragt sehr weit in den Silser See hinein und ist für mich Ruhe pur. Die dortige Kulisse mit den kleinen Buchten, das Wechselspiel zwischen den Bergen und dem Wasser sowie den Wind liebe ich über alles.

Gut, kommen wir jetzt zu Euren Parfums. Bei allen geht es um Terroirs. Was darf ich mir darunter vorstellen?

Dies sind Orte von Individualität und Charakter, dort blüht die Natur, dort begegnet man Menschen mit Passion und Leidenschaft – Emotionen pur. Ein Terroir ist Inspiration, Lebensfreude und Erinnerung. All unsere Terroirs haben einen bleibenden Eindruck hinterlassen und schaffen es immer wieder, mich enorm zu berühren und zu bewegen.

 

 

Eines Eurer Terroirs liegt ja in der Schweiz.

Ja das Terroir d’Annivier – liegt im Kanton Wallis. An der Baumgrenze dort wachsen die Arven/Zirbelkiefer an unglaublich exponierten Stellen – jeder, der einmal durch die Berge und Arvenwälder gewandert ist, kennt dieses Parfüm der Nadeln. Wenn die Sonne fast im Zenit ist, verströmt sich dieser Duft und hüllt die ganze Umgebung ein.

Dann gibt es noch die beiden Terroirs in den Nachbarländern, Italien und Frankreich.

In Italien steht die Bergamotte im Mittelpunkt, eine oft vergessene Frucht. Kennst Du deren wunderbaren Duft, den sie als Rohstoff hat? Das ist wirklich schon fast ein Parfum. Früher galt sie als das Gold der Parfümerie, heute ist sie etwas in den Hintergrund gerückt. Spannend ist, dass die Bergamotte nur in Italien gedeiht – die Legende sagt, nur dort, wo man den Ätna sieht, wachsen die Bäume.

In Frankreich steht der wilde Berglavendel im Fokus. Von 6 Frauen wird dieser jedes Jahr gesammelt und noch mit einer Sichel von Hand geerntet. Wir hatten das Glück, einmal bei der Ernte dabei zu sein. Also Glück ist relativ, am Abend hatten wir Rücken- und Knieschmerzen. Heute habe ich großen Respekt von der Leistung dieser Frauen.

Wenn ich mir die Beschreibung des Terroirs von Frankreich ansehe – es geht auch um Schafe?

Eine lustige Geschichte – Schafe sind sehr präsent im Terroir. Der Grund ist einfach: Die Pflückerinnen sind auf die Hirten angewiesen, da die Schafe die jungen Bäume essen. Wäre das nicht der Falls, so wäre im Terroir nur Wald. Nach unserer Reise hatten wir die Vision des Parfüms und gingen zu Andy Tauer. – ein unglaublich talentierter Parfümeur. Nach einiger Überzeugungsarbeit sagte er zu und wir teilten mit ihm die Vision des Parfüms. Unter anderen sagten wir „Andy, es riecht stark nach Schafen“. Er schaute uns an, als ob wir vom Mond kommen. Doch dann hat er uns verstanden: Heute hat das Parfüm eine leichte animalische Nuance.

Ok, anders exotisch sind Madagaskar und Kolumbien

Ja, bei beiden stehen Blumen im Mittelpunkt, doch beide sollen auch diese beiden Hotspots an Biodiversität in vielen Facetten zeigen. Bei Madagaskar hat Vero Kern die florale Note von Ylang-Ylang genial umgesetzt mit der scharfen Nuance des Rosa Pfeffers. Und Kolumbien zeigt die Schönheit der Gardenie, aber auch die kolumbianische Lebensfreude.

Jetzt kommt bald Euer neues Parfum auf den Markt. Was hat Euch an eben diesem Terroir besonders fasziniert?

In Marrakesh gibt es unglaublich viele Traditionen. Etwa die Gastfreundschaft. Vor allem die Teezeremonie ist sehr wichtig und deshalb führt sie meist das Familienoberhaupt durch. Dabei wird Tee aus frischer Nanaminze mit reichlich Zucker zubereitet. Der verströmt ein unvergleichliches Aroma. Süßlich-aromatisch und doch auch frisch. Dazu gibt es Wassermelonen, deren Duft dann auch noch die Umgebung durchzieht. Während man den Tee trinkt, tauscht man die neuesten Geschichten aus. Jedes Mal gibt es drei Aufgüsse, dann verabschiedet man sich. Auch das ist Teil der Tradition.

Dieses Parfum wurde ja bereits mit Crowd Funding finanziert. Wie sieht es jetzt aus? Neue Pläne und wieder dieses Modell?

Ja, hier müssen wir uns nicht vormachen – als Nischenmarke ist Geld immer ein Thema. Aus diesem Grund haben wir das Crowd Funding für unsere Parfums eingeführt – wir suchen das Terroir und unsere Kunden kaufen nur anhand einer Terroir Impression das Parfüm im Voraus. Dieses Geld verwenden wir für die Entwicklung und die Crowd Funding Paten erhalten das Parfüm exklusiv vor dem Handel. Für uns eine erfolgreiche und spannende Geschichte. Das nächste werden wir auch so finanzieren. Es könnte eine Rose aus dem Iran sein – mal schauen.

Klingt wunderschön.

Ja, das ist es auch. Einerseits das Parfum, aber andererseits auch, dass wir dies machen können.

Schön ist auch, dass ich noch erwähnen darf, dass ihr etwas verlost. Unter allen, die hier einen Kommentar hinterlassen, wird ein Probenset verlost. Also einfach kommentieren und auf das Glück hoffen.

Danke Dir für das Interview!

Alle Parfums bei Parfumo >>

Website von Richard Lüscher Britos >>

Das Interview führte Barbara Korp, vielen Dank!

Nasengold im Parfumo-Interview – Vier Düfte, vier Fragen!

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#S, :P, G. und /L – Nasengold, das Nischenduftlabel mit den kryptischen Namen, meldet sich erneut zu Wort!
An einem Montagabend im Juli treffen der Parfümeur Christian Plesch von Nasengold und ich uns zu einem zweiten Interview für Parfumo in der Tapas-Bar Altamira in Hamburg-Altona. Wir kennen uns seit etwa 15 Jahren, sind befreundet und ich freue mich, Christian mal wieder zu seiner Arbeit befragen zu können. Bei warmem Wetter, erfrischenden Getränken und leckerem Essen geht’s los:

 

Seit unserem ersten Interview hast Du zwei weitere Düfte auf den Markt gebracht. Zuerst erschienen #S und :P. Nach unserem Gespräch hast Du G. und /L entworfen. Magst Du was zu diesen beiden neuesten Kreationen erzählen?

Ja, G. basiert, wie das „G“ schon andeutet, auf Grapefruit. Was anderes ist gaaar nicht beabsichtigt. Das gehört zu Nasengold, dass der Name so ein Augenzwinkern hat, Ironie beinhaltet.
Es ging bei G. darum, einen Duft zu konzipieren, der die Grapefruit schön einkleidet. Normalerweise ist Grapefruit so ein Naturstoff, der sehr schwierig ist. Viele stören sich an seinem schwefeligen Akzent. Es ist nicht so einfach, daraus einen Unisex-Duft zu entwickeln, der auch etwas Weiches ausstrahlt. Ich hab das mit meinen Lieblingsgewürzen wie weißem Pfeffer, Ingwer und Kardamom probiert. Die Grapefruit explodiert damit förmlich als richtiges Frischegewitter. Um die Blitze abzuwehren, habe ich mit weichen Moschusnoten abgepuffert. Ich mag „kopfnotige“ Düfte. Aber nicht „monofrisch“, sondern so, dass sie auch Komplexität besitzen. Die Haltbarkeit ist ebenfalls ein Thema bei Grapefruit. Diese ganzen agrumigen Bestandteile sind normalerweise schnell weg. Aber durch Fondnoten, wie warme Holznoten beziehungsweise moderne ambrierte Akkorde, bekommt der Duft eine ganz andere Haltbarkeit.
Und /L ist ganz frisch rausgekommen. Das ist erst einen Monat (Interview war im Juli) in den Läden. Und „ / “ (SLASH) bedeutet in der Internetsprache „Pfad“. Und „L“ steht für „Luxus, Laster, Lenzen“. Und dieser Luxus als Attribut von /L ist ein anderes als das, was wir aus dem Fernsehen kennen. Es ist der Pfad, den wir einschlagen können: Den Luxus frei zu haben, zu entspannen, rauszugehen und ein Bier mit Freunden zu trinken, vielleicht auch ein bisschen den Lastern zu frönen. Aus diesem Grund ist der Duft zwar frisch, aber auch mit so einer lustvollen rauchigen Note. Dieser Kontrast besteht aus frischen Agrumennoten auf der einen Seite und Veilchennoten und Leder auf der anderen. Das ergibt einen ungewöhnlichen Effekt. Auch Maiglöckchen, krautige Akkorde und Litschi klingen an. Die Gesamtkomposition duftet für mich persönlich „luxuriös“.
Und zum Namen: Die Komposition der beiden Zeichen (/L) finde ich cool und avantgardistisch. Sie stehen optisch ein wenig im Kontrast. Jeder kann sich da hinein interpretieren, was er möchte.


Wie ist es denn bisher so mit Nasengold gelaufen?

Ich hab 2013 angefangen mit #S (ssssss, spritzig, sprudelnd). Und der lief gleich ganz ordentlich, da hab ich nach den ersten zwei Monaten schon nachproduzieren müssen. Und mit dem Erlös auch gleich das Geld verdient, um damit die zweite Variante :P anzuschieben. Wir sind in immer mehr Läden gekommen, was nicht zuletzt an meinem Distributeur Sven Eric Moos von willbeabrand liegt. Der kümmert sich darum, dass die Düfte hinkommen, wo sie gut aufgehoben sind, nämlich in Concept Stores und in kleine, feine Parfümerien. Da wo meine Düfte auch hingehören. Mittlerweile sind wir auch in anderen europäischen Ländern vertreten, so zum Beispiel in Dänemark, wo ich mit meinem Debut von #S einen Preis gewonnen habe („Best Niche Perfume in 2015“). Das war überraschend und geil.
Nasengold hat seit dem Start etwas Bekanntheit erlangt. Es ist schön zu erkennen, dass die Düfte an den Menschen unterschiedlich rüberkommen. Durch einen anderen Typus bekommen sie plötzlich eine ganz neue Aussage.
Ich arbeite auch weiterhin als angestellter Parfümeur und werde auch dabei bleiben, ganz einfach, weil es mir Spaß macht. Und ich genieße auch diesen Kontrast zwischen kommerzieller Arbeit und der Arbeit, die ich für mich selbst mache, die im Massenmarkt einfach nicht funktionieren würde.
Ich muss für mein eigenes Label nicht kommerziell sein. Von mir aus darf eine Sache auch mal floppen. Ich mach einen Duft in die Flasche rein, weil ich denke, der soll da rein.


Wie geht es weiter?

Nasengold sollte als Linie nicht zu weit aufgebläht werden. Sie soll belassen bleiben bei circa sechs Düften. Und das ich auch gut. Es soll eine kleine, feine Linie sein, die auch organisch gewachsen ist. Das ist mir wichtig. Dafür war es zu Beginn entscheidend, jemanden zu finden, der den Mut hat, eine Marke zu vertreiben, die mit nur einem Duft auf dem Markt startet. Risikobereit sind ja leider wenige heutzutage.
Und dann wird es so weiter gehen, dass ich nächstes Jahr mit einer neuen Marke starten werde. Die wird einen ähnlichen Duktus haben, zumindest von der Frechheit des Namens, wie Nasengold. Die beiden Düfte, mit denen ich reüssiere, sind fertig, da mache ich jetzt nur noch den Feinschliff. Und ich hoffe, dass die auf jeden Fall auch Fans finden werden, weil das auch so richtige kleine Drecksäue sind (lacht). Sie sind allerdings etwas erwachsener als die Nasengold Düfte. Sie sind immer noch sehr eigen und „sophisticated“, aber sie sind nicht mehr so „durchgeknallt“ wie die Nasengold-Sachen.


Was reizt Dich künstlerisch in den nächsten fünf bis zehn Jahren?

Es reizt mich, vielleicht mal ein paar Projekte mit Kollegen wie Mark Buxton oder Geza Schön anzustossen. Eine interessante, coole und moderne Koproduktion. Denn Nischenparfümerie betrachte ich auch ein bisschen als Avantgarde. Und mit den beiden Parfümeuren, die ich ja noch aus der Industrie kenne, verstehe ich mich nach wie vor gut. Nur dass wir uns an unterschiedlichen Standorten befinden…ich habe so viele Ideen, dass mir nicht langweilig wird.

Nasengold im Internet: http://www.nasengold.com/de

Nasengold bei Facebook: http://www.facebook.com/nasengold

Das Interview führte Milosava


Interview mit Victor Wong – dem kreativen Kopf hinter Zoologist

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Vor Kurzem hatte ich die Gelegenheit, ein paar Fragen an Victor Wong, den kreativen Kopf hinter ZOOLOGIST Perfumes, zu richten und er hatte einiges dazu zu sagen. Ich habe ihn als Katzenliebhaber (besonders seine süße kleine Ragdoll Dor-Dor) und humorvollen Menschen kennengelernt, der vom Nischenduftfan zum Nischenduftmacher gewachsen ist. Geboren in Kowloon, wohnhaft in Toronto, kam er eigentlich aus einer ganz anderen Ecke der Ideenschmieden…

Zuerst einmal, wie kamen Sie dazu, eine eigene Parfummarke zu lancieren?
Damals, im Jahr 2013, war ich mit meiner Laufbahn sehr unzufrieden und fühlte mich unsicher und frustriert. Ich glaube, ich hatte das, was man eine Midlife-Crisis nennt. Viele Leute machten Politik und trafen Entscheidungen, die nirgendwo hinführten. Ich wollte ein Projekt, das ich selbst steuern konnte. Ich wollte ein Produkt auf den Markt bringen, auf das ich stolz sein konnte. Zufällig hatte ich gerade die Welt der Nischendüfte entdeckt (ich war ziemlich besessen davon, wie man sich wahrscheinlich vorstellen kann) und fragte mich, ob ich eine eigene Marke ins Leben rufen könnte. Ich hatte keine Geschäftsverbindungen, keine Erfahrung, keine Strategie und keine Kenntnis des Marktes, also war alles reines Bauchgefühl. Ich rief in basenotes dazu auf, ob mir jemand von den Parfümeuren dabei helfen könne, einige Düfte zu entwickeln, und zwei Indie-Parfumeure meldeten sich.

Haben Sie jemals überlegt, selbst als Parfümeur tätig zu sein und wenn nicht, warum nicht?
Ich habe kurz darüber nachgedacht, kam aber zu dem Entschluss, es zu lassen. Ich hätte erst lange lernen müssen, um gut genug zu werden und Zeit ist ein Luxus, den ich nicht habe. (Ich habe ja dann auch noch einen „richtigen“ Job. Wenn ich nach Hause komme, habe ich jetzt noch gerade genug Zeit, Bestellungen zu erledigen, den nächsten Duft zu entwickeln und für entsprechendes Artwork).

Wie würden Sie den Weg beschreiben, wie Sie den „richtigen“ Parfümeur zum jeweiligen Duftkonzept gefunden haben – oder war es eher umgekehrt? Haben etwa die Nasen ihre „Tiere“ ausgesucht, die Sie umsetzen wollten?
Bevor ein Projekt beginnt, ist es für mich am wichtigsten zu wissen, wie der Stil und das Temperament des Parfümeurs sid (durch Online-Chat). Nachdem ich seine / ihre Art kennengelernt habe, kann ich feststellen, welche Art von Tier passt. Einige Parfümeure machen beispielsweise sehr unkonventionelle und einzigartige Düfte, also werde ich ein Tier zuordnen, das unerwartet oder weniger allgemein beliebt ist. Einige Parfümeure entwickeln eher klassische Parfums, und ich werde diesen eher Tiere zutrauen, die generell als schön oder elegant angesehen werden. Natürlich gab es einige Parfümeure, die mich direkt angesprochen haben, ein bestimmtes Tier wiederzugeben. (Zum Beispiel Ellen Covey – Bat) Da habe ich natürlich nicht Nein gesagt (lacht).

Gibt es eine Verbindung zwischen der Arbeit als Spieleentwickler und einem Duftaficionado?
Vielleicht nicht, aber die Arbeit im Studio hat mich einiges gelehrt: was laufen wird, was nicht, sollte man mit unkonventionellen Dingen Risiken eingehen usw. Außerdem habe ich gelernt wie man ein Produkt entwickelt und bekannt macht…Social Media, Verpackung, Marketing. Kollegen, die jeweils auf eine dieser Dinge spezialisiert sind, haben mich mit Rat und Tat unterstützt (z. B. bei den Illustrationen der Etiketten).

Wird Zoologist bald einem größeren Publikum in Deutschland zugänglich gemacht?
Viele hier halten viel von dem Projekt und der Qualität der Düfte, doch sie sind nicht leicht zu bekommen, zumal die Bestellung im Ausland manche abschreckt. Im Moment sehe ich daher keine Möglichkeit, einen großen Markt zu bedienen. Ich mache quasi alles alleine, auch die Abfüllung, das Verpacken und Verschicken. 30 Flacons ist schon eine Tagesaufgabe. Wenn ich jetzt noch einen Zwischenhändler einschalte, kann ich die Preise nicht halten, also ist die zweitbeste Möglichkeit, direkt an kleine Händler zu verkaufen. Die beste Lösung ist derzeit Direktbestellung auf meiner Website, aber auch dann zahle ich beim Versand dazu, da der Versand aus Kanada leider sehr teuer ist.

Wie entstand die Idee einer tierbezogenen Serie und wird es in absehbarer Zeit noch eine in eine andere Richtung geben?
Im Moment bestehen nur folgende Vorgehensweisen:

1. Ein bestimmter Stoff, z. B. Castoreum, steht im Vordergrund des Konzeptes, in dem Fall Beaver.
2. Ein Duft wird vom Lebensraum des Tieres (Bat – versucht den Geruch einer Höhle umzusetzen) inspiriert.

Macaque hebt sich ein wenig von diesen Denkweisen ab, da bei diesem Duft die meditative Stimmung erlangt werden soll, die dieses Tier angeblich bei vielen Menschen auslöst.

Vielen Dank, Victor Wong!

Das Interview führte Chanelle – vielen Dank!

Die „Global Art of Perfumery 2017“ – neue Düfte, neue Location, neue Auflage, neue Chancen

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Die Verehrer einzigartiger Duftkreationen kommen natürlich auch 2017 wieder zur „Global Art of Perfumery“ zusammen, um den unvergleichlichsten Aromen zu huldigen. Dabei werden gerade 2017 die Duftkarten neu gemischt.

Schon die Liste der Aussteller, die sich bis Mitte 2016 bereits für die Messe angemeldet haben, liest sich wie ein Streifzug durch die Welt der Parfüms, Lotions und Cremes. Dazu kommen zahlreiche Schöpfungen in den Bereichen Accessoires, Dekoration und Kosmetik. Abgerundet wird die Messe von Vorträgen, in deren Verlauf die Fachbesucher und Teilnehmer aktuelle News und Hintergrundinfos aus der Branche erhalten.

Das wichtigste Novum der „Global Art of Perfumery 2017“ ist der Veranstaltungsort, denn 2017 treffen sich die Duftliebhaber im NRW-Forum in Düsseldorf. Das gesamte Areal ist ein denkmalgeschützter Kulturkomplex, der sich bereits mit anderen Events in den Bereichen Kunst, Design, Architektur und Fotografie als ideal für Messen und Ausstellungen hervorgetan hat. Dadurch hat sich das Düsseldorfer NRW-Forum zu einem Zentrum der Popkultur entwickelt.

Termine für die „Global Art of Perfumery 2017“ sind Samstag, der 6. Mai und Sonntag, der 7. Mai 2017 jeweils von 10.00 Uhr bis 18.00 Uhr. Der Eintrittspreis beträgt voraussichtlich 10,00 Euro (nach der Onlineregistrierung) bzw. 20,00 Euro an der Tageskasse. Anmeldungen für die „Global Art of Perfumery 2017“ sind ab sofort möglich.

Weitere Informationen und Anmeldung:

http://global-art-of-perfumery.com

80.000 Parfums – Der nächste Meilenstein ist erreicht

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Mit „Parfum Royale No. 3“ nahm Parfumo-Research die 80.000ste Duftkreation in seine Datenbank auf. Damit baut Parfumo seinen Vorsprung als Online-Informationsprovider zu Düften aus.

Erst im März hatte das Parfumo-Research-Team den 70.000sten Duft kategorisiert. Mit dem anstehenden 80.000sten Parfum erreicht die vermutlich größte Duft-Wissensbasis der Erde ihren nächsten Meilenstein. Unser Duft Nummer 80.000 trägt den klangvollen Namen „Parfum Royale No. 3“ und stammt von „Roja Parfums“.

Als ambitioniertes Projekt steckt Parfumo-Research seit 2013 im Kern der wachsenden Duft-Datenbank. Frei nach dem Wikipedia-Prinzip recherchieren Parfumo-Nutzer laufend Informationen zu neu sowie zuvor eingetragenen Düften. Als ehrgeiziges Ziel sieht die Community die komplette Erfassung der enormen Parfumhistorie: Alle entsprechenden Daten gehören aufbewahrt für die Zukunft.

Praktisch kein Provider dürfte mehr Wissen zur vielfältigen Welt der Parfums anbieten. Letztlich lässt sich Parfumo bereits als globale Referenzbasis zu Düften betrachten – dank zahlreicher Nutzer und der ausdauernden Suche des Research-Teams nach Parfüms aus der ganzen Welt.

Bei Bedarf ziehen unsere Informationen auf jeweils leistungsfähigere Serverlandschaften um. So wachsen das Projekt „Parfumo“ und die Parfumo-Research-Gemeinde sowie „Cosmetio„, die noch recht kompakte Community zur Kosmetik.

Wir bedanken uns besonders beim Research-Team und sämtlichen Beteiligten für ihre spürbare Leistung. Gemeinsam mit unserer gedeihenden Community freuen wir uns bereits auf Parfum Nummer 90.000!

Weihnachtsgewinnspiel 2016 von Ludwig Beck & Parfumo

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Die Suche geht weiter! Auch in diesem Jahr gibt es vom 1. – 24. Dezember täglich dufte Preise zu gewinnen.

So nimmst du teil

Trage zunächst deine Postanschrift in den Einstellungen ein, da du sonst nicht mit im Lostopf landest!

Ab dem 01.12.2016 wird täglich ab Mitternacht das Logo von Ludwig Beck auf der Detailseite eines bestimmten Parfums bei Parfumo zu sehen sein. Finde das Parfum, bei dem das Logo groß oben auf der Seite zu sehen ist und klicke auf den Link unter dem Logo!

Ein kleiner Tipp: Der Name des Parfums hat immer etwas mit Weihnachten oder Winter zu tun. ;-)

Hast du am jeweiligen Tag bis spätestens 23:59:59 Uhr den Teilnahme-Link angeklickt, nimmst du an der Verlosung teil.

Unter allen erfolgreichen Teilnehmern des Tages verlosen wir eine dufte Überraschung.

Wichtig: Du benötigst ein Parfumo-Konto mit eingetragener Postanschrift und musst eingeloggt sein, um das Logo zu sehen und teilzunehmen.
Das Gewinner-Parfum des Vortages wird täglich im Forum bekanntgegeben.
Das Parfumo-Team und Ludwig Beck wünschen viel Spaß und Glück beim Suchen!

Nicht vergessen: Auch bei Cosmetio wird gesucht! Hier geht es zum Cosmetio-Gewinnspiel

Kuschelige Wohlfühldüfte – Interview mit Sylvaine Delacourte

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Sehr verehrte Madame Delacourte, lange Jahre waren Sie Teil der Guerlain-Familie, genauso wie Thierry Wasser. Nun gibt es eine zusätzliche Leidenschaft in Ihrem Leben: Die Veröffentlichung einer eigenen Duftlinie hat einen ebenso hohen Stellenwert gewonnen! Wie kam es zu diesem Schritt?

Ich stamme aus einer Unternehmerfamilie, die mich immer unterstützt und angeregt hat. Schon seit langem trug ich mich mit dem Gedanken, eine eigene Marke zu gründen und ein anderer junger Unternehmer verschaffte mir die Flügel, eigene Wege zu gehen und mit viel mehr Freiheit eine eigene Linie ins Leben zu rufen! Unser Ziel ist es, Menschen, die mehr und mehr nach exklusiven Parfums suchen, Authentizität und Wissen über die Düfte, die sie kaufen, zu gewährleisten. Daher auch die Entdeckungsreise, die wir auf unserer Website anbieten.

Als Sie das Thema der Duftlinie wählten, entschieden Sie sich für die Richtung “Muscs” (Moschus) – ein Synonym für weiche, kuschelige Wohlfühldüfte. Wie kamen Sie auf diese Richtung?

Ich wollte mich von anderen abheben und wählte eine Grundidee und einen bestimmten Rohstoff, um daraus 5 verschiedene Düfte zu erschaffen. Viele erwarteten eine Anleihe an die “Guerlinade” oder neue Gourmands, aber ich wollte eine neue Aufgabe, einen Anreiz, darum wandte ich mich dem weißen Moschus zu.

1. In der Nischenparfümerie findet man wenige Düfte zu diesem Thema, und wenn, dann ähneln sie sich sehr im Aufbau.

2. ​Ist es kompliziert, mit weißem Moschus zu arbeiten, er ist nicht sehr ausdauernd und es ist ein Ansporn, ihn in jedem Duft neu zu erfinden.

Nun findet man in meiner Kollektion 5 verschiedene Interpretationen zu diesem Thema, zum Beispiel: Smeraldo hat eine grüne Facette, während Helicriss eine würzige aufweist. Mein Ziel war es, ihnen eine große Projektion zu geben, sie erinnerungswürdig zu gestalten, aber natürlich auch kuschelig, denn ich nenne sie auch die “Pashminas der Duftwelt”.

Ihre Kollektion umfasst derzeit 5 Parfums in der Eau de Parfum Konzentration: Smeraldo, Dovana, Helicriss, Lilylang und Florentina. Während alle wunderschön, märchenhaft und sehr angenehm zu tragen sind, fragen wir uns, ob Sie auch in andere Richtungen gehen möchten? Zum Beispiel mit der Verwendung von Oud oder in die Kategorien Chypre oder Floriental?

Derzeit denke ich schon an die nächste Kollektion und arbeite auch schon daran, die Richtung zu finden, evtl. Holz, Vanille oder Zitrus.

Derzeit kann man Ihre Düfte nur auf Ihrer website ​www.sylvaine-delacourte.com bestellen und Sie versenden in alle Welt. Ist geplant, auch in Geschäfte zu gehen?

Wir bieten die “Entdeckungsreise” auf unserer Website an, d.h. für 4 Euro inkl. Versand erhält man Proben aller 5 Düfte nach Hause geliefert und kann sie so kennenlernen. Man kann online Videos schauen, wie die Düfte gemacht werden und ich freue mich über Feedback. Man kann dann auch die Originalgröße des Duftes online bestellen. Im Moment führen wir Gespräche mit Partnern, die die Düfte genauso repräsentieren würden, wie ich es täte und erwarten, dass einige von ihnen diese in 2017 in wenige ausgewählte Geschäfte bringen werden.

Es ist ja auch riskant, einen Duft zu kaufen, von dem man nichts weiß. Daher ist es gut, dass man sie mit Hilfe des Sets testen kann. Ist auch geplant, die Produktpalette zu erweitern, mit Körperpflege o.ä.?

Wir sind ein junges Unternehmen und bauen die Marke Stück um Stück aus, aber der Hauptaugenmerk wird bleiben, Menschen auf eine Duftreise in das Herz des jeweiligen Parfums zu begleiten!

Während die von Ihnen geschaffenen Guerlain-Düfte Ihre ganz eigene Handschrift tragen, gourmand, verspielt und traumhaft sind, werden Sie in Zukunft auch weiter für das Haus Düfte kreieren oder gar noch für andere?

Ich werde keine weiteren Düfte für Guerlain mehr schaffen, aber noch auf dem Sektor “Düfte nach Maß” (Bespoke perfumes, Kreationen nach Kundenwunsch) tätig bleiben und Trainingsprogramme leiten. Auch werde ich weltweit der Botschafter der Marke Guerlain bleiben!
Das Interview führte Chanelle – vielen Dank!

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